Sensationelles Urteil: 100.000 Euro

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Der Vorsitzende Richter Siegfried Mielke (Foto Mitte) war sich der Signalwirkung dieses Urteils bewusst, ja genau darauf zielte er ab. „Die bisherigen Schmerzensgeld-Zahlungen an Missbrauchsopfer waren viel zu niedrig. Ein Umdenken muss her – mehr für die Opfer“, erklärte er. Denn „es darf nicht sein, dass Königshäuser für unerlaubte Fotos Hunderttausende Euros Schmerzensgeld gezahlt bekommen und Opfer von Vergewaltigungen mit beträchtlich weniger abgespeist werden!“

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Die heute 20-jährige Janine, die mit Ehemann und Kind lebt, kann das Geld bestens gebrauchen – doch mit dem Trauma wird sie für immer leben müssen. Der damals 29-jährige Nachbar hatte sie auf dem Schulweg überfallen, ihr einen Strick um den Hals gelegt und gedroht: „Wenn du schreist, bringe ich dich um!“ Nach der Flucht der Schülerin wurde der Vergewaltiger in seinem nur 400 Meter vom Tatort entfernten Elternhaus verhaftet. Wenig später fand die Polizei ein regelrechtes „Drehbuch“ für die Tat in seiner Wohnung: Er hatte das Mädchen lebenslang einsperren und missbrauchen wollen.

Psychiater stufen den Täter als hochgefährlichen Sadisten ein, der keine Reue zeigte („Hätte ich gewusst, wie toll das ist, hätte ich es schon früher getan.“). Dennoch konnte bei der Verurteilung keine Sicherheitsverwahrung verhängt werden, weil es das erste Mal war, dass der Täter auffällig bzw. straffällig geworden war.

Die Chancen sind groß, dass Janine das Geld auch bekommt. Der Täter stammt aus wohlhabendem Elternhaus und soll Immobilien besitzen. Aber schon 2017 könnte der 2009 zu zwölf Jahren Verurteilte bei der üblichen Begnadigung um ein Drittel der Strafe wieder frei sein.
EMMAonline, 5.2.2013

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