Oh, dieses Nichtlächeln!

Kein Dauergegrinse. Warum auch? Macht Hansi auch nicht. Foto: imago images
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Das war was: Wie die männlichen Kommentatoren in den Medien sich einen abbrachen, nur ja kein abfälliges Wort fallen zu lassen. Wie „Spielermänner“ keine Rolle spielten. Wie die Fußballfrauen einander die Bälle zukickten, gerne auch mal als Fehlpass, ungenau, daneben – wie im echten Leben eben. Wie sie rannten, sich ärgerten, nicht aufgaben, sich freuten, abcheckten, umarmten. Wie sie schamfrei triumphierten.

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Als Chloe Kelly, die siegreiche Engländerin, dann ihr Trikot auszog, um es, oben-fast-ohne, minutenlang vor aller Welt zu schwenken, hatte sie keine Häme zu befürchten, sondern nur eine gelbe Karte. Doch eines war noch schöner als der Siegestaumel: Das Nichtlächeln aller Beteiligten.

Das Nichtlächeln wirkte befreiender als jeder Gleichstellungsbeschluss

Wie die Trainerinnen da saßen und verbissen guckten, nervös, angespannt – ohne darauf zu achten, wie sie dabei RÜBERKAMEN. Für einen Moment konnte man vergessen, dass abseits des Fußballfeldes darauf die Höchststrafe der Missachtung folgt: „unweiblich“, „arrogant“, „unattraktiv“. Normalerweise wird von Frauen erwartet, dass sie unablässig lächeln - nicht als Gefühlsausdruck, sondern als weiblicher Tribut für Teilhabe und Aufstieg. Alle Frauen machen diese Konzession, täglich, stündlich, minütlich: Sie setzen sich die lächelnde Maske auf, um weiträumig zu beschwichtigen: Nehmt mich bloß nicht so ernst! Ich bin nur ein Mädchen! Ihr müsst keine Angst vor meinen Fähigkeiten haben!

Das Nichtlächeln der Fußballfrauen auf dem Spielfeld wirkte befreiender als jeder Gleichstellungsbeschluss: Millionen von Mädchen konnten ihren nichtlächelnden Geschlechtsgenossinnen zuschauen und wissen: So geht es auch. Ich muss nicht lächelnd, sanft und fügsam sexy sein. Ich kann mein Ding und muss dabei nicht gute Miene zum schwierigen Spiel machen, sondern kämpfen. Für mich selbst, für mein Team, dafür, dass mir kein Spielermann der Welt zu sagen hat, was ich zu denken, zu fühlen, zu tun und auszustrahlen habe, um eine Frau zu sein.

Ich muss nicht lächeln, sanft und fügsam sexy sein

Überhaupt war so viel an Schönheit, Kraft und selbstverständliches Selbstbewusstsein zu bestaunen. Breitbeinig gingen sie, breitbeinig standen sie, brüllten, die Hände in den Hüften, mit verrutschten Shorts und tränenverschmierter Wimperntusche oder lachend aufgerissenen Mündern.

Ja, das war wirklich schön. Ein Traum. Und dann war er vorbei. Der Trailer für den DFB-Pokal der Männer riss unsanft „männlich“ zurück in die Wirklichkeit. Mit dem altbekannten „Helden-Gesülze“. Wie langweilig.

 

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