Pille danach bald ohne Rezept?

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Sie misst gerade mal fünf Millimeter, bewirkt aber Großes: Die Pille danach hat, das sollte vielleicht einfach mal in aller Deutlichkeit gesagt werden, so einigen Frauen viel Stress und Unglück erspart. Sie hat in den vergangenen Jahren aber auch eine Menge Papier produziert. Vor allem in Deutschland. Egal, was Experten weltweit empfahlen, die Pille danach blieb hierzulande rezeptpflichtig. 

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Hat das Pillen-Pingpong bald ein Ende?

Trotz WHO-Empfehlung 2010. Trotz Expertengremium des Bundesinstituts für Arzneimittel, das 2003 erstmals und 2014 erneut „keine Bedenken“ gegen eine rezeptfreie Abgabe der Pille hatte. Keine Bedenken hatte auch Pro Familia, die seit Jahren für einen rezeptfreien Zugang kämpft. Und auch der Bundesrat stimmte im November 2013 für eine rezeptfreie Abgabe der Pille, die den Eisprung verhindert oder verzögert. Sie müsste also eigentlich die „Pille davor“ heißen, ist also das ideale Verhütungsmittel, nachdem es passiert ist. Dennoch verstand es die Kirchen/Christdemokraten-Connection vortrefflich, die rezeptfreie Abgabe dieser weltweit gebräuchlichen Pille in Deutschland zu verhindern.

Nun sieht es ganz so aus, als habe dieses Pillen-Pingpong auf Kosten der Frauen ein Ende. Denn die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat sich nach ausführlicher Prüfung für eine rezeptfreie Abgabe der Ulipristal-haltigen Notfallverhütung „Ellaone“ ausgesprochen. Wenn die EU-Kommission dieser Empfehlung nachkommt und die Rezeptpflicht europaweit aufhebt, gilt das auch für Deutschland. Neben Polen und Italien übrigens eines der letzten Länder, in dem Frauen überhaupt ein Rezept für diese Pille brauchen. 

Peinlich für Gesundheitsminister Hermann Gröhe: Er hatte trotz Bundesratsbeschluss im November 2013 die rezeptfreie Abgabe der Pille danach mit viel Tamtam abgeschmettert. Unter anderem mit dem Argument, eine ärztliche Beratung sei von Nöten, zum Beispiel über die „schweren Nebenwirkungen“ und natürlich auch über die zukünftige Vermeidung solcher „Verhütungspannen“.

Entsprechend zerknirscht also klingen die Töne, die nun aus Berlin kommen. Man werde die Empfehlung des EU-Ausschusses genau prüfen, heißt es da kleinlaut. Und zwar nicht nur für das Präparat „Ellaone“, das erst seit 2009 auf dem Markt ist (und bis zu 120 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden kann), sondern auch für dessen Pillen-Vorgängerin mit dem Wirkstoff Levonorgestrel (die innerhalb von 72 Stunden geschluckt werden muss).

Deutsche Frauen scheinen be- sonders dämlich sein

Gröhe will aber wenigstens ein bisschen Recht behalten. Er ließ verlauten: „Wenn die Beratung aufgrund einer Brüsseler Entscheidung zukünftig nicht mehr zwingend durch einen Arzt vorgenommen werden muss, ist eine intensive Beratung auch in den Apotheken der richtige Weg“. Hierfür sollen - gemeinsam mit Frauenärzten, Apotheken und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – „Kriterien für eine qualitativ hochwertige Beratung“ entwickelt werden. Am liebsten mit Beratungsbogen. Die deutschen Frauen scheinen besonders dämlich zu sein. 

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