Kabul-Luftbrücke: Hilfe für Frauen

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"Die Bundesregierung tut, was sie kann“, sagte Georg Klußmann, Diplomat vom Auswärtigen Amt. Er war statt der eingeladenen Außenministerin Annalena Baerbock zur Afghanistan-Konferenz der „Alice Schwarzer Stiftung“ entsandt worden. Nicht nur für Theresa Breuer ist das zu wenig.

Breuer ist die Gründerin der „Kabul Luftbrücke“ und hat mit ihrer Privatinitiative 3.000 Menschen, die von den Taliban mit dem Tod bedroht werden, überwiegend Frauen, aus dem Land geholt.

Als die Taliban am 15. August 2021 in Kabul einmarschierten, war der Journalistin, die kurz zuvor einen Dokumentarfilm über afghanische Bergsteigerinnen (ja, die gibt’s!) gedreht hatte, klar: „Die Frauen aus meinem Film werden sterben.“ Sie charterte mit Hilfe von Freunden ein Flugzeug – die Luftbrücke war geboren.

Dem ersten Rettungsflug folgten Dutzende. Bis heute holt die „Kabul Luftbrücke“ Menschen aus Afghanistan – und zwar schneller und effizienter als das deutsche Militär. Breuers Team in Berlin ist inzwischen auf 20 Freiwillige angewachsen. Ein Vor-Ort-Team aus Einheimischen in Kabul und ein Team im Nachbarland Pakistan haben in den vergangenen Monaten die Ausreise von Menschen, vor allem Frauen, denen der Tod droht, organisiert. Jede Mission wird dem Tag aufs Neue angepasst.

Aber das größte Problem ist geblieben: Breuer kann nur selten die Frauen retten, die am schnellsten rausmüssen: die, die ganz oben auf den Todeslisten der Taliban stehen – Frauenrechtlerinnen, Juristinnen, Polizistinnen, Lehrerinnen, Sportlerinnen. Die Luftbrücke kann nur Menschen rausholen, die eine Aufnahmegenehmigung für Deutschland haben. „Deutschland macht seine Verantwortung an Arbeitsverträgen fest, fragt, wie eng jemand mit der Bundeswehr zusammengearbeitet hat, etwa als ÜbersetzerIn“, erzählt Breuer auf der Konferenz.

„Aber was ist mit unserer Verantwortung den Frauen gegenüber, die an unserer Seite für Freiheit in Afghanistan gekämpft haben? Sie haben sich gegen die Ideologie der Taliban gestellt, sie haben härter als alle SoldatInnen gekämpft! Sie sind unsere größten Verbündeten! Und wir lassen sie im Stich!“

Und Theresa Breuer nimmt auch die Außenministerin in die Pflicht: „Annalena Baerbock hat mehrfach betont, dass wir es den Mädchen und Frauen Afghanistans schuldig sind, ihnen zu
helfen. Wo bleibt diese Hilfe? Mit jedem Tag wird es für die Frauen, die für unser aller Freiheit gekämpft haben, enger, das Land zu verlassen. Noch immer gibt es kein Bundesaufnahmeprogramm für sie – und das, obwohl es im Herbst 2021 im Koalitionsvertrag versprochen wurde!“

Schlimmer noch, es gebe in den Gesprächen zu einem möglichen Programm noch nicht einmal den Plan, diese Frauen und Mädchen als gefährdet einzustufen. 10.000 AfghanInnen stehen laut Auswärtigem Amt auf einer sogenannten „Menschenrechtsliste“ für die Aufnahme in Deutschland. Sie warten. Das Bundesaufnahmeprogramm befindet sich nach Angaben der Bundesregierung „im Aufbau“.

Breuer will nun darum kämpfen, dass es auch wirklich realisiert wird, dass auch diese Frauen darin mitaufgenommen werden. Nebenbei evakuiert sie weiter. Einen Menschen zu retten, kostet die Initiative zwischen 500 (über Land) und 2.000 US-Dollar (per Flugzeug). Woher kommt das Geld? „Deutsche Unternehmerinnen spenden, Privatleute, Organisationen, die sich den Menschen dort verpflichtet fühlen“, erklärt Theresa Breuer. Die Not ist groß. Gerade jetzt, wo sich die Lage im Land durch den Winter noch verschärfe. Breuer: „Wir sind es diesen
Frauen schuldig!“

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