Carolin Kebekus: Zusammenhalten!

Foto: Thomas Rabsch/laif
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Hallo Carolin. Duzen oder siezen?
Na, duzen. Unter Mädels. Und wir sind doch auch in Köln.

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Okay, dann kann es ja losgehen. Du hast sechsmal hintereinander den Deutschen Comedypreis gewonnen und einen stolzen Satz gesagt: Der Preis, der geschlechterübergreifend verliehen wird, zeige, dass du „nicht nur für eine Frau lustig bist, sondern auch lustiger als die Typen“. 2013 warst du offenbar zu lustig. Der WDR hatte ein Video von dir über die katholische Kirche abgesetzt. Was war da los? 
Etwa 150 Leute hatten Strafanzeige gegen mich bei der Kölner Staatsanwaltschaft gestellt. Das habe ich aber zunächst gar nicht mitbekommen. Die Staatsanwaltschaft hatte das der Presse mitgeteilt. Ich hatte zum ersten Mal richtig krasse Bedrohungen bis hin zur Morddrohung. Und ich habe mich von meinem Sender sehr alleingelassen gefühlt, denn die Redaktion wusste, was wir machen wollten.

Für die, die das Video „Dunk den Herrn“ nicht gesehen haben: Du hattest zum Beispiel vor Jesus deinen Rock gelupft und an Jesus am Kreuz geleckt. Ihr Katholikinnen müsst in der Kirche sündigen, oder? Madonna macht das ja auch immer.
(Lacht) Stimmt. Wir müssen unsere Grenzen austesten. Aber es war auch das Jahr 2013. Der Missbrauchs-Skandal war drei Jahre vorher aufgeflogen und man merkte: Es passiert – nichts! Ich bin in einem sehr katholischen Haushalt aufgewachsen. Meine schlesische Großmutter und deren Mutter, also meine Uroma, haben sehr an ihrem Glauben gehangen. Als sie gestorben ist, haben wir einen ganzen Schrank voller Kreuze, Kelche und Heiligen-Biografien entdeckt. Das hat mich natürlich geprägt. Bei meiner katholischen Erziehung stand der strafende Gott im Mittelpunkt. Die Oma hat immer gesagt: „Jesus sieht alles!“ Deshalb hatte ich meine ganze Kindheit lang Angst, dass Jesus kommt und mich bestraft. Väterlicherseits habe ich aber eher so eine Art Hippie-Kirche kennengelernt. In dieser Kirche gab es kein Gold-Chichi, es hing auch keine Leiche am Kreuz und mein Vater hat da in der Kirchen-Band gespielt. Trotzdem bin ich vor ein paar Jahren aus der Kirche ausgetreten.

Generell sind ja diese fundamentalis­tischen Gläubigen nicht so einfach zu händeln. Harald Schmidt hat mal gesagt, dass er über alles Witze macht, nur nicht über islamischen Fundamentalismus. Davor hätte er Angst. Wie ist das bei dir? Traust du dich da ran?
Wenn ich etwas zur katholischen Kirche mache, wird mir oft vorgeworfen, dass ich auch was zum Islam machen müsste. Natürlich wird in jeder patriarchalen Religion dem Frauenhass gefrönt, aber von der katholischen ­Kirche verstehe ich eben am meisten. Ich betrachte mich auch nach wie vor als Katholikin und unterstütze diese wundervollen Frauen von Maria 2.0, die den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern und die umfassende Aufklärung von Missbrauchs­fällen fordern.

Wo sind für dich denn die Grenzen des Humors? Gibt’s die?
Wenn ich einen Zugang zu einem Thema habe und eine Meinung dazu, die es wert ist, dass man die hört, dann würde ich jedes Thema machen. Ich würde aber sagen: Je heikler das Thema ist, desto besser muss der Witz sein.

Böhmermann hat ja mal über Erdoğan gesagt: „Erdoğan ist voll und ganz ein Präsident mit einem kleinen Schwanz. Am liebsten Ziegen ficken und Minderheiten unterdrücken“. Ist das Rassismus oder Satire?
Puh, das finde ich superschwierig. Heute guckt man vielleicht anders ­darauf. Es ist ja seither total viel passiert in der Debatte: Was kann man sagen, was kann man nicht sagen? Aber wenn ich mich jetzt entscheiden muss: Er hat das im Rahmen einer Satire­sendung gemacht – deshalb ist es für mich Satire.

Darf man mit dem Gegner alles machen?
Nein, da gibt es natürlich Grenzen. Es geht ja nicht darum, jemanden zu zerstören – was ja im Übrigen heute mit Hilfe des Internets sehr einfach geht. Das interessiert mich aber nicht. Früher hab ich vielleicht provokanter draufgehauen. Heute geht es mir aber eher darum, dass die Menschen was verstehen.

Kommen wir mal zu einem zentralen Thema von dir: Frauenkörper und Diätterror. Da hast du ja eine richtige Wut, oder?
Ja!

Woher kommt die?
Wenn ich darüber nachdenke, wie viel Zeit ich in meinem Leben damit verbracht habe, mir über mein Aussehen oder meinen Körper Gedanken zu machen! Über meine Cellulite oder meinen schlabberigen Oberarm (schiebt den Ärmel hoch und tippt die Unterseite ihres Oberarms an). Ich kann das auch anspannen, aber das hilft nicht so viel. Ich habe jetzt vierzig Jahre gebraucht, um zu verstehen, dass mein Körper so drauf ist. Der sagt sich: „Das hier an den Beinen und das hier an den Armen will ich behalten! Das ist für mich, wenn wir Krieg oder sowas haben, damit ich davon zehren kann!“ Ich hatte mir ja schon mal das hier wegtrainiert (kneift sich in den Oberarm). Da war dann aber auch das hier wegtrainiert (legt die Hände auf ihre Brüste) und das hier wegtrainiert (legt die Hände auf ihre Hüften). Das hab ich hingekriegt, aber ich sah nicht mehr wie ich aus.

Dabei siehst du ja nicht nur ganz normal aus, sondern ziemlich gut.
Man kann seinen Körper ja auch scheiße finden, wenn man für andere eigentlich gut aussieht. Dann kann man seinen Körper trotzdem hassen, weil man ja ständig Bilder vorgezeigt bekommt, an denen man sich misst. Die meisten nackten Körper, die man sieht, sind ja die perfekten Körper. Und der Körper, den ich sehe, wenn ich bei normaler Beleuchtung vorm Spiegel stehe, der wird mir in den Medien als krankhaft verkauft. Es gibt ja Magazine, da werden jeden Sommer irgendwelche prominenten Frauen am Strand fotografiert, die Cellulite haben. Und dann wird diese angebliche Verfehlung aufgedeckt mit Schlagzeilen wie „Die Dellen-Divas“ oder „Die Schande des Strandes“. Und dir wird suggeriert: Du musst was tun! Dein Körper ist modellierbar und du musst einfach dranbleiben. Und wenn du diese Selbstoptimierung nicht schaffst, dann stimmt was nicht mit dir. Da wird die Schuld dann noch den Frauen zugeschoben.

Seit wann siehst du das so?
Ich hatte schon als Kind das Gefühl: Ich werde anders bewertet. Auch wenn es mir Spaß gemacht hat, an Weihnachten mit meiner Oma nach dem Essen alles zu spülen, fand ich es doch irgendwie blöd, dass die Männer das nicht mussten.

Und dein netter Bruder David, der musste nicht helfen?
Naja, er hat nicht nichts gemacht. Aber es gab schon ganz klare Einstufungen. Meine Oma hat alle aus der Familie aufgenommen, die keine Kohle hatten, die haben bei ihr gewohnt. Und dann hat sie für alle gekocht und alles aufgeräumt. Anschließend hat sie sich von den alten Onkeln deren frauenfeindliche Witze angehört und schallend mit denen darüber gelacht. Meine Tante hat sich später immer darüber beklagt, wie unterschiedlich sie und ihr Bruder behandelt wurden – und wie unfair sie das fand. Zum Beispiel hätte ihr Bruder Uli immer viel schönere Geschenke bekommen. Da haben alle gesagt: Du spinnst! Aber irgendwann haben wir mal einen Diaabend gemacht, und da sah man: An Weihnachten sitzt mein Onkel im Vordergrund auf einem nagelneuen Rennrad, und meine Tante dahinter heulend mit einer Tafel Schokolade in der Hand. Und meine Oma sagte nur (mit schlesischem Akzent): „Ja, das warr einfach so.“

Dir wird ja manchmal Obszönität vorgeworfen.
Jaaa!!! Ist ja auch so.

Wir finden eher, du hast einen derben, kerligen Humor. Zum Beispiel in der Nummer über den Diätwahn, in der du dir in den Oberschenkel kneifst und fragst: „Wer hat denn hier seinen Schwanz vergessen?“ Da hält man natürlich den Atem an und fragt sich: Was macht sie da? Aber der Punkt ist doch: Das ist für Männer nicht konsumierbar, also nicht pornografisch.
Ja, stimmt. Da sagt kein Mann: geiler Oberschenkel! Das mit der Derbheit hat ja auch einen Grund: Als ich angefangen habe, wurde ich etwa so anmoderiert: „Mein nächster Gast ist eine Gästin, jetzt kommt eine Frau!“ Und dann haben sich die Leute erstmal ein Bier geholt, sind aufs Klo gegangen oder haben gequatscht. Und ich hatte das Gefühl, ich müsste da erstmal in die Mitte des Publikums scheißen, um Aufmerksamkeit zu kriegen. Also war ich erstmal laut und hab rumgeschrien.

Es ist trotzdem eine Gratwanderung.  
Ja. Diese Nummer mit dem Oberschenkel zum Beispiel ist spontan entstanden. Ich hab mich in dem Moment ­selber auf der Leinwand gesehen und fand das so bescheuert, dass ich da weiter drauf rumgeritten bin. Das geht auch manchmal schief, in dem Fall hat es aber funktioniert. Ich hab im Publikum Leute gesehen, die sich totgelacht haben. Aber auch Männer, die zuerst gedacht haben: „Geil, die packt unter ihren Rock!“ Und die im zweiten Moment gemerkt haben: „Okay, das hatte ich mir jetzt anders vorgestellt … “ (lacht). Ach, das war schön! Das war das alte Programm!

Kann es sein, dass du mit deiner neuen Show ein bisschen braver geworden bist? Müssen wir uns Sorgen machen?
Nein, müsst ihr nicht. Ich würde das in der neuen Sendung genauso machen. Als brav würde ich die neue Sendung aber auch gar nicht bezeichnen. Vielleicht ist der Eindruck dadurch entstanden, dass die neue Show ja im ersten Corona-Lockdown gestartet ist und wir daher kein Publikum hatten. Da fehlten mir die Reaktionen. Deshalb ist es so ein bisschen Frontalunterricht geworden.

Dennoch sind deine Statements in Sachen Feminismus ja sehr deutlich. Wie reagieren denn die Kollegen so darauf? Sagt beim Sender manchmal jemand: Caro, können wir das mal etwas absoften?
Wenn wir eine Nummer entwickeln, ist der Sender natürlich involviert und sagt seine Meinung dazu. Aber meine Redakteurin hat noch nie gesagt: Mach das nicht! Und wir kämpfen natürlich auch um unsere Nummern. In der letzten Staffel hatten wir zum Beispiel eine Nummer zu 60 Jahre Pille. Die war sehr lang, aber wir haben gesagt: Die können wir nicht kürzer machen, weil alle Aspekte wichtig sind. Und dann läuft das auch. Ansonsten habe ich gelernt: Entweder mache ich meine Arbeit von den Reaktionen der Leute abhängig und passe mich dem an – was totaler Schwachsinn ist. Oder ich mache die Sachen so, wie ich sie für richtig halte.

Du schreibst viele Texte selber. Wer schreibt noch mit?
An meinen Texten für die Sendung schreiben Autoren und Autorinnen mit, Männlein und Weiblein gleichermaßen.

Und wie kriegst du denn die Jungs dazu, so feministische Texte zu schreiben?
Von den Frauen kommt oft der Fingerzeig: Lasst uns mal was über das und das Thema machen! Und dann kommt von den Männern die Frage: Warum? Und sobald das Thema klar und zugänglich wird, sind die dann dabei. Auch mein Pro­duzent ist superaufgeschlossen, was diese Themen angeht.

Es gibt ja heutzutage auch einen Markt für feministische Themen.
Absolut. Allerdings ist das Thema Feminismus durchaus noch nicht überall angekommen. Gerade die Öffentlich-Rechtlichen stehen da manchmal auf der Leitung. Wenn ich zum Beispiel an den ARD-Programm­direktor Volker Herres denke, der noch im letzten Jahr erklärt hat, es fiele ihm einfach keine Frau ein, die so zugewandt und empathisch wie Kai Pflaume moderieren kann … Nach diesem Interview habe ich mit vielen Moderatorinnen gesprochen, die seit Jahren Sendungen moderieren. Die haben am Telefon fast geheult, weil sie sich so herabgesetzt gefühlt haben.

Du machst ja nicht nur Stand up-Comedy, sondern spielst auch bestimmte Figuren. Zum Beispiel die dauerquatschende Rebecca mit der Schirmmütze und der Camouflage-Hose. Die hat sich ja mal bei ISIS, der islamistischen Terrororganisation, beworben, weil sie die mit DSDS verwechselt hat. Zum Sterben komisch! Wie kommst du auf deine Figuren?
Rebecca ist eigentlich eine ganz alte Figur von mir. Als ich damals anfing, auf die Bühne zu gehen, hab ich diese Proleten-Frau gespielt. Und dann habe ich gesehen, dass Martina Hill auch so eine Figur hat. Wir hatten aber gar keinen Kontakt miteinander, weil in unserem Business Frauen oft alleine dastehen. Wir haben uns dann kennengelernt und ich habe gesagt: Bitte lass uns diese Figuren zusammen machen! Und jetzt erklären Rebecca und Larissa als Influencerinnen den Menschen die schwierigen Themen dieser Welt. Zum Beispiel, dass den Feminimus ein Schwarzer erfunden hat: der Ali C.

Ja, wunderbar! Und Frau Rodcke, die kölsche Vorstadt-Frau, die immer so liberal tut, es aber in Wahrheit gar nicht ist? Ist die von deiner Mutter inspiriert?
Ja, in der Frau Rodcke steckt ein Stück von meiner Mutter drin. Meine Mutter ist auch sehr redefreudig und hat auch ein Stück weit dieses kölsche Pathos.

Es ist ja bei Komikerinnen oft so, dass sie ihre Mütter aufs Korn nehmen.
Stimmt.

Du sagtest gerade, in der Comedy-Szene sind Frauen oft allein unterwegs. Ist das bei den Männern anders?
Ja, total! Ich schreibe gerade ein Buch, in dem ich mich sehr intensiv mit diesem Phänomen beschäftige. Der Titel: „Es kann nur eine geben!“ Man hat ja das Gefühl, es gibt immer nur eine lustige Frau. Zuerst war das Anke Engelke, dann war das Cindy aus Marzahn und im Moment bin ich das. Daneben darf anscheinend keine andere stattfinden. Das habe ich früher aber gar nicht hinterfragt. Als ich anfing, Comedy zu machen, war ich in Mixed Shows. Bei „Nightwash“ zum Beispiel gab es vier oder fünf Plätze zum Auftreten, jeder hatte etwa zehn Minuten. Da hab ich mich ausprobiert. Und dann hat man die angerufen und gefragt: Habt ihr nächste Woche noch einen Platz frei? Und dann hieß es oft: „Tja, Caro, schade. Wir haben zwar noch zwei Plätze frei, aber wir haben schon ne Frau …“

Und wie hast du reagiert?
Ich hätte niemals gesagt: „Hä? Ist doch egal!“ Weil ich selbst verinnerlicht hatte: Logisch, zwei Frauen, das geht natürlich nicht.

Und heute?
Ich finde es so gemein, wenn Männer sagen: „Wir bauen hier eine Welt auf, in der es diesen kleinen Korridor gibt, in dem ihr Frauen stattfinden dürft. Und wenn ihr euch so krass als Konkurrentinnen seht und stutenbissig werdet, dann ist das euer Problem.“ Mit Martina Hill habe ich tatsächlich das erste Mal eng mit einer anderen Frau zusammengearbeitet, mit der ich eigentlich in Konkurrenz stehen müsste.

Kannst du eigentlich mit Männern?
Ja, ich kann sehr gut mit Männern. Und ich habe im Zuge des Buches gemerkt: Krass! Ich hab mich schon – auch wenn ich das ganz sicher nie bewusst gemacht habe – oft sehr stark von anderen Frauen wegpositioniert. Ich war früher im Jungs-Freundeskreis und hab mit denen über die anderen Mädels gelästert. So nach dem Motto: Ach, die ist so schwierig, die macht nicht bei den coolen Sachen mit, die hat ihre Tage. Aber ich bin eben cool. Und ich weiß noch, wie die Jungs mal ohne mich auf eine Party gegangen sind. Und als die wiederkamen, sagten die: „Ey Caro, da war ein Mädel, die war so cool! Und die war so lustig!“ Ich bin innerlich durchgedreht. Ich dachte: Ich bin hier die Frau in der Gruppe, und ich bin die lustige Frau in der Gruppe. Das ist mein Unique Selling Point! Who the fuck ist hier auch noch lustig?! Und dann dachte ich: Hoffentlich ist die fett! Dann ist die wenigstens die fette Lustige. Und als wir dann auf eine Party gegangen sind, auf der sie auch war, habe ich mich mit meinen lustigsten Geschichten gerüstet.

Und dann?
Sie ist seit 20 Jahren eine meiner besten Freundinnen.

Du hast ja mal auf die klassische Schwarzer-Frage geantwortet: Die find ich doof, die hat was gegen High Heels.
Das muss vor tausend Jahren gewesen sein. Wenn ich so auf die Frauenbewegung gucke, dann ist tatsächlich das meiste, was in meinem Lebenszeitraum passiert ist, auf dich zurückzuführen, Alice.

Danke. Aber in der Tat: Eine Figur wie du wäre ja ohne die Frauenbewegung nicht denkbar.
Klar, meine Bühnenfigur baut auf der Frauenbewegung auf.

Du must ja nicht jeden Tag eine Kerze aufstellen, aber du könntest ja mal sagen: „Liebe Frauenbewegung, du bist zwar von gestern und ich bin von heute, aber es ist doch nett, dass du vorgesorgt hast.
Ja, klar. Wobei sich das so anhört, als wenn es die Frauenbewegung nicht mehr gäbe. Ihr wart die Vorreiterinnen und einige Kolleginnen und ich schreiben an den neuen Kapiteln mit. Es hat also was von Frauenbewegung 2.0.

Du hast ja früher auch gesagt, Feminismus klänge für dich „unrasiert und ungebumst“.
Ja! Wenn ich auf meine ersten Nummern gucke, denke ich: Da hat sich total ein feministischer Faden durchgezogen. Aber wenn du mich früher gefragt hättest: „Siehst du dich als Feministin?“, dann hätte ich gesagt: „Um Gottes Willen, nein!“ Aber das war auch eine Art Bildungslücke. Du kriegst ja über Frauengeschichte nichts beigebracht. Ich habe diese ganzen Zusammenhänge nicht geblickt.

Heute sagst du ja frohen Herzens: Ich bin Feministin!
Ich hatte eine Art Schlüsselerlebnis mit einer Interviewerin von der Zeit, glaube ich, die mich darauf angesprochen hat, dass ich immer gesagt habe, ich wäre keine Feministin. Sie hat mir das zwar nicht direkt vorgeworfen, aber sie hat zu mir gesagt: „Sie sind aber Feministin. Alles, was Sie sagen, ist feministisch!“ Und sie hat mir dann zu verstehen gegeben, dass es wirklich wichtig wäre, dass ich sage: „Ich bin Feministin!“ Damit hat sie mich total erreicht. Ich habe dann viel gelesen und angefangen, anders auf Sachen zu gucken.    

Oft sind es ja die Medien, die die Frauen als Konkurrentinnen aufeinander hetzen.
Ja. Zum Beispiel hat mich ein Journalist mal gefragt: „Was sagen Sie denn dazu, dass Katrin Bauerfeind jetzt auch so ein Buch mit Frauenthemen gemacht hat?“ Und ich hatte den Eindruck, der hat mir einen Knochen hingeworfen und hatte sich schon ne Tüte Popcorn aufgemacht, weil er dachte, ich zerfleische jetzt Katrin Bauerfeind vor ihm. Aber ich hab den Knochen einfach nicht genommen. Ich hab gefragt: „Ich verstehe Sie nicht. Was meinen Sie?“

Kommen wir zum Karneval. Du bist ja ein kölsch’ Mädchen. In Köln ärgern sich nicht nur Feministinnen seit langem darüber, dass das berühmte Kölner „Dreigestirn“ zu hundert Prozent männlich ist. Seit einiger Zeit gibt es ein Geraune: Man könnte ja auch mal …Kurzum: Wenn Karnevalspräsident Kuckelkorn dich anrufen und dir einen Platz in dem Trio anbieten würde – wer möchtest du dann am liebsten sein: Prinz, Bauer oder Jungfrau?
(Lacht) Prinzessin? Nee! Jungfrau? Nee! Bäuerin! Ich wäre die Bäuerin!

Weil du so deftig bist?
Ja, wahrscheinlich. Ich würde es machen, weil es der Sache dient, obwohl ich mit dem traditionellen Karneval so meine Probleme habe. Als Kind bin ich mit der Stunksitzung aufgewachsen. Leute wie Biggi Wanninger waren für mich die größten Stars der Welt!   

Bist du eigentlich auch privat komisch?
Ja, ich bin ein total alberner Mensch. Da leiden, glaube ich, die Leute in meinem Umfeld manchmal drunter. Ich hab immer zu allem einen dummen Spruch parat. Und ich werde schnell physisch, da bin ich dann manchmal wie ein Kind. Kürzlich habe ich mal auf einer Veranstaltung zu jemandem gesagt: „Komm, wir gehen wieder zu den Erwachsenen!“ Und ich dachte: Krass! Da hab ich jetzt unbewusst was ausgesprochen, wovon ich die ganze Zeit ausgehe.

Warst du schon als Kind komisch?
Zuerst war ich eher schüchtern. Aber je älter ich wurde, desto mehr habe ich performed. Wenn mein Vater gefilmt hat, bin ich nicht weggelaufen wie andere Kinder, sondern hab begeistert gesagt: „Ich hab da was vorbereitet, ich mach jetzt mal Nachrichten!“ Da hatte ich mir so einen Fernseher ausgeschnitten, hab mich da reingesetzt und einfach gequatscht. Man sieht auf den Aufnahmen, dass mein Vater irgendwann genervt ist und auch mal meinen Bruder filmen will, aber ich hab dann geschrien: „Nein, warte!“ und hab einfach weitergemacht.

Und worüber kannst du selber lachen?
Ich bin sehr leicht zu erheitern. Ich lache total gern und viel und über alles.

Wenn du wählen müsstest, für was möchtest du am meisten geliebt werden: für Sexyness oder für deinen Humor.
Auf jeden Fall für meinen Humor!

 

Carolin Kebekus im Gespräch mit Chantal Louis und Alice Schwarzer.
Carolin Kebekus im Gespräch mit Chantal Louis und Alice Schwarzer.

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