8. März: Pussymütze nicht vergessen!

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Es hat sich irgendwie durchgesetzt, dass an dem Tag die Frauen weltweit auf die Straße gehen: um zu feiern, zu protestieren oder/und zu kämpfen. In Irland und Polen tun sie das schon am Vortag. Und sie haben auch reichlich Grund dazu. In beiden Ländern gelten extrem restriktive Abtreibungsverbote (nur bei Lebensgefahr der Mutter). Die Irinnen verlangen ein Referendum. Verständlich, schließlich haben sie mit der Methode 2015 die Homo-Ehe durchgedrückt. Und die Polinnen hätten am liebsten eine ganz andere Regierung. Auch im Trump-Amerika gehen die Frauen erneut auf die Straße.

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Und in Europa ist in allen Ländern was los. Wobei in Deutschland Westen oder Osten noch eine Rolle spielen. In Jena und Erfurt zum Beispiel lautet das Motto: „We don’t fight for flowers!“ (Ja, auf Englisch). Das liegt daran, dass die älteren DDR-sozialisierten Frauen sich noch gar zu gut an den „roten 8. März“ erinnern: Morgens brachte Vati der Mutti das Frühstück ans Bett, mittags gab’s rote Nelken vom Betriebsleiter und anschließend Kaffee und Kuchen mit Kindergedichten.

Denn der 8. März ist eine sozialistische Erfindung, lanciert von Clara Zetkin. Feministinnen hatten in den 80er Jahren versucht, einen internationalen Frauentag durchzusetzen, der an den Tag erinnert, an dem 1912 in Massachusetts in den USA Fabrikarbeiterinnen gestreikt haben, mit der schönen Parole: „Wir wollen nicht nur Brot, wir wollen auch Rosen!“ Aber die Linke ist eben effektiver organisiert als die Feministinnen.

Also: der 8. März. Feiern & fighten ist schließlich immer recht. Massig Infos über Veranstaltungen findet ihr im Internet unter dem Stichwort „Frauentag“. Und so mancher Bürgermeister bzw. so manche Bürgermeisterin hierzulande serviert ihren Bürgerinnen ein Gläschen Sekt zum Frauentag (zum Beispiel die Kölner Oberbürgermeisterin Reker am 7. März um 18 Uhr im Historischen Rathaus).

Danach kann es dann zum Streetfight gehen. Viel Spaß! Und vor allem Erfolg!

Wünschen die EMMAs,
die jeden Tag 8. März haben.

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Alice Schwarzer schreibt

Schafft den 8. März ab!

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Wir haben uns also längst daran gewöhnt, dass der 8. März der „Frauentag“ ist. Nur: Woher kommt der eigentlich?

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Von der Frauenbewegung auf jeden Fall nicht. In den 1970er Jahren kannten wir keinen 8. März. Es muss so Anfang der 80er Jahre gewesen sein, als der auftauchte. Im Westen. Im Osten war er wohlbekannt. Denn in der DDR war der 8. März seit Staatsgründung so etwas wie ein „sozialistischer Muttertag“ (mehr). Muttern bekam das Frühstück gemacht, bevor sie in die Brigade eilte; Vatern überreichte der Seinen rote Nelken, im Betrieb gab’s Kaffe und Kuchen. Und der Staatsratsvorsitzende empfing die allerverdientesten Genossinnen zum Sektempfang.

Und in manchen sozialistischen Ländern amüsierten sich übermütige Genossen an diesem Tag damit, die dreifach belasteten Frauen (Betrieb, Einkaufsschlange, Kinder) mit Parfüm zu bespritzen, mit billigem Parfüm. Eine Handlung, die vom symbolischen Gehalt des karnevalesken Krawattenabschneidens der Frauen an Weiberfastnacht in nichts nachsteht…

Kurzum: Der 8. März ist eine sozialistische Erfindung, die auf einen Streik von tapferen Textilarbeiterinnen zurück geht und 1910 auf der 2. Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen in aller Form beschlossen wurde. „Genossinnen! Arbeitende Frauen und Mädchen!“ schrieb Clara Zetkin 1911 in der Gleichheit, „der 19. März (der später zum 8. März wurde, Anm.d.Red.) ist euer Tag. Er gilt eurem Recht!“

Doch gerade die Frauenbewegung entstand bekanntermaßen Anfang der 1970er Jahre im Westen nicht zuletzt aus Protest gegen die Linke. Eine Linke, die zwar noch die letzten bolivianischen Bauern befreien wollte, die eigenen Frauen und Freundinnen aber weiter Kaffee kochen, Flugblätter tippen und Kinder versorgen ließ. Und die realsozialistischen Länder waren in den obersten Etagen bekanntermaßen auch frauenfrei. Unter diesen Vorzeichen ist die Übernahme des sozialistischen Muttertags als „unser Frauentag“ für Feministinnen, gelinde gesagt, der reinste Hohn.

Schaffen wir ihn also endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer.

 

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