Studentin mit versteckter Kamera

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Sofie Peeters ist eine hübsche Frau im Sommerkleid und Stiefeletten, die Haare locker aufgesteckt, nichts an ihr ist provokant, eine Frau, wie sie täglich in europäischen Städten unterwegs ist. Und sie kann keine fünf Meter gehen, ohne dass Männer sie angaffen, ihr hinterher pfeifen, sie ansprechen, sie bedrängen.

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„Geiler Arsch“, sagt einer. „Geile Titten“ der nächste. Noch einer will sie gleich mit ins Hotelzimmer nehmen für eine schnelle Nummer, ein anderer zischt ihr „Hure!“ hinterher. „Nein, ich will nicht“, sagt Peeters immer wieder. Diese ablehnende Haltung scheint die Männer nur noch mehr anzustacheln.

Bevor Sofie zur Kamera griff, um diese Szenen aufzunehmen, plagten sie die Fragen, die jede kennt: Liegt es an mir? Liegt es an meinen Klamotten? In der Dokumentation kommen weitere Frauen zu Wort, eine gesteht Peeters, wie sie selbst mit der Sache umgeht: Sie trägt keine Röcke mehr, meidet öffentliche Verkehrsmittel, sieht Männern nicht mehr in die Augen und läuft Umwege nach Hause. Als Peeters das nächste Mal das Haus verlässt, trägt sie Jeans und eine Strickjacke. Die Sprüche bleiben die gleichen.

Ihr Film sorgt nicht nur in Belgien für Gesprächsstoff. Nachdem ein Franzose die Erfahrungen der jungen Frau als „Ausnahmephänomen“ bezeichnete, brach auf Twitter unter dem Hashtag #harcelementderue (sexuelle Belästigung auf der Straße) eine Offensive los. Die französische Aktionsgruppe Osez le Feminisme nahm dies zum Anlass, die Debatte mit einem eigenen Video anzutreiben: "

vie de Meuf" (Frauenleben).

Für Diskussion sorgt auch die Tatsache, dass die meisten Männer in dem Film ausländischer Herkunft sind. Als Peeters einige von ihnen auf ihr Verhalten anspricht, erklären sie ihr, sie solle lieber heiraten oder mit einem Mann an ihrer Seite aus dem Haus gehen, das bringe ihr den ersehnten Respekt ein. Der Zeitung La Capitale erklärte die Filmemacherin, dass sie zwar vor allem von Männern aus dem Maghreb belästigt worden sei, dass es in ihrem Film aber nicht um Fragen der Herkunft ginge.

Dass sexuelle Belästigung ein universelles Problem ist, mit dem Frauen auf der ganzen Welt zu kämpfen haben, zeigte jüngst auch die Hollaback-Bewegung, die sich aus New York in die ganze Welt ausgebreitet hat. Auf den dazugehörigen Internetseiten können Frauen Orte markieren, an denen sie Belästigung erfahren haben und ihre Geschichten aufschreiben.

Die belgischen Behörden jedenfalls haben die Debatte aufgegriffen: Ab September können sexistische Äußerungen mit einem Bußgeld bis zu 250 Euro belegt werden. Und in Deutschland?

EMMAonline, 6.8.2012

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