EM: Oh, wie ist das schön!

Torjubel nach dem Traumtor: Alexandra Popp. Foto: Imago/Michaela Merk
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Alexandra Popp will's wissen. "Ich will diese EM, ich will den Titel", sagte die bei den vorigen EMs verletzungsgeplagte Wolfsburgerin schon festentschlossen vor Turnierbeginn. Ihr Traum könnte wahr werden. Der Titel ist zum Greifen nah. Über zwölf Millionen ZuschauerInnen in Deutschland sahen am Mittwoch das Halbfinale zwischen Deutschland und Frankreich im Fernsehen, beim jungen Publikum lag der Marktanteil bei über 50 Prozent. Aufgrund der Zuschauerrekorde überlegt der TV-Sender SKY sogar, sich die Rechte für die Frauen-Bundesliga zu sichern und jedes Spiel zu übertragen. Das wäre eine Sensation und dürfte dem Frauenfußball einen neuen Schub geben. Die Nation ist euphorisiert, das Team von Martina Voss-Tecklenburg gehört wieder zu den Top-Favoritinnen. Und die melden sich auch mit Kritik zu Wort. 

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Fünf Siege in Folge haben die deutschen Fußballfrauen in dieser EM hingelegt und dabei nur ein Gegentor kassiert. Es scheint, als ob die schwierige Phase, in die der deutsche Frauenfußball in den letzten Jahren gerutscht war, beendet sei. Bei den letzten beiden großen Turnieren, der EM 2017 und der WM 2019, war das deutsche Team jeweils schon im Viertelfinale ausgeschieden. Und es war ein wenig still geworden um die vormals so erfolgreichen achtfachen EM-Siegerinnen, zweifachen Weltmeisterinnen und Olympiasiegerinnen.

Nationalspielerin Lina Magull fordert Mindestlohn für die Bundesliga

Jetzt sind sie wieder da. Und das nicht nur mit offenbar neuer Spielfreude und -kunst, sondern auch mit selbstbewussten Wortmeldungen zur Lage des Frauenfußballs. Einen „Mindestlohn“ für alle Spielerinnen der ersten und zweiten Bundesliga fordert Torschützin Lina Magull. „Wir Fußballerinnen sollten ab der zweiten Liga so gut verdienen, dass niemand mehr nebenbei arbeiten gehen muss. So kannst du die Entwicklung im Frauenfußball nachhaltig voranbringen." Die „teilweise sehr unprofessionellen Spielorte“ der Bundesliga-Vereine kritisiert Torfrau Almuth Schult.

Schult macht sich außerdem stark für die Kampagne #NotWomensFootball. In der Tat: Warum eigentlich spielen Männer „Fußball“ und Frauen „Frauenfußball“? „Das ist eine Abwertung, die man nicht braucht!“ sagt die National-Torhüterin und fragt: „Warum heißt es nicht bei beiden einfach Bundesliga? Oder Männer-Bundesliga und Frauen-Bundesliga?“ Auch die Weltverbände sollten ihre Wettbewerbe umbenennen: „Fifa World Cup“ und „Fifa Women’s World Cup“? Geht gar nicht! Findet auch Spitzen-Stürmerin Alexandra Popp: „Der Hashtag wird viele Diskussionen auslösen!“ Lanciert hat die Kampagne Volkswagen, Hauptsponsor der in der Bundesliga so erfolgreichen Wolfsburgerinnen, der den Spruch „Women Play Football. Not Womens Football“ auch auf den Banderolen der englischen EM-Stadien platziert hat.

Warum spielen Männer eigentlich "Fußball" und Frauen "Frauenfußball?"

Nach dem Viertelfinale gegen Österreich sendete die ARD eine Dokumentation über "Sexismus im Frauenfußball". Außerdem in der ARD-Mediathek zu sehen: Die sehenswerte dreiteilige Doku "Born For This", für die die deutschen Fußballfrauen in den Monaten vor der EM begleitet wurde.   

Der Moment für Kampagnen und Forderungen ist günstig. Gerade haben die US-Fußballerinnen mit Kapitänin Megan Rapinoe das Prinzip „Equal Pay“ durchgefochten (siehe EMMA 4/22). Nie war das Interesse am Frauenfußball so groß: Bei der EM in England platzen die ausverkauften Stadien aus allen Nähten, das Eröffnunggspiel zwischen England und Österreich sahen fast 70.000 ZuschauerInnen. Auch die Spiele der deutschen Frauen finden stets im ausverkauften Milton Keynes-Stadion statt, vor den Fernsehern schauen jedesmal Millionen zu. Das ist ein Sieg für den gesamten Frauenfußball und ein deutliches Zeichen an den DFB, den Frauenfußball endlich mit voller Kraft zu unterstützen. Andere Länder haben das längst verstanden. Um die Zeit bis Sonntag zu überbrücken, lohnt sich auf jeden Fall noch einmal der Blick in die ARD-Mediathek, dort läuft die dreiteilige Fußball-Doku "Born for this" der deutschen Fußballfrauen, die packend zeigt, wie hart die Frauen für diese EM gefighted haben. Und nicht nur für die.

Sonntag also Wembley.

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Equal-Pay und volle Stadien

Gewonnen! Gleiches Geld für Megan Rapinoe (mit WM-Pokal) und die US-Fußballerinnen. Foto: foto2press/IMAGO
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Nicht einmal eine Stunde hat es gedauert. Dann waren alle frei verfügbaren Tickets für das Finale der Europameisterschaft in England weg. 90.000 Menschen passen auf die Tribünen des Wembley Stadions in London. 100 Tage vor dem Turnierstart am 6. Juli war der Vorverkauf um 8 Uhr gestartet, wer es nach 8.43 Uhr versuchte, kam fürs Endspiel der Frauen-EM zu spät.

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Kurz darauf gab es keine Karten mehr für die Vorrundenpartie gegen Nordirland in Southampton. Schließlich war auch der Eintritt für das Eröffnungsmatch zwischen England und Österreich in Manchester Uniteds Old Trafford vergriffen. Und so ging es weiter.

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Diese Begeisterung passt in ein Jahr, in dem der Frauenfußball eine neue Dimension erreicht hat. Als der FC Barcelona im April das Halbfinal-Hinspiel in der Champions League gegen den VfL Wolfsburg gewann, sahen sich das 91.648 ZuschauerInnen im Camp Nou an: Weltrekord. Der Kampf um Anerkennung des Publikums ist ein Teil des Puzzles, ein anderes ist das Geld. Bei dem Thema sind die US-Spielerinnen Pionierinnen.

Ende Februar 2022 hatten die Amerikanerinnen nach jahrelangem Streit einen Vergleich mit ihrem Verband erkämpft. Seit Mitte Mai steht außerdem fest: Die Nationalspielerinnen werden die gleiche Bezahlung einschließlich Prämien erhalten wie die Männer. Darauf einigten sich der Fußballverband der USA sowie die Gewerkschaften der beiden Teams in bis 2028 laufenden Tarifverträgen.

In Norwegen, Australien, Finnland, Fidschi, Brasilien, England und ab 2023 auch in den Niederlanden gilt Equal Pay bereits. Und bei den Deutschen, den achtmaligen Europa- und zweimaligen Weltmeisterinnen?

Den ganzen Text in der Juli/August-EMMA lesen.

Eröffnungsspiel: England gegen Österreich, 6. Juli, 21 Uhr, ARD. - Die deutschen Gruppenspiele: Deutschland gegen Dänemark, 8. Juli, 21 Uhr, ZDF. Deutschland gegen Spanien, 12. Juli, 21 Uhr, ARD. Deutschland gegen Finnland: 16. Juli. 21 Uhr, ZDF. Alle Termine hier
 

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