Recht in Israel: Ex-Präsident wg.

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Als der Richter das Urteil verkündete, stieß Moshe Katsav einen Schrei aus. Es scheint den heute 65-Jährigen überrascht zu haben, dass er wegen sexueller Belästigung und Vergewaltigung von Abhängigen zu sieben Jahren Gefängnis sowie zwei weitere auf Bewährung verurteilt wurde. „Mir ist Unrecht geschehen. Die Lüge hat gesiegt“, rief Katsav in den Saal. Der ermittelnde Generalstaatsanwalt sah das anders. Für ihn ist Katsav ein regelrechter „Serientäter“. Der orthodox gläubige Familienvater war von 2000 bis 2007 der erste Mann im Staate Israel, davor war er Tourismusminister. Etliche Rabbiner kritisierten das Urteil – israelische Feministinnen begrüßten es.

Katsav hatte als Präsident die Ermittlungen selbst in Gang gesetzt. 2006 beschwerte er sich beim Generalstaatsanwalt über eine Mitarbeiterin. Die Frau beschuldige ihn der Vergewaltigung und wolle ihn damit erpressen. Diese Anzeige löste eine Untersuchung aus – an deren Ende der Präsident als Angeklagter stand.
Und es blieb nicht bei dem einen Fall. Immer mehr Frauen meldeten sich, nachdem der Skandal einmal öffentlich war, und erklärten, auch sie seien sexuell belästigt oder gar vergewaltigt worden. 2007 musste Katsav zurücktreten.

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Zwei seiner Söhne verfolgten den Prozess im Gerichtssaal. Sein Sohn Ariel erklärte: "Mein Vater ist unschuldig!" Katzavs Ehefrau Gila blieb dem Prozess fern. Sein Nachfolger, Ministerpräsident Netanjahu, erklärte gestern nach dem Urteil: Dies sei zwar „ein trauriger Tag für Israel“, aber „niemand steht über dem Gesetz. Jede Frau hat das Recht auf ihren Körper, das Recht auf Würde, das Recht auf Freiheit, und niemand hat das Recht, ihr diese zu nehmen“.
Isralische Frauengruppen begrüßten das Urteil: "Dieses Zeichen ist sehr wichtig für alle Opfer einer solchen Gewalttat. Es gibt ein Rechtssystem, das sie verteidigen und das sie beschützen kann. Es gibt jemanden, der sich für sie einsetzt“, sagt Miriam Schler, Direktorin des Tel Aviv Rape Crisis Centers, das seit 1978 Vergewaltigungsopfer berät.
Moshe Katsav muss die Gefängnisstrafe im Mai antreten, seine Anwälte streben ein Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Jerusalem an.
EMMAonline, 23.3.2011

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