Offener Brief aus dem Osten

Kanzler Scholz bei einem Bürgergespräch in Neuruppin. - Foto: Janine Schmitz/photothek.de/IMAGO
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"Wir machen uns berechtigte Sorgen um die Zukunft unserer Kinder und Enkel, Sorgen um den Fortbestand unserer Betriebe", erklären die 16 Innungs-Chefs, die den Brief unterzeichnet haben. "Wir sprechen hier nicht von 1 oder 2 Grad weniger Raumtemperatur oder ob Schwimmbäder ihre Wassertemperatur senken müssen. Wir reden hier vom Sterben Deutschlands. Das erkennen viele Menschen in unserem Land, warum Sie nicht?" Wer ohne ideologische Scheuklappen das Ergebnis der bisherigen Sanktionen anschaue, komme unweigerlich zu der Erkenntnis, dass mehr Geld in die russischen Kassen gespült werde als vorher. Gleichzeitig stünden in Deutschland bald viele Betriebe vor dem Ruin. "Wir als Handwerker wissen aus Gesprächen mit unseren Kunden, dass die breite Mehrheit nicht gewillt ist, für die Ukraine ihren schwer erarbeiteten Lebensstandard zu opfern." Die Unterzeichner verurteilen den Angriffskrieg Russlands als "schweres Verbrechen" und fordern die "sofortige Aufnahme diplomatischer Verhandlungen zur Beendigung des Krieges". Hier der Originaltext:

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Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

eingangs möchten wir betonen, dass der Angriff Russlands auf die Ukraine ein klarer Verstoß gegen Artikel der UN-Charta ist und von uns als schweres Verbrechen gesehen und kritisiert wird. Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass dieser Krieg nicht erst am 24.2.2022 begonnen hat. Das näher zu erläutern ist aber nicht Sinn und Ziel dieses Briefes.

Wir machen uns berechtigte Sorgen. Sorgen um die Zukunft unserer Kinder und Enkel. Sorgen um den Fortbestand unserer Betriebe. Sorgen um unser Land. Am 8. Dezember 2021 habe Sie geschworen, dass Sie Schaden vom deutschen Volk abwenden wollen. Wir appellieren an Ihre Ehre: Erfüllen Sie diesen Schwur!

Wir als HandwerkerInnen wissen aus vielen Gesprächen mit unseren Kunden, dass die breite Mehrheit nicht gewillt ist, für die Ukraine ihren schwer erarbeiteten Lebensstandard zu opfern. Es ist auch nicht unser Krieg!

2002 hat Ihr Parteimitglied Peter Struck sich dahingehend geäußert, dass die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch verteidigt wird. Dass sich das als Fehleinschätzung herausgestellt hat, kann wohl keiner in Zweifel ziehen.

Wird jetzt die Sicherheit Deutschlands in der Ukraine verteidigt? Nein, es ist 20 Jahre später wieder der gleiche Fehler.

Laut Veröffentlichung von Transparency International Deutschland e.V. belegte die Ukraine im Jahr 2021 bei der Korruption Platz 122. Kein anderes europäisches Land schneidet hier schlechter ab. Keinesfalls kann bei der Ukraine daher von einem lupenreinen demokratischen Staat gesprochen werden. Und dafür wollen Sie Deutschland aufs Spiel setzen?

Es rumort in Deutschland. Die Preise steigen in einem Tempo, dass „Otto Normalverdiener“ seinen Lebensunterhalt bald nicht mehr bezahlen kann. Dann werden auch ganz normale notwendige Handwerksleistungen unerschwinglich, was zu Entlassungen und Schließungen von Betrieben führen wird. Wollen Sie der Kanzler sein, der Deutschland in den Ruin getrieben hat? Wollen Sie wirklich für die Ukraine Ihr Land opfern?

Es werden Hilfspakete am laufenden Band geschnürt, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für die nachfolgenden Generationen. Es wird einem schwindlig, wenn man die Milliarden und Abermilliarden Schulden sieht, die Ihre Regierung aufnimmt. Alles selbstverständlich immer mit einer entsprechenden Argumentation, warum es nicht anders geht. Sie versuchen damit jedoch nur, die Symptome zu bekämpfen, an den Ursachen ändern Sie nichts.

Das ist keine nachhaltige Politik!

Wir fordern daher von Ihnen:

1. Sofortiger Stopp aller Sanktionen gegen Russland.
Am 23.3.22 haben Sie im Deutschen Bundestag erklärt, dass die Sanktionen uns nicht mehr schaden dürfen als Russland. Jeder, der sich ohne ideologische Scheuklappen das Ergebnis der bisherigen Sanktionen anschaut, kommt unweigerlich zu der Erkenntnis, dass seitdem deutliche mehr Geld in die russischen Kassen gespült wurde als vor den Sanktionen. Europa, und im Speziellen Deutschland, sind die eindeutigen Verlierer. Stehen Sie zu Ihrem Wort!

2. Sofortige Aufnahme von diplomatischen Verhandlungen zur Beendigung des Krieges.
Voraussetzung ist eine realistische Einschätzung der Lage. Niemand kann ernsthaft glauben, dass Russland auf die Krim verzichten wird. Wer das als Bedingung für Verhandlungen macht, hat kein Interesse an einem baldigen Ende des Krieges.

3. Alle politischen Entscheidungen sind auf den Nutzen für das deutsche Volk zu überprüfen – so, wie Sie es geschworen haben.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir richten diesen dringenden Appell an Sie, weil die Lage sehr ernst ist, ernster als je zuvor nach Kriegsende in unserem Land war. Wir reden hier nicht von 1 oder 2 °C weniger Raumtemperatur oder ob Schwimmbäder ihre Wassertemperaturen senken müssen. Wir reden hier vom Sterben Deutschlands! Das erkennen viele Menschen in unserem Land. Warum Sie nicht?

Kürzlich stand in unserer lokalen Presse, dass Fiebersaft für Kinder schwer zu beschaffen ist. Wir denken nicht, dass das die Ziele Ihrer Politik sind. Es sind aber die Auswirkungen davon. Ändern Sie Ihren Kurs. Im Interesse unserer Heimat.

Lothar Dieringer, Kreishandwerksmeister und Obermeister der SHKO-Innung Halle

Olaf Grünhage, stellv. Handwerksmeister und Obermeister der KFZ-Innung Merseburg-Querfurt

Michael Wiecker, Obermeister der Landesinnung des Konditorenhandwerks Sachsen-Anhalt

Michael Gipser, Obermeister der Glaserinnung Halle

Alexander Dorber, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Halle-Saalkreis-Merseburg

Frank Gabler, Obermeister der Fleischerinnung Saale-Unstrut Elster

Jens Stierwald, Obermeister der KFZ-Innung Halle-Saalkreis

Thomas Wötzel, Obermeister der Baugewerkeinnung Halle-Saalekreis

Jens Schleier, Obermeister der Tischlerinnung Saale-Unstrut

Jörg Tautenhahn, Obermeister der Elektroinnung Halle-Merseburg-Saalkreis

Frithjof Thieme, Obermeister der Landesinnung für das Elektromaschienenbauerhandwerk Sachsen-Anhalt

Jan Bayreuther, Obermeister der Innung des Metallhandwerks Querfurt/Nebra

Marcel Hoffmann, Obermeister der Innung des Dachdeckerhandwerks Halle

Frank Liebchen, Obermeistder der SHK-Innung Merseburg-Querfurt

Jens Fischer, Obermeister der Innung der Gold- und Silberschmiede im Kammerbezirk Halle

Daniel Börner, Obermeister der Schornsteinfeger Innung im Kammerbezirk Halle

17. August 2022

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