Die echten Männer kommen!

Der Guru der neuen Männerrechtler: Jordan Peterson. - Carlos Osorio/Getty Images
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Es ist erst wenige Jahre her, da konnten einem die Männer beinahe leidtun. Durch alle Talkshows wurden sie geschleift und auf allen Magazincovern abgebildet: Die männlichen Schulversager. Die männlichen Globalisierungsverlierer. Die kranken, arbeitslosen Abgehängten. Männer, das schwache Geschlecht.

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Die Mitleidsbezeugungen erfolgten jedoch zu früh. Das Patriarchat hat sich noch einmal aufgerappelt von seiner Siechenbettstatt und ist wild entschlossen, allen zu zeigen, wie kräftig es noch ist. Während die fortschrittlich-aufgeklärte Hälfte der westlichen Welt noch über MeToo, Frauenquoten und Transgendertoiletten diskutiert, haben sich viele Männer längst ausgeklinkt. Sie haben keine Lust mehr, achtsam zu sein.

Lieber sind sie zornig. Sie spüren, wie ihnen dabei das Blut in den Adern pocht, und finden das geil. In Internetforen stellen sie fest, dass sie inzwischen ziemlich viele sind. Der Hass auf dieselben Feindbilder (Politikerinnen, Feministinnen, hässliche Frauen, schöne Frauen) schweißt sie zusammen. Sie scharen sich um Gurus. Und hey – sie haben sogar einen der ihren zum amerikanischen Präsidenten gemacht.

Der intellektuelle Mastermind dieser neuen Männerbewegung heißt Jordan B. Peterson, Psychologie-Professor an der Universität Toronto. Er ist ein gutaussehender Mittfünfziger, graue Locken, buschige Augenbrauen, selbstsicherer Blick, Tweedsakko. Peterson kann reden. Seine Argumente wirft er wie spitze Dartpfeile, auf jeden Treffer ist er stolz.

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Frauenhass: Die Verschwörung der

Maskulistentagung: Treffen der IG Antifeminismus (IGAF). - Foto: Walter Beri/Keystone
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Gendermainstreaming ist „politische Geschlechtsumwandlung“, die „Staatskrippenpläne“ der Frauenministerin haben die „Abschaffung der Hausfrau und Mutter“ im Visier und hinter alle dem stecken die lesbischen Akademikerinnen und Frauenbeauftragten, die bis hin in die Spitzen der Regierung, ja der EU in Brüssel das „Gender-Prinzip“ längst staatlich verankert haben und an der „Zerstörung der traditionellen Geschlechterrollen“ und der „Schaffung des neuen Menschen“ arbeiten./ Der Versuch christlicher Fundamentalisten, das Abtreibungsrecht abzuschaffen, ist ein demokratischer Akt und die KritikerInnen des Islamismus in Deutschland sind auf einem „antiliberalen, jakobinischen Kreuzzug“./  „Der Feminismus ist ein Luxusphänomen“, die „Männer sind das benachteiligte Geschlecht“./ „Die Frauenhäuser sollten geschlossen werden“, denn „Gewalt geht überwiegend von Frauen aus“./ „Die feministische Muttermacht“ ist schuld am „entsorgten Vater“ und Kinder sind die „Trümpfe im Geschlechterkampf“./ Und, klar: „Laut Bibel wurde die Arbeit Adam – und nicht Eva – aufgehalst, und zwar als Strafe. (…) Alle Versuche, diese Aufteilung zu verändern, etwa in der Sowjetunion oder im israelischen Kibbuz, sind und waren zum Scheitern verurteilt.“

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Durchgeknallte Sprüche durchgeknallter Frauenhasser im Internet? Mitnichten. Diese Zitate stammen von Journalisten und Wissenschaftlern und werden in geachteten Blättern verbreitet. Sie sind – in dieser Reihenfolge – von dem Ressortleiter Politik der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS), Volker Zastrow; dem Ex-Ressortleiter Kultur der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Patrick Bahners; dem Ressortleiter des Focus, Michael Klonovsky; dem emeritierten Soziologie-Professor aus Bremen, Gerhard Amendt; dem Ex-Spiegel-Ressortleiter Matthias Matussek und dem Militärhistoriker Martin van Creveld.

Zunehmend finden sich solche Sprüche auch in bekennend rechten Blättern, wie die Junge Freiheit, Sezession oder eigentümlich frei. Da schreiben diese Herren dann selbst, lassen sich interviewen oder werden zustimmend zitiert. Sie sind aber auch durchaus in Zeitschriften wie dem Spiegel zu finden. Und allüberall tauchen ähnliche Formulierungen auf, wie die: von der „politischen Geschlechtsumwandlung“ oder von der „Fabrikation des neuen Menschen“ und dem „Labor der Menschenzüchter“. Hinter all dem stecken – die Feministinnen. Wer sonst. Zu erkennen an ihrer Homosexualität und Kinderlosigkeit.

Zur Freude der feigen anonymen Pöbler im Internet. Bei Free Gender, MANNdat.de oder Wieviel Gleichberechtigung verträgt das Land? (wgvdl.com) werden die Vordenker aus den Medien in Sachen Anti-Emanzipation freudig erregt zitiert. Und es wird noch eins drauf gesetzt. Denn im Internet darf man bekanntlich alles. Vom "Fotzenneid" ist da die Rede, vom "entmündigten Familienoberhaupt", von der "Umerziehung" der armen Jungen. "Ich kenne persönlich keinen Mann, der nicht schon von Vergewaltigung(sfalsch-Anschuldigungen) oder Missbrauchsvorwurf durch Frauen bedroht worden ist", behauptet einer, der sich ehrlicherweise gleich "Mysogyn" nennt, und fährt fort: "Gut, die meisten Männer wurden nicht so vergewaltigt wir Jörg Kachelmann, aber auch nur, weil sie gezahlt und geschwiegen haben."

Sie tun sich leid, manche haben offensichtliche Kastrationsängste und vor allem: Sie wollen ihre guten alten Privilegien auf Kosten von Frauen nicht aufgeben bzw. wiederhaben. Also: Kampf dem Feminismus und – soweit gehen durchaus einige von ihnen – Tod den Feministinnen!

Es scheint widersprüchlich, doch ist nur logisch, dass einerseits die Männer, die die Frauen verstehen und an Beziehungen auf Augenhöhe interessiert sind, immer mehr werden – und andererseits die angezählten Helden, die ihre Machtfantasien aus der Unterwerfung der Frauen beziehen, immer lauter. Denn in der Tat, ihre Macht ist in Gefahr. Um sie zu halten, scheinen sie zu allem entschlossen...

Dabei sind weniger die anonymen Gröler im Internet die Bedrohung, auch wenn sie eine wahre Pest sind. Die wahre Gefahr sind die Herren der Feuilletons und die Schwafler an den Unis, die mit ihren unwidersprochenen Hasstiraden gegen Frauen die Frauenverachtung wieder salonfähig machen und das Klima zwischen den Geschlechtern vergiften.
Wer aber sind sie, diese Wortführer der Anti-Emanzipation? Sie sind nicht viele, aber sie geben den Ton an. Und selbst so manche Feministin lässt sich von ihnen einschüchtern. Auf den ersten Blick sind sie sehr verschieden, und sie agieren auch unterschiedlich – doch sie wirken gemeinsam.

Da ist der Maggler, Michael Klonovsky, 50, in zweiter Ehe mit einer Pianistin verheiratet und Vater von vier Kindern. Hört sich doch eigentlich ganz nett an, oder? genügt ihm aber nicht. Der 50-Jährige kommt aus der DDR, wo er als Maurer gearbeitet hat, und wurde bei der Wende Journalist im Westen, zurzeit ist er Ressortleiter beim Focus. 2011 veröffentlichte Klonovsky das Buch „Der Held – ein Nachruf“. In Focus schreibt er: Der Feminismus sei schuld an der Verweiblichung des Mannes und dem Geburtenrückgang. Es drohe die Übernahme der westlichen Welt durch die virilen und kinderreichen Muslime – und dann würden diese Warmduscher und Karrierefrauen schon sehen. In Klonovskys Debatten-Ressort dürfen alle alles schreiben: vom Militärhistoriker Martin van Creveld, der über „Das privilegierte Geschlecht“ (die Frau natürlich!) gleich ein ganzes Buch verfasst hat, bis hin zu Monika Ebeling, der Ex-Frauenbeauftragten aus Goslar, die dort die „Entmündigung des Mannes“ beklagen durfte. Klonovsky selbst geißelte den Umgang mit Eva Herman als „Hexenjagd“, die bedankte sich dafür mit einer hymnischen Besprechung seines Helden-Werks auf der Internetseite des rechtslastigen Kopp-Verlags.

Nicht nötig haben das Zastrow und Bahners, die haben ihre eigenen Blätter. Im Fall Bahners: hatten. Der Ex-Feuilleton-Chef der FAZ ist heute Kulturkorrespondent der Zeitung in New York. Der 45-Jährige ist zwar ein hochgebildeter Mann und ein brillanter Schreiber, wenn auch zunehmend verstiegen, doch Bahners Neigung zum Denken in geschlossenen Systemen wurde immer offensichtlicher. Lange lebte der blasse Altjüngling im Universum von Entenhausen und überzog mit seinem Donaldismusfimmel auch viele, viele FAZ-Seiten. Auf einem Kölner Donald-Duck-Kongress im Jahr 2005 artete dem ehemaligen „Ehrenpräsidenten der Deutschen Organisation der nichtkommerziellen Anhänger des lauteren Donaldismus“ ein Vortrag über Entenhausen, der auf zehn Minuten angesetzt war, auf gute 30 Minuten aus – da hatten viele längst unter „Buh“-Rufen gegen den monotonen Singsang des Vortragenden den Saal verlassen. Doch der hatte das offensichtlich noch nicht einmal bemerkt.

Jetzt hat Bahners das System gewechselt. Von Entenhausen ist er auf den Berg Sinai gezogen. Und sich auf Edmund Burke berufend, erklärte er in einem Zeit-Interview anlässlich des Erscheinens seines Buches „Die Panikmacher“ anno 2011: „Es kann der Freiheit eines Gemeinwesens nur guttun, wenn es in ihm auch Priester einer Religion gibt, die den Staatskult des Kaisers oder der Göttin der Vernunft nicht mitmachen, sondern sich an den Kult eines Gottes halten, der sich vor Tausenden von Jahren auf dem Berg Sinai offenbart oder durch einen Engel Mohammed etwas eingeflüstert hat.“

Die Botschaft ist klar. Bereits Bahners Artikel über die Abtreibungsdebatte in Amerika waren unübersehbar geprägt von starker Sympathie mit der Position der christlichen Fundamentalisten. Jetzt ist ihm der islamische Fundamentalismus eine Herzensangelegenheit. Gegen die KritikerInnen der Islamisten, diese „Panikmacher“, hat Bahners 2011 gleich ein ganzes Buch geschrieben. Die sind für ihn, von Necla Kelek bis Alice Schwarzer, Antiliberale auf einem „jakobinischen Kreuzzug“. Neben der „Göttin der Vernunft“ lassen diese eindimensionalen MaterialistInnen keinen anderen Gott gelten.

Auf Lesereise ließ Bahners sich u.a. von der vom Verfassungsschutz beobachteten Milli Görüs nach Esslingen einladen. Dort plädierte er für eine Einführung der Scharia in das deutsche Familienrecht und berief sich dabei auf den Juristen Mathias Rohe, ausgerechnet. Der ist in Deutschland seit Jahren führend bei dem Versuch einer „Vereinbarkeit von Scharia und Grundgesetz“ (siehe auch EMMA 4/2002).

Und Volker Zastrow? Der 54-Jährige war FAZ-Redakteur und ist seit 2006 Ressortleiter Politik der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Seither ist dieses Ressort eine Spielwiese der Anti-Emanzipation sowie Hatz auf Karrierefrauen und Feministinnen. Über Zastrow, der Geschichte an der FU Berlin studiert hat, ist wenig Privates bekannt, außer, dass er verheiratet ist und zwei Kinder hat. Er gilt als guter Journalist und sein Enthüllungsbuch über die Ypsilanti-Affäre, „Die Vier“, wurde viel gelobt. Auffallend war sein persönliches Engagement als Autor bei Bekanntwerden der Missbrauchs-Affäre an der Odenwald-Schule. Zastrow schrieb in dem Zusammenhang mehrere sehr engagiert und betroffen wirkende Artikel und erwähnte, ein Freund von ihm sei missbraucht worden.

Im Gegensatz zur Seriosität dieser Texte stehen Tiraden gegen Emanzipation und Feminismus, die er in der FAZ gern persönlich schrieb und in der FAS reichlich in seinem Ressort veröffentlicht. Zastrows Lamento über die Gefahr einer „politischen Geschlechtsumwandlung“ (ein Begriff, den er geprägt zu haben scheint) ist von extremer Irrationalität und Wirrheit. Am liebsten schreibt er über die feministischen Identitäts- und Sexualitäts-Debatten aus den 1970er Jahren. Da war der 1958 in Niebüll geborene zwischen Pubertät und Jungmann. Seine Hauptfeindin ist Alice Schwarzer und ihr „Kleiner Unterschied“ – alles Lesben, alles Männerhasserinnen. Entsprechend verfolgt er die EMMA-Herausgeberin bis heute. Dazu ist ihm jeder, einfach jeder Anlass recht (siehe Seite 50: FrauenMediaTurm). Zastrow wird in Maskulistenkreisen viel zitiert, scheint aber ganz wie Bahners ein Einzelgänger zu sein; eine Art Sniper, der aus dem Hinterhalt zielt.
Dasselbe gilt für Matthias Matussek, 58. Der ballert allerdings mit der Schrotflinte. Matussek ist der Wendehals unter den selbstgerechten Machos und immer ganz vorneweg: Mit 16 zog er vom behüteten katholischen Münster via Bahnhof Zoo ins unbehauste Berlin und wurde Maoist. Was sonst. Das war ja angesagt. Als Spiegel-Korrespondent in Amerika war er sodann in den 1990er Jahren der erste, der Kübel von Häme über die so genannte „political correctness“ goss, insbesondere die feministische. Wenig später machte er das Vatersein zu seinem Hauptthema.

Inzwischen verheiratet und Vater eines Kindes, veröffentlichte Matussek 1998 „Die vaterlose Gesellschaft. Überfällige Anmerkungen zum Geschlechterkampf“. Darin wurde der in emotionalen Polemiken spezialisierte Autor so ausfallend gegen geschiedene und alleinerziehende Mütter, dass der „Verband alleinerziehender Mütter und Väter“ ihm „üble Nachrede“ vorwarf. Heute ist Matussek ein papstseeliger, offensiv bekennender Katholik („Das katholische Abenteuer“). Was sonst. Ist jetzt ja auch angesagt.

Auch Gerhard Amendt hat einen zeitgeistigen Lebenslauf, von ganz links bis rechts. Der 73-jährige Soziologe war als Student im „Sozialistischen Deutschen Studentenbund“ (SDS) aktiv und bis zu seiner Emeritierung 2003 Professor an der Uni Bremen. Seit vielen Jahren liegt dem Mitbegründer des Vereins AGENS (lat.: Anwalt, Kläger), der sich die „Stärkung der klassischen Familie“ sowie die „öffentliche Bewusstmachung der Diskriminierung von Jungen und Männern“ auf die Fahnen geschrieben hat, die so genannte „Väterforschung“ am Herzen. Er veröffentlichte u.a. eine von einem anonymen Mäzen finanzierte „Studie“ über „Scheidungsväter“.
Amendt fordert die Schließung der Frauenhäuser, die ein „Hort des Männerhasses“ seien. Und in Brigitte erklärte der Professor: „Die Gewalt geht überwiegend von Frauen aus.“ Der selbsternannte Väterforscher ist, klar, gerngesehener Gast im Focus-Ressort von Klonovsky und mischt, ganz Alt-68er, kräftig mit auf Kongressen und in der Maskulisten-Szene. Auch durch Amendts Schriften zieht sich eine penetrante Homophobie, der Soziologe rät zur Heilung von Homosexualität via Therapie. Tragische Pointe: Gerhard Amendt ist der Zwillingsbruder des jüngst verstorbenen Günter Amendt, dem Autor des provokanten Jugend-Sex-Buches „Sexfront“ (1970) und Tabubrechers mit „Natürlich anders. Homosexuelle in der DDR“ (1986). Zwillingsbruder Günter lebte offen homosexuell.

Worum geht es diesen Herrenrechtlern? „Der Antifeminismus ist für diese Männerrechtsbewegung die Vereinigungsideologie“, konstatiert Geschlechterforscher Hinrich Rosenbrock, 26. Er hat für die Heinrich-Böll-Stiftung eine bemerkenswerte Studie über die „Denkweisen, Netzwerke und Online-Mobilisierung der antifeministischen Männerrechtsbewegung“ erstellt. Bisher hieß es immer, diese Maskulisten seien eben Rechte. Rosenbrock sieht das differenzierter. Rassismus und Homophobie seien in diesen Kreisen zwar „relativ häufig zu finden“, so der Gender-Experte von der Uni Bochum. Im Gegensatz zur rechten Szene allerdings „nicht konstituierend“. Will heißen: Hier geht es im Kern nicht um Fremden sondern Frauenhass, vor allem um Feministinnen-Hass.

Wer es anno 2006 noch erstaunlich fand, dass die FAZ das hysterisch-paranoide Pamphlet von der „politischen Geschlechtsumwandlung“ ihres Damals-Noch-Redakteurs Volker Zastrow druckte (das wenig später als Büchlein im „Es-gibt-sie-noch-die-guten-Dinge“-Manufactum-Verlag erschien), konnte kurz darauf im Spiegel einen Artikel über Jungenarbeit lesen, der ebenfalls vor der „Zerstörung von Identitäten“ und der „Fabrikation des neuen Menschen“ warnte. Wenig später warf die rechte Junge Freiheit einen schaudernden Blick in das „Labor der Menschenzüchter“. Und bald darauf titelte Focus mit der Schlagzeile „Im Zweifel gegen den Mann“.
Auf zwölf Focus-Seiten wurde die gesamte Klaviatur maskulistischer Themen bespielt: Häusliche Gewalt? Auch Frauen sind Täter. Väter? Werden entsorgt von „Müttern, die zu Megären mutieren“. Gender Pay Gap? Unfug. Schließlich verdienen Frauen unter 30 in New York, Boston und Chicago mehr als ihre männlichen Pendants. Fazit von Norbert Bolz, einem Professor für Medienphilosophie: „Weiblichkeit wird prämiert, Männlichkeit diskriminiert. Unsere Kultur liegt den Frauen zu Füßen.“ Verantwortlicher Redakteur für die Titelgeschichte: Michael Klonovsky.

„Was ist aus dem Helden geworden, dem Jäger und Ritter, dem Horizontdurchbrecher und Kontinenteerschließer?“ fragt Klonovsky in seinem Buch „Der Held. Ein Nachruf“ und hebt an zur Klage über eine „von Schrumpfmännern geprägten Gesellschaft“. Das Schrumpfen ist hier wohl durchaus wörtlich zu nehmen, denn schließlich, so der Journalist, ist „Sexualität ohne eine gewisse Dominanz eben langweilig bis undurchführbar. Diese Dominanz lässt sich zwar auch mal umdrehen, doch letztlich hat der huldvolle Anschieber der Evolution sie dem Manne zugestanden, weshalb sie auch den Dominus, den Herren, in ihrem Wortstamm trägt.“

Und was das Gender Mainstreaming angeht, das verhalte sich zum Gender-Theorem „wie eine linke Staatspartei zur kommunistischen Weltbewegung“, räsoniert der DDR-geschulte Klonovsky. Die ganze Gender-Theorie sei „ein Aufstand gegen die Natur, ein Angriff auf den heterosexuellen Mann im Speziellen“. Das Vokabular kommt bekannt vor? Stimmt.

Klonovsky geht allerdings noch einen Schritt weiter als Zastrow. Wo drinnen nicht mehr die züchtige Hausfrau waltet, sondern homosexuelle Akademikerinnen ihrer „sexuellen Selbstverwirklichung“ frönen, sinke die Geburtenrate, fürchtet er. „Und wo schwindende Völkerschaften Räume frei machen, drängen fruchtbare nach; es wird faszinierend sein zu beobachten, wie unsere Schwulen, Lesben und Feministinnen zum Selbstbehauptungskampf gegen die muslimischen Machos antreten.“

Dass die westliche Geburtenrate heute nur in Ländern sinkt, wo Anhänger des traditionellen Ernährer/Hausfrau-Familien­modells nicht genügend Kinderbetreuungsplätze schaffen, verschweigt der Fanatiker wohlweislich. Statt das Heute zu akzeptieren, träumt er lieber von gestern, als „der einstige Eroberer der Erde“ noch nicht domestiziert war und „im Büro zum Sitzroboter“ wurde.

Diese Wehmut teilt der Journalist, der den Focus zum Tummelplatz von Maskulisten & FreundInnen verkommen ließ, mit dem Schweizer Männerforscher Walter Hollstein, der von 2000 bis 2005 – zur gleichen Zeit wie Gerhard Amendt – an der Uni Bremen lehrte. Auch er beklagt den „männlichen Niedergang“ durch Technik und Frauenbewegung bitter: „Der Mann war jahrtausendelang der Herrscher der Welt. Der Mann hat die Wildnis gerodet, Frauen und Kinder beschützt, die Felder urbar gemacht. Der Mann galt deshalb als Schöpfer der Kultur. Heute hat sich alles geändert. Der Mann wird als Unterdrücker gebrandmarkt. Ihm wird vorgeworfen, Frauen und Kinder zu missbrauchen.“

Da jammert der Militärhistoriker Martin van Creveld, 64, den Klonovsky in seinem Helden-Nachruf ausgiebig zitiert, gerne mit. Er weiß: „Der wahre Grund, warum es Kriege gibt, ist, dass Männer den Krieg lieben und Frauen den Krieger.“ Der in Holland geborene und in Israel aufgewachsene van Creveld ist nicht nur Pentagon-Berater(!) und Autor kriegshistorischer Werke wie „The Art of War“, sondern auch Verfasser des Buches „Das bevorzugte Geschlecht“. Selbstverständlich ist damit das weibliche gemeint. Van Crevelds Buch ist nicht nur für AGENS-Gründer Arne Hoffmann ein „Grundlagenwerk der Männerbewegung“. Einträchtig lassen sich die beiden über van Crevelds Thesen in dem rechten Blatt eigentümlich frei aus. Titel des Artikels: „Frauen jammern, Männer arbeiten“.

Weniger einträchtig ging es zu, als der Militärhistoriker im Wintersemester 2011 als Gastprofessor an die Universität Trier berufen wurde. Bereits sein Antrittsvortrag über „Männer, Frauen, Kriegsspiele und Kultur“ geriet so, dass der AStA protestierte. Sehr viele Frauen genössen „den Anblick von Männern, die sich gegenseitig abschlachten“, schwadronierte der Professor. Sie „beten sie an und betteln darum, mit ihnen Sex haben zu dürfen“.

Van Crevelds Verhältnis zum Sex, insbesondere zum unfreiwilligen, scheint ohnehin speziell. Vergewaltigung? Hat für eine sexuell erfahrene Frau praktisch keine Folgen. Die Dunkelziffer? Eine Behauptung. „Genauso gut könnte man vermuten, dass so und so viele Frauen, die jemanden anklagen, in Wahrheit lügen. Wie bei der feministischen Literatur zu diesen Themen hängt alles davon ab, wie sehr manche Damen Sex hassen."

Es reichte! Der Trierer AStA forderte das Dekanat schriftlich auf, den „frauenfeindlichen“, „militaristischen“ und „vulgärwissenschaftlichen“ Gastprofessor nicht länger zu beherbergen. Dekan Prof. Ulrich Port, der in van Crevelds Ausführungen über Frauen ebenfalls wenig Wissenschaftliches, dafür aber „eine Anreihung von Klischees“ entdecken konnte, stimmte seinen StudentInnen zu. Van Crevelds erste Vorlesung in Trier war zugleich seine letzte.

Prompt meldeten sich van Crevelds Freunde zu Wort. Zum Beispiel die rechte Zeitschrift Sezession, die wenige Monate zuvor selbst in die Schlagzeilen geraten war. Ihr Autor Martin Böcker, Oberleutnant an der Münchner Hochschule der Bundeswehr, pflegt gute Kontakte zum „Institut für Staatspolitik“. Das „Institut“, das als Postadresse ein ostdeutsches Rittergut angibt und zeitweise in den Blick des Verfassungsschutzes geriet, hatte die Schrift „Die Frau als Soldat“ herausgegeben und – ganz im Sinne des Militärliebhabers van Creveld – darin die „Schwächung des Kampfwerts“ der Bundeswehr durch weibliche Soldaten beklagt. Fazit der „Studie“: Die Bundeswehr müsse ein Männerbund bleiben. Böcker, seines Zeichens auch Chefredakteur der Münchner Uni-Zeitung Campus, hatte diese These in einem Campus-Artikel vertreten. In Campus erschien auch eine ganzseitige Anzeige des Instituts für Staatspolitik.

Als sich die Präsidentin der Bundeswehr-Universität, Merith Niehuss, alarmiert einschaltete und in einer Rundmail an alle Studierenden erklärte, dass sie diese „politische Nähe zum Rechtsextremismus“ nicht hinnehmen werde, erschien eine flammende Verteidigungsschrift für Martin Böcker in der FAZ. Und wer war der Autor? Nein, nicht Zastrow, Patrick Bahners!

In der Causa van Creveld erhob selbstverständlich auch Gerhard Amendt die Stimme. In einem offenen Brief in eigentümlich frei warf er dem Uni-Präsidenten eine „Verletzung der Wissenschaftsfreiheit“ und Feigheit vor dem „linken AStA“ vor. Amendt gilt als eine Autorität in der Maskulisten-Szene.

Selbst seine Aufforderung zur Schließung der Frauenhäuser wurde durchaus ernst genommen. Anfang 2011 startete die „Schweizer Interessengemeinschaft Anti­feminismus“ (IGAF) auf ihrer Webseite einen Aufruf: „Die IGAF wird die geheimen Adressen aller 18 Schweizer Frauenhäuser mit Foto veröffentlichen. Die Bevölkerung soll wissen, wo Männerhass geschürt wird und wo sich die ‚Trainingslager zur Ruinierung der Männer‘ befinden.“ Und weiter: „Bitte melden Sie uns Ihre Beobachtungen und Adressen der Frauenhäuser, wenn Ihnen diese bekannt sind.“

Die IGAF berief sich zwar nicht namentlich auf Amendt, aber es war deutlich zu erkennen, wen René Kuhns Mannen meinten, als sie von „Experten auf dem Fachgebiet der häuslichen Gewalt“ sprachen, die die „Schließung von Frauenhäusern und die Eröffnung geschlechtsunabhängiger Gewaltschutzzentren“ forderten, die „frei von feministischer Indoktrination“ arbeiteten.

Die Dachorganisation der Schweizer Frauenhäuser klagte gegen diesen Aufruf und erreichte, dass der IGAF die Veröffentlichung der Adressen gerichtlich untersagt wurde. Die nahm zwar den Aufruf aus dem Netz, stellte aber nun die Namen der für das Urteil verantwortlichen RichterInnen online und beklagte den feministischen „Unrechtsstaat“. Schließlich sei das Frauenhaus „für viele Frauen eine einzigartige Möglichkeit, um sich auf legalem Wege und äußerst wirkungsvoll von ihrem lästig gewordenen männlichen Eheballast zu trennen und zugleich seinen Umgang mit den gemeinsamen Kindern auf lange Zeit zu verhindern“.

Gründer der IG Antifeminismus ist der 45-jährige René Kuhn, der berüchtigtste Schweizer Maskulist. Seine Vita ist aufschlussreich. Kuhn ist mit einer Russin verheiratet und Vater eines Kindes. Laut der Schweizer Zeitungen Tages-Anzeiger und Blick hatte Kuhn eine Agentur namens „Perfect Lifes“. Die präsentierte Frauen aus der Dominikanischen Republik in dem Sexmagazin Okay und vermittelte sie an Schweizer Männer.

Kuhn, Ex-Stadtrat von Luzern, wurde von seiner Partei, der SVP, ausgeschlossen, weil er die Schweizerinnen als „ausgelumpte Vogelscheuchen“ bezeichnet hatte. Seit 2010 veranstaltet Kuhn mit seiner IGAF alljährlich ein internationales Treffen für Antifeministen aller Couleur. ReferentInnen u.a.: Gerhard Amendt, Gabriele Kuby und Monika Ebeling.

Für die im Netz tobenden „Maskulisten“, wie manche der Herrenrechtler sich selbst nennen, ist einer wie Genderforscher Hinrich Rosenbrock ein „Frauenversteher“ und „lila Pudel“. Also einer von diesen Deppen, die sich von den „Feminazis“, diesen „Geschlitzten“ haben dressieren lassen und sich nun „mit den Drecksfemanzen auf eine Stufe stellen“.

Kern der Ideologie der Maskulisten ist die Beschwörung des „kleinen Unterschieds“. Frauen sollen Frauen bleiben und Männer Männer. Die Annahme, die Geschlechter hätten mehr Gemeinsames als Trennendes ist für diese Herren des Teufels. Einige fordern tatsächlich die Wiedereinführung des Familienoberhauptes und die Abschaffung des Frauenwahlrechts. Häusliche Gewalt verbuchen die meisten unter der Rubrik „Feministische Mythen“, den Gender Pay Gap denunzieren sie als „Lohndiskriminierungslüge“. Diskriminierung von Frauen halten sie ohnehin für ein Hirngespinst. Vielmehr habe der „Staatsfeminismus“ dafür gesorgt, dass Männer heute „Scheidungsopfer abzockender Schlampen“ und Jungen „Bildungsverlierer“ seien.

Maskulisten schreiben Bücher mit Titeln wie „Zurück zur Frau. Weg mit den Mannsweibern und Vogelscheuchen“, wie der IGAF-Gründer René Kuhn. Oder: „Männerbeben. Das starke Geschlecht kehrt zurück“ bzw. „Der Fall Eva Herman. Hexenjagd in den Medien“, wie der deutsche Journalist und bekennende Sadomasochist Arne Hoffmann. Der 42-Jährige sieht nach eigener Aussage seit dem Tod seiner Mutter „keinen Grund mehr, unter Pseudonym zu veröffentlichen“. Also steht unter seinen SM-Werken – à la „Vagina Dentata“ oder „Gynopolis, die Stadt der dominanten Frauen“ – nun stolz: Arne Hoffmann.

Zu den Maskulisten gehören christliche Fundamentalisten, Militaristen wie Väterrechtler. Sie haben das Internet­Lexikon WikiMANNia gegründet und befüllen es eifrig mit Schlagworten wie „Falschbeschuldigung“ („Feministinnen erfinden hohe Opferzahlen und wollen am liebsten alle Männer pauschal schuldig sprechen.“) oder „Familienzerstörung“ („Die Zerstörung der Familie durch den deutschen Staat vollzog sich in mehreren Etappen: Der erste Enthauptungsschlag – im Jahre 1959 – bestand in der Abschaffung des Familienoberhaupts.“). Oder sie verbreiten von der völkischen Scholle aus ihre Botschaften von der „Irrlehre der Emanzipation, die die Zersetzung unseres Volkes bedeutet“.

Genderforscher Rosenbrock hat die ganze Szene durchleuchtet und kommt zu dem Schluss, dass diese „männlichen Opferideologen Vernichtungsfantasien gegen Feministinnen und Frauen in Führungspositionen haben“. Seither gilt der 26-Jährige in Maskulistenkreisen als „Beta-Mann“. Was das ist? „Frauen wollen keine Betas, ihr genetisch programmiertes Ziel ist der Alpha-Mann“, erklärt anonym „Red Snapper“ im Internet. „Viele Betas, darunter auch typischerweise der Lila Pudel, meinen, wenn sie sich nur entsprechend unterwürfig verhalten, kriegen sie auch etwas ab von der Möse. Betas sind die Netten, und einer wie Rosenbrock ist sicher ganz besonders nett. Leider ist ‚nett sein‘ gleichbedeutend mit ‚muss sich einen runterholen‘.“

Als Hinrich Rosenbrock im Februar seine Expertise in Köln vorstellte, lächelte er gelassen über solche Hetztiraden. Er weiß nur zu gut, dass die so genannte „Männerrechtsbewegung“ eine „kleine, lautstarke Minderheit“ ist, in ihren Foren immer dieselben User wüten und ihre Demo-Aufrufe von maximal 50 Männern befolgt werden. Und er kennt die Untersuchungen, die zeigen, dass sich zwei Drittel der Männer inzwischen dem Typus des „neuen Manns“ bzw. des „postmodern­flexiblen Manns“ zuordnen, der „weiche Männlichkeit zulässt und selbstbewusste berufstätige Frauen schätzt“.

Dennoch besteht Grund zur Wachsamkeit. Und das nicht nur, weil einige fanatische Maskulisten so weit gehen, die Feministinnen und ihre „Lila Pudel“ mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen einzuschüchtern. Sondern auch, weil die vielen noch unsicheren Männer durchaus anfällig sind für die schlichten Heilsversprechen der Männerbündler.

„Die Mehrheit der Männer ist verunsichert zwischen alten und neuen Geschlechterrollenbildern und Lebensmodellen, sie sucht nach neuen Balancen oder will mehr Gleichheit in Beruf und Familie sowie mehr Nähe zu ihren Kindern“, schreibt Rosenbrock. „Allerdings besteht in ökonomischen und sozialen Krisenzeiten die Gefahr, dass diese Männer und zum Teil auch Frauen – bestärkt auch von so manchen Leitmedien – auf traditionelle Geschlechterbilder und -ordnungen zurückgreifen und diese wieder zum Mainstream werden.“

„Man darf die maskulistischen Gruppen nicht isoliert betrachten“, warnt auch Isolde Aigner, die an der Fachhochschule Düsseldorf zum Thema Rechtsextremismus und Sexismus forscht und an diesem Abend in Köln ebenfalls auf dem Podium sitzt. „Deren Positionen haben häufig Anschluss in den Leitmedien.“

Das gilt auch für die Frauen der Maskulisten-Szene. Sie sind allerdings eigentlich ein eigenes Kapitel. Alle sind Karrierefrauen, gehören also zur verhassten Sorte. Doch dank demütiger Beschwörung des ewig Weiblichen beruhigen sie die Herren und dürfen ein bisschen mitmachen. Vor allem als Kronzeuginnen bei dem Bestehen auf dem „ewig Weiblichen“, sowie dem Spiel „Frau gegen Frau“. Allen voran Eva Herman, 53, Ex-NDR-Moderatorin und berüchtigt geworden mit ihrem „Eva-Prinzip – Für eine neue Weiblichkeit“ (EMMA berichtete vielfach). An ihrer Seite Christine Eichel, 52, Co-Autorin beim „Eva-Prinzip“ und Ex-Feuilleton-Chefin beim Focus. Die beiden Damen verbindet nicht nur eine Freundschaft, sowie die Freuden und Leiden der Mutterschaft, sondern auch eine große Frömmigkeit. Hermans Glaubensbekenntnisse haben wahnhafte Züge und Eichel schrieb jüngst sogar ein ganzes Buch über ihre Hinwendung zum Glauben („Warum ich wieder bete“).

Ebenfalls stramm gläubig, ja schriftgläubig ist Gabriele Kuby, 68. Sie ist die Tochter des längst verstorbenen Salon­linken und Stern-Autors Erich Kuby und ging nach dem Studium erstmal brav als „Arbeiter-Intellektuelle“ ans Fließband bei Agfa. Ehe, drei Kinder, Scheidung, und dann 1998: „Mein Weg zu Maria – von der Kraft des lebendigen Glaubens“. Laut Kuby ist in Schweden jedes dritte Kind „psychisch gestört“, aufgrund des frühen Krippenbesuchs. Auch die Homophobie dieses Kuratoriumsmitglieds im „Forum deutscher Katholiken“ ist sprichwörtlich.

Alle drei Frauen sind bzw. waren mehr oder weniger alleinerziehende Mütter und haben Trost im Schoße der Mutter Kirche gesucht. Bei der vierten, der 52-jährigen Monika Ebeling, scheint der Fall etwas anders zu liegen. Auch die Goslarer Sozialpädagogin ist zwar Mutter, sogar von vier Kindern, und geschieden, aber sie hat sich (zumindest bis jetzt) nicht in die Arme Marias geflüchtet. Das Vokabular der Sozialdemokratin weist sie im Gegenteil als in der Wolle gewaschene Linke aus.

Monika Ebeling erregte bundesweit Aufsehen als Frauenbeauftragte von Goslar, die so heftig gegen Feministinnen polemisierte und so offen mit Maskulisten sympathisierte, dass sie von ihrem Posten flog. Die Kooperation mit dem Goslarer Frauenhaus hatte Ebeling kritisch gesehen, dafür aber mit dem berüchtigten „Väteraufbruch“, AGENS und der IGAF zusammengearbeitet. Und eine Ausstellung über häusliche Gewalt zum Beispiel boykottierte die Gleichstellungsbeauftragte. Nach längerem Hin und Her wurde die Männerfreundin vom Stadtrat als fehlbesetzt entlassen.

Das Medienecho war ebenso gewaltig wie verblüffend. Das sei eine Hexenjagd, lautete das einhellige Urteil von Zeit bis Stern. Kein Wort über Ebelings Verstrickungen mit der Maskulistenszene. Die Arme habe ihren Job verloren, weil sie „auch etwas für Männer und Jungen“ habe tun wollen. Einstimmig fielen die AutorInnen in Ebelings Lamento über diese dogmatischen Feministinnen ein, die ein Engagement für das andere Geschlecht eben nicht dulden wollten und die Verräterin darum drakonisch abgestraft hätten. Dass alle Parteien des Goslarer Stadtrats, inklusive der CDU, für Ebelings Absetzung gestimmt hatten – lediglich einige CDU-Herren hielten zu ihr – gab den JournalistInnen keineswegs zu denken. Das war im Mai 2011.

Im Juni 2011, einen Monat nach ihrer Rede auf dem Internationalen Antifeministenkongress der IGAF, beklagte Monika Ebeling in einem Artikel: Schuld an der gesellschaftlichen Misere sei eine „elitäre, weiße, weibliche Gruppe“, die Männer und Mannsein „nicht wertschätzt“. (Da sind sie wieder, die lesbischen Akademikerinnen. Und auch die Bolschewiki sowie das „Labor der Menschenzüchter“ aus der Jungen Freiheit lassen grüßen.) Diese elitären weißen Frauen hätten die Gesellschaft „kolonialisiert“ und „geschlechtsspezifische Inseln“ geschaffen. „In diesen züchten sie geheimbündlerisch und totalitär Totschlagargumente und Ressentiments gegenüber Männern, um sie aus der Gesellschaft zu verdrängen und ihnen eine Brache anzubieten.“ Ziel dieser „weiblichen Dominanzkultur“ sei die „Reduzierung, Domestizierung und Dressur des Mannes, genau gesagt: seine Entmündigung“. Wo dieser Text erschien? Im Debatten-Ressort des Focus natürlich.
Ressort-Chef Klonovsky dürfte sich gut verstanden haben mit seinem ehemaligen, inzwischen geschassten Chefredakteur Wolfram Weimer, vormals Cicero. Der kommt mit gebundenen Glaubensbekenntnissen wie „Credo. Warum die Rückkehr der Religion gut ist“ gern gottesfürchtig daher und schätzte seine Kollegin Christine Eichel so sehr, dass er die Cicero-Kulturchefin zum Focus mitnahm (Wo sie, gemeinsam mit ihm, wieder verschwand).

Die Vernetzung der vielfältigen antifeministischen Männerszene & Kumpaninnen ist aufschlussreich. Geschlechterforscher Hinrich Rosenbrock ist nicht der erste, der sie untersucht hat. Vor ihm haben das auch Soziologe Andreas Kemper mit seinem Buch „(R)echte Kerle“ sowie der Journalist Thomas Gesterkamp mit seiner Expertise im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung getan, Titel: „Geschlechterkampf von rechts. Wie Männerrechtler und Familienfundamentalisten sich gegen das Feindbild Feminismus radikalisieren“.

Die beiden Aufklärer, die, versteht sich, bei WikiMANNia als „linksradikal“ respekpektive „lila Pudel“ firmieren, haben das ganze Netzwerk – vom Journalisten bis zum Blogger, von (ex)linksradikal bis christlich-fundamentalistisch – aufgerollt und aufschlussreiche Querverbindungen aufgezeigt. Sie belegen, wie sich auf Kongressen mit Titeln wie „Neue Männer, muss das sein?“ die Antifeministen aller Couleur treffen – und das nicht selten unter öffentlich finanziertem Dach. So organisierte AGENS-Mitglied Karl-Heinz van Lier im Sommer 2009 im Auftrag der Konrad–Adenauer-Stiftung Mainz, deren Vorsitzender er praktischerweise ist, die Tagung „Ein Männeraufbruch ist überfällig!“ Es referierten gleich vier AGENS-Mitglieder, darunter Arne Hoffmann, sowie der zur Welt gewechselte Ex-taz-Redakteur Robin Alexander und Hartmut Steeb von der „Deutschen Evangelischen Allianz“. Übrigens, bevor wir’s wg. Irrelevanz vergessen: Auch die Welt ist seit Jahren eine Spielwiese der Maskulisten.

Sie alle schwadronieren mit den immergleichen „Argumenten“ in nahezu identischem Vokabular über immer dieselben Themen: die Verharmlosung und Leugnung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie Gleichstellungspolitik als „staatliche Bevormundung“ – bis hin zur von finsteren feministischen Geheimbünden verordneten „Entmännlichung“ des Mannes via Gender Mainstreaming. Auch ihre Methoden ähneln sich. Sie reichen von der konzertierten Aktion, um zum Beispiel massenhaft Kommentare unter unliebsamen Online-Artikeln zu posten (was im Fall Kachelmann ausgezeichnet funktioniert hat), über die massive Bedrohung von GegnerInnen, bis hin zur manipulativen Auslegung von Zahlen und Studien.

So behauptet zum Beispiel MANNdat unter Berufung auf eine Studie des bayerischen Landeskriminalamtes, dass „deutlich mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht“ würden. Bei näherem Hinsehen jedoch stellt sich heraus, dass diese Aussage keinesfalls Ergebnis der Studie ist, sondern die subjektive Einschätzung eines einzelnen Kommissariatsleiters. Tatsächlich kommt die Studie zu dem Schluss, dass nur 7,4 Prozent der Anzeigen als Falschbeschuldigung gewertet wurden.

Die mediale Aufmerksamkeit angesichts der Analysen von Kemper und Gesterkamp war beachtlich. Allerdings vor allem deshalb, weil beide einen gewohnten Trigger bedienten: Maskulismus = rechts. So galt die Aufregung in den Medien mehr der rechten Gesinnung der Maskulisten als ihrer Frauenfeindlichkeit.

Auch Hinrich Rosenbrock bestätigt den naheliegenden „Schulterschluss zwischen der antifeministischen Männerbewegung und der rechten Szene“. Doch er stellt ebenfalls fest: Die Sache ist komplizierter. Neonazis frönen einem Mutterkult, den die selbststilisierten „Scheidungsopfer“ der „arbeitsscheuen Hausfrauen“ rigoros ablehnen. Für die rechten Krieger wiederum ist die Definition des Mannes als Opfer des Feminismus nicht kompatibel mit ihrer Ideologie vom starken Mann. Rosenbrocks Fazit: „Die antifeministische Männerbewegung pflegt zwar teilweise eine inhaltliche Nähe zur Neuen Rechten, muss aber als eigenständige Bewegung gesehen werden.“ Ihr gemeinsamer Nenner: der Antifeminismus. Der geht nicht selten „bis hin zum blanken Frauenhass“.

Am 22. Juli 2011 zeigte sich auf erschütternde Weise, wohin die maskulistischen Männerfantasien im Extremfall führen können. „Der Niedergang der europäischen Zivilisation hängt davon ab, wie standhaft europäische Männer Widerstand gegen den politisch korrekten Feminismus leisten“, schrieb Anders Breivik in seinem Manifest. Dann erschoss er 69 Menschen. Laut Augenzeugen soll er als erstes auf die attraktiven Mädchen gezielt haben.

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