Fußball für Freiheit

Die afghanischen Nationalspielerinnen kämpfen um Freiheit - für alle Frauen.
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Sie stehen noch immer ganz oben auf den Todeslisten. Dass Frauen Sport treiben, gilt für die Taliban bereits an sich als Todsünde, aber dass Frauen es auch noch wagen, den Männersport Fußball zu spielen…

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Als die Taliban vor einem Jahr in Kabul einmarschierten, war den Frauen des afghanischen Nationalteams klar: Wenn sie uns kriegen, werden sie uns ermorden. Sie versteckten sich in Safe-Houses, nahmen Kontakt zur früheren Kapitänin Khalida Popal auf. Die war bereits 2016 wegen Bedrohungen durch die Taliban ins Exil nach Dänemark gegangen. Khalida Popal riet den Fußballerinnen, ihre Trikots zu verbrennen und alle Hinweise auf ihren Sport in den sozialen Netzwerken zu löschen.

Wir sind die Stimme der Stimmlosen.
Und wir bitten um Hilfe!

Nach vielen Jahren, in denen Frauenfußball in Afghanistan sichtbarer und akzeptierter wurde, musste in einem Handstreich alles ausradiert werden.

Popal organisierte sofort weitere Frauen in ihrem Netzwerk, darunter eine Menschenrechtsanwältin, um die Spielerinnen irgendwie herauszuholen. Gemeinsam schafften sie es, Australien dazu zu bewegen, den Spielerinnen Visa auszustellen und sie aufzunehmen. Eine Woche harrten die Spielerinnen am Flughafen aus, schließlich durften sie auf Druck der US-Marine in ein Flugzeug steigen. Erst ging es in ein Camp für Geflüchtete nach Dubai, dann endlich nach Australien.

Doch die Familien der Spielerinnen, die im Land geblieben sind, werden von den Taliban aufgespürt, bedroht. Die Last, sich für die Repressalien ihrer Angehörigen verantwortlich zu fühlen, wiegt schwer auf ihnen. Das Einzige, was ihnen hilft: Fußballspielen. Die Chance dazu gibt ihnen der Verein Melbourne Victory, der FC Bayern München des australischen Fußballs.

„Fußball, das waren all unsere Hoffnungen und Träume vereint“, sagt die Innenverteidigerin Mursal dem Nachrichtensender nTV. Ihre Familie konnte in den Iran fliehen, deswegen kann Mursal frei sprechen. „Fußball ist meine erste Liebe.“ Die hatte auch Mursals Familie anfangs nicht akzeptiert. „Fußball schickt sich nicht für ein afghanisches Mädchen“, hieß es. Von Fremden wurde Mursal auf dem Weg zum Training bespuckt. Doch sie ging stoisch weiter zum Training. Fußball, das war für sie Freiheit – und ist es auch heute.

Mit jedem Spiel schicken wir eine
Nachricht an alle Frauen und Mädchen

Das hat auch Australien verstanden. Der australische Verband lässt das Team schnell zu, die FIFA erteilt die Spielgenehmigungen, ein Top-Trainer wird engagiert. „Wenn wir das Fußballfeld betreten, schicken wir eine Nachricht an alle Mädchen weltweit“, sagt Mursal. „Wir sind die Stimme der Stimmlosen!“

Die Spielerinnen werden zum Symbol der Hoffnung für die Frauen Afghanistans. Aber sie wollen mehr. Sie kämpfen dafür, dass die Weltgemeinschaft nicht länger wegschaut, setzen mit jedem Spiel ein Zeichen. Denn Afghanistans Frauen, besonders die Mädchen stehen vor dem Hungertod, sind von Kinderarbeit und Zwangsheirat bedroht. Unter der Burka führen sie ein Schattendasein. Schule, medizinische Hilfe, ja ein menschenwürdiges Leben ist ihnen verwehrt. Es ist ein Krieg gegen Frauen, der in Afghanistan geführt wird. Nicht ein Krieg wegen Rasse oder Religion, sondern allein wegen des Geschlechts. Und die Welt schaut weg. Mursal: „Wir wollen der Welt sagen: Bitte helft ihnen, sie brauchen die Hilfe wirklich dringend.“  

Alice Schwarzer und EMMA – wollen helfen. Seit 1990 berichten wir kontinuierlich über das Schicksal der Afghaninnen. Und jetzt macht die Alice-Schwarzer-Stiftung zusammen mit der französischen Botschaft am 26. September eine Afghanistan-Konferenz in Berlin, auf der sie Afghaninnen eine Stimme gibt - und die deutsche Politik zur Hilfe auffordert.

Hier alles zur Afghanistan-Konferenz am 26. September in Berlin

 

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