Sponsert Pornhub Filmfest?
Der „Tatort“ läuft bekanntlich um 20.15 Uhr. Auch, wer Deutschlands Lieblingskrimi in der ARD-Mediathek sehen möchte, kann das erst nach 20 Uhr. Vorher ist der „Tatort“ blockiert. Warum? Weil Kinder unter 13 Jahren „vor negativen Einflüssen geschützt“ werden sollen, erklärt die „Kommission für Jugendmedienschutz“, sprich: vor der Darstellung brutaler Gewalt, die ein Kind verstören kann. Oder die es glauben lassen könnte, dass Gewalt normal ist.
Derselbe Zwölfjährige, der den „Tatort“ deshalb nicht schauen darf, kann aber problemlos zum Smartphone greifen und dort pornhub.com eingeben. Die weltgrößte Porno-Plattform hat nach eigenen Angaben 42 Milliarden Aufrufe im Jahr. Das macht 115 Millionen Klicks am Tag auf sechs Millionen Clips, die die User selbst hochgeladen haben.
Jeder Zwölfjährige kann problemlos von Kikaninchen auf Pornhub wechseln
Dort kann der Zwölfjährige sehr viel verstörende Gewalt gegen Frauen sehen, zum Beispiel in den Kategorien „Teens“, „Gangbang“ oder „Gefangenschaft“. Theoretisch ist das in Deutschland verboten. Praktisch ignoriert Pornhub, die weltgrößte Porno-Plattform mit Sitz im kanadischen Montreal, schlicht das deutsche Gesetz. Eigentlich müsste das Portal Kindern und Jugendlichen den Zugang zu seinen „Angeboten“ unmöglich machen. Zum Beispiel, indem Nutzer sich per Post-Ident-Verfahren oder Kreditkarte als volljährig identifizieren. Porno-Anbieter mit Sitz in Deutschland haben diese Schleuse in der Regel vorgeschaltet. Aber Pornhub mit Sitz und Server im Ausland fühlt sich offenbar nicht ans Gesetz gebunden – und tut nichts dergleichen.
Das will Tobias Schmid nicht länger hinnehmen. „Bei Fernsehsendern kontrollieren wir jede Ausspielung darauf, ob die Musik nicht zu gruselig ist, gleichzeitig kann aber jeder Zwölfjährige von Kikaninchen auf Pornhub wechseln“, klagt der Leiter der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen.
Die Vergewaltigung der entführten
15-Jährigen lief in 58 Clips auf Pornhub
Er droht Pornhub und drei weiteren großen Porno-Portalen jetzt mit einer Sperre. Zwar steht der Server der vier Porno-Anbieter in Zypern, aber NRW hat die zypriotischen Behörden mit ins Boot geholt und den skrupellosen Geschäftemachern eine Unterlassungsverfügung zugestellt. Wenn Pornhub & Co. nicht reagieren (was sie bei Redaktionsschluss noch nicht getan hatten), dann droht der nächste Schritt: Die Telekom oder der jeweilige Internet-Anbieter würden Pornhub in Deutschland sperren. Das wäre eine Sensation!
Dass sich eine deutsche Behörde ernsthaft mit den Porno-Giganten anlegt, ist in Deutschland ein bisher einmaliger Schritt – wenn auch ein längst überfälliger. Einen Schritt weiter geht Laila Mickelwait. Die kalifornische Anti-Porno- und Anti-Prostitutions-Aktivistin fordert: „Schließt Pornhub!“ Denn das Unternehmen hat nicht nur keine Sperre für Jugendliche – es nimmt für seine Millionengewinne auch in Kauf, dass Opfer von Menschenhandel für die Clips vergewaltigt werden.
800.000 Menschen haben die Petition von Laila Mickelwait unterschrieben
Wie das 15-jährige Mädchen aus Florida. Ein Jahr lang blieb das Mädchen verschwunden, dann wurde sie entdeckt: auf Pornhub. In 58 Videos wurde ihre Vergewaltigung gezeigt. Die Polizei hat den Täter, der das Mädchen entführt hatte, inzwischen verhaftet. Auch der amerikanische Pornoproduzent Michael Pratt, der die Vergewaltigung mehrerer Kinder filmte und auf Pornhub hochlud, wird gerade per Haftbefehl gesucht.
„Es gibt allerdings zwei weitere Personen, die nicht auf der Strafverfolgungs-Liste stehen“, schreibt Laila Mickelwait. Die Firmenchefs Feras Antoon und David Tassilo. „Pornhub trägt die Mitschuld an dem Menschenhandel mit diesen Frauen und Minderjährigen und wahrscheinlich an noch tausenden ähnlichen Fällen.“ Mickelwaits Petition auf change.org haben schon über 900.000 Menschen unterschrieben, in den USA und Großbritannien berichteten Medien vom Guardian bis zur New York Post über den Skandal. In Deutschland herrscht Schweigen. Umso beachtlicher, dass NRW auch ohne öffentlichen Druck voran geht.