Ein Mutter sorgt sich

"Mutter und Tochter", eine Fotovernähung von Annegret Soltau.
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Ich mag den Freund meiner Tochter nicht. Schlimmer, ich kann ihn nicht ausstehen. Ich könnte auf Anhieb zwei oder drei greifbare Gründe dafür nennen. Und etwas nicht Greifbares, Fühlbares, noch Namenloses. Aber natürlich ist’s ohnehin so gut wie egal. Ich muss ihn nicht mögen. Er ist ja nicht mein Freund. Und meine Tochter ist eine erwachsene Frau. Andererseits bin ich keine Könnerin darin, mit meinen Gefühlen hinter dem Berg zu halten. Auch dann nicht, wenn das vielleicht das Klügere wäre. Oder? Wäre es, auf meine Tochter und ihren Freund bezogen, Verrat? Meine Tochter ist 23. Ihr Freund ist 45. Beinahe so alt wie ich. Meine Tochter sagt: „Na und, er ist ein paar Jahre älter. Macht ihn das schon zu einem schlechten Mann?“ Ich würde gern denken: Natürlich nicht. Denn das wäre unfair. Wahnsinnig oberflächlich. Gemein.

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Und dann sehe ich meine Tochter an. Die sehr jung und sehr schön und, was sie selbst und das Leben und Lieben betrifft, trotzdem eben noch unsicher ist. Und ich denke: Natürlich doch. Meine Tochter kennt den Mann seit langem. Über die ersten beiden Jahre war er ihr Chef, einer von zweien. „Mehr nicht!“, sagte sie. Ich, die den Mann flüchtig kannte, erlebte mich hin- und hergerissen zwischen Argwohn und Sorge. Und dem, na ja, sagen wir: Bewusstsein, dass es mich nichts anging, ob und wenn da mehr wäre. Sie war 19, immerhin. Sie verlor ihre Wohnung und zog auf sein Sofa. Sie waren: „Gute Freunde, mehr nicht!“ Immer mit diesem höchst zweifelhaften Ausrufezeichen. Seit zwei Jahren sind sie offiziell ein Paar. Das ist allein ihre Sache, na klar. Zugegeben, außer dass er fast doppelt so alt ist wie meine Tochter, weiß ich nicht viel über den Freund.

Wir haben uns gerade ein paar Mal ­getroffen. Wenn ich ihm in die Augen schaue, weicht er meinem Blick aus. Wenn er mich anspricht, dann über meine Tochter. Wie das eine Mal im Café, als er sie, die gleich neben mir stand, fragte: „Was will deine Mutter trinken?“ Und als ich sagte: „Danke, nichts“, an meine Tochter gewandt zischte: „Sag ihr, ich zahle!“ Ich nehme an, er mag mich so wenig wie ich ihn. Meine Tochter sagt: „Falsch!“ Was ihr Freund tatsächlich fühle, sei Ablehnung. Und zwar meine. Dass er sich in meinem Beisein gebe, wie er sich gibt, liege allein an mir. „Sonst ist er ganz anders!“ Weil es unmöglich ist, das zu widerlegen, sagte ich: „Das tut mir leid.“ Meine Tochter nahm es als Zynismus. Sie nannte mich kalt. Weil ich nicht kalt genug bin, dass mich das unberührt ließe, fragte ich: „Was kann ich tun?“

Neugierig geworden? Der vollständige Artikel steht in EMMA Januar/Februar 2014. Ausgabe bestellen.

Der Text erschien zuerst in der Schweizer Annabelle.

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