Die lieben KollegInnen

Die lieben KollegInnen 5/2008

Artikel teilen

Wie heißt so was? Trend-Kampagne? Hetz-Kampagne? Auf jeden Fall jedoch handelt es sich um faktenfreien Journalismus.

Anzeige

Das auflagendürre, aber mythisch verklärte Sprachrohr des Feminismus droht unter seiner starrsinnigen Chefin den Anschluss an die modernen Frauen zu verlieren. Und damit macht sich auch die lange unantastbare Vorkämpferin angreifbar. (…) Inzwischen verliert sie auch den Rückhalt unter etablierten Frauenrechtlerinnen. (…) Solange Schwarzer das Zepter in der Hand halte, werde sich die EMMA nie ändern, sagt Ingrid Kolb, Journalistin. Ihr Rat: "Am besten wäre es, sie würde wie der Held im Western am Horizont verschwinden, bei langsam schwächer werdender Beleuchtung."
Der Spiegel/Markus Brauck, Rafaela von Bredow, Isabell Hülsen, Michaela Schiessl, 2.6.2008

Alice Schwarzer macht ihren Job nun schon seit über dreißig Jahren. (…) Derzeit üben die jüngeren Frauen an ihr, der selbst ernannten Übermutter der zweiten
deutschen Frauenbewegung, den Muttermord.
taz/Ines Kappert, 5.6.2008

Gegen das System "Alice Schwarzer" wirkt selbst die katholische Kirche wie ein Haufen umstürzlerischer Jungtürken. "Die vehementeste Bekämpferin aller wie auch immer gearteten Versuche, einen jüngeren Feminismus zu machen, ist Alice Schwarzer", sagt die 37-jährige Publizistin Thea Dorn. (…) "Ich habe den Eindruck, dass Alice Schwarzer einen geradezu grotesk überdehnten Begriff davon hat, was sexuelle Gewalt ist." (…) Aber da verhält es sich bei Alice Schwarzer wie bei Erich
Honecker kurz vor dem Mauerfall: Mit Argumenten, Zahlen oder Fakten ist sie schon lange nicht mehr zu beeindrucken.
FAS/Alexander Maguier, 8.6.2008

Neulich bin ich bei der Familie einer Freundin zu Besuch. Nach dem Abendessen läuft der Fernseher. "Guckt mal", ruft die Mutter meiner Freundin, "da ist Alice Schwarzer!" Das wäre mir ohne den Hinweis kaum aufgefallen. Ich dachte immer, das Gesicht von Alice Schwarzer würde gewissermaßen ab Werk auf alle Fernsehbildschirme gemalt. (…) Vom Monster zur Marke. Treffender als die Mutter meiner Freundin könnte man die Transformation des deutschen Feminismus wohl kaum zusammenfassen. (…) "Lest ihr eigentlich EMMA?" Meine Freundin und ich sehen uns an. Wir lesen EMMA nicht, und wir kennen auch niemanden, der EMMA liest. Warum sollten wir auch?
Süddeutsche Zeitung/Juli Zeh, 9.6.2008

Die meisten Überschriften, die Artikel der vergangenen Jahre über sie zieren, sind nicht sonderlich nett. "Jaja, sie hat ihre Verdienste – aber welche?" (Berliner Zeitung), oder "Verona the brain – Feldbusch trifft Schwarzer" (Tagesspiegel), "Es kann nur eine geben" (Frankfurter Rundschau). Und eine der neueren, aus der taz: "Fidel Castra der Frauenbewegung". Hübsch. Übrigens stammen alle Titel von Autorinnen. (…) In einem Eintrag auf der Website der Alphamädchen, die sich "Mädchenmannschaft" nennt, liest sich das, wiederum hübsch aber böse, so: "Die Fidel Castra versenkt sich selber in der Bedeutungslosigkeit. Ich seh sie schon in ihrem Turm mit dem Aufzug (der Aufzugin?!) ganz nach unten fahren. Und ihr schwarzes Gewand wird eins mit der dunklen Tiefe des Rheins. Drama, Baby!"
Süddeutsche Zeitung/Cathrin Kahlweit, 10.6.2008

2008 ist das Jahr, in dem der altfeministische, altlinke Medien star Alice Schwarzer, der so groß ist, dass seine EMMA längst nur noch wie ein hobbyhaftes Anhängsel erscheint, alles falsch macht. (…) Das Projekt EMMA, das schon allein durch seine Gestaltung schreit: "Kampf ist Krampf! Wie sehen wir möglichst unattraktiv und freudlos aus?!", ist passé. Alice Schwarzer, wenn sie nicht zur Vernunft kommt, auch.
Tagesanzeiger Schweiz/Simone Meier, 14.6.2008

Als gern gesehener Gast in den Talkshows erfüllt die Oberfeministin Alice Schwarzer leider immer auch die Funktion eines Schreckensgespenstes, das sich nicht scheut, das Klischee der hässlichen und sexfeindlichen Feministin zu bedienen. Ihre Geltungssucht sitzt offenbar so tief, dass sie es nie ertragen hat, ihre Mitstreiterinnen aus der EMMA-Redaktion einfach mal mit in die Talk shows zu nehmen.
Die Zeit/Kerstin Grether, 17.7.2008

Die Süddeutsche Zeitung spricht von einer rätselhaften Selbstdemontage der 65-jährigen Frauenrechtlerin und sieht "keine Brücke in die Neuzeit" für Schwarzer. Der Spiegel meint, Schwarzer dulde niemanden neben sich. Nach Ansicht der taz ist der Versuch gescheitert, aus EMMA ein "diskutierendes statt diktierendes Organ des deutschen Feminismus zu machen". (…) Der Feminismus sei über die "merkwürdig gestrige Schwarzer hinweggegangen", urteilt eine Leserbrief-Schreiberin über die bekannteste deutsche Frauenrechtlerin. Auch das Bild einer "selbstverliebten Barrikadenfrau" wird gezeichnet. (…) Viele Bestseller stammen aus ihrer Feder und zahlreiche Auszeich- nungen zeugen von der ihr entgegengebrachten Anerkennung. Dennoch bröckelt ihr Image als Galionsfigur der deutschen Frauenbewegung. Mit Titeln wie "Wir Alphamädchen" oder "Neue deutsche Mädchen" erklären junge Autorinnen den Feminismus à la Schwarzer für überholt, er liefere heute keine Lösungen mehr. Bascha Mika meint, Schwarzer habe die Frauenbefreiung immer ohne Männer und Kinder gesehen.
dpa/Yuriko Wahl, 30.7.2008

Artikel teilen
 
Zur Startseite