Neues aus der Steinzeit

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Ignorieren zwecklos: So flach und abgedroschen Allan und Barbara Peases Thesen über Frauen und Männer auch sind, sie werden von Millionen LeserInnen verschlungen. Ihr erstes Buch harrte noch auf den Bestsellerlisten, als das Paar sein zweites auswarf; im modischen Popart-Einband der frühen 60er, was stimmig ist. Denn um diese Zeit wird es wohl gewesen sein, dass Allan und Barbara Pease das Denken einstellten.
Ihr Weltbild setzt erklärtermaßen direkt in der Steinzeit an. Männer jagten, Frauen hüteten die Höhle. Sie sind also grundverschieden. Das klappte wunderbar, bis böse Emanzen durchsetzten, dass Jungen und Mädchen einer rücksichtslosen Gleichmacherei unterworfen wurden. Folge: Chaos, Verwirrung und Unzufriedenheit. Während WissenschaftlerInnen noch rätseln, ob Fleisch oder Pflanzen die Hauptnahrung unserer Urahnen war und wer sie beschaffte, erzählen die Peases von früher, als seien sie dabei gewesen: Nach der Mahlzeit hockten die Männer um das Feuer herum, starrten in die Flammen, spielten, erzählten sich Geschichten, blödelten herum (&) Die Frauen kümmerten sich um ihre Kinder und vergewisserten sich, dass die Männer genügend Nahrung aufgenommen hatten und sich nun ordentlich ausruhten. Der Schluss, den die Peases ziehen, lautet: Der Fernseher sei der moderne Lagerfeuer-Ersatz. Männer können also gar nicht anders, als nach der Jagd (=Arbeit) bewegungs- und wortlos hineinzustarren! Einziger Unterschied zu heute: Die Weiber nörgelten nicht herum.
Mit derselben Lockerheit, mit der das Pärchen aus Australien Anekdoten aus der Steinzeit vom Stapel lässt, bezeichnet es die brisantesten Fragen zum Beispiel aus der Gen-, Verhaltens- und Gehirnforschung als gelöst allesamt auf dem Niveau Feuer=Fernseher. Zum Beispiel die Frage, was den Menschen prägt, Anlagen oder Erziehung. Die Peases: Seit 1990 gibt es überzeugende Beweise dafür, dass wir in der Tat mit vorprogrammierter Gehirn-Software zur Welt kommen. Alles, was in dieses Bild nicht passt, wird ausgelassen zum Beispiel, dass Gehirne sich ein Leben lang verändern können oder auch einfach die Tatsache, dass das menschliche Gehirn bei weitem noch nicht als erforscht gelten kann.
Dass schon weibliche Babies anders behandelt werden als männliche, haben Pease & Pease zwar auch schon mal gehört. Ist aber egal: Denn damit würden vorhandene Anlagen ja nur gefördert. In dieser Logik überrascht es dann nicht weiter, dass die beiden Homosexualität mit hormonellen Fehlentwicklungen beim Embryo erklären.
Zur besseren Verkäuflichkeit werden dann noch ein paar altbackene Beziehungstipps in die trübe Brühe gemischt von Sich-für-IHN-hübsch-Machen über IHR-Blumen-Mitbringen bis hin zu IHN-den-Einkaufswagen-schieben-Lassen und Nicht-im-Bett-Furzen bleibt einem nichts erspart.
Dass ihre Thesen politisch unkorrekt genannt wurden, finden die AutorInnen klasse, denn das fördert den Verkauf. Tun wir ihnen also den Gefallen: Ja, diese Bücher sind auch frauenfeindlich, mehr noch, sie sind menschenfeindlich. Aber sie sind vor allem eines: bodenlos dumm.
Wibke Bantelmann, EMMA März/April 2003 
Allan und Barbara Pease: Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken und Warum Männer lügen und Frauen immer Schuhe kaufen. Übersetzt von Anja Giese (Ullstein , 18 Euro/16.95 Euro).

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