Verschwindet das Frauenklo?
Am 19. November war UN-„Welttoilettentag“. Ja, den gibt es. An diesem Tag soll angeprangert werden, dass weltweit 2,5 Milliarden Menschen unter unhygienischen Sanitärbedingungen leiden und dadurch oft krank werden. Doch auch im gemeinhin so sauberen Deutschland gab es am Welttoilettentag eine Protestaktion, wenn auch aus anderen Gründen.
Wer an diesem Tag zum Beispiel in Dortmund, Frankfurt oder München eine öffentliche Frauen-toilette aufsuchte, konnte an so mancher Türklinke einen lila Anhänger entdecken, mit Frauenzeichen und einer geballten Faust. In der Mitte steht: „Diese öffentliche Toilette ist seit 140 Jahren BESETZT für Frauen und Mädchen. Männer haben keinen Zutritt!“
Wer auch das Kleingedruckte auf der Rückseite liest, versteht, worum es geht: „Frauen wehren sich gegen die Einführung der Unisex-Toilette in öffentlichen Gebäuden.“ In sieben Städten startete die Initiative „Lasst Frauen sprechen!“ am „Welttoilettentag“ ihre Protestaktion. Grund: Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat seine Richtlinie für Sanitärbereiche novelliert und dort empfiehlt der VDI doch tatsächlich, „öffentlich und gewerblich genutzte Sanitärbereiche grundsätzlich so zu gestalten, dass eine geschlechtsunspezifische Nutzung gegeben ist“. Wie bitte?
Durften auch Fraueninitiativen Stellung nehmen? Offensichtlich nicht.
Wie der Verband sich so eine Nutzung vorstellt, erklärt er so: „Es empfiehlt sich die Berücksichtigung im Rahmen eines Universal-Design“. Im Klartext: Ein und dieselbe Toilette für alle. Denn: „Mit der Einführung des dritten Personenstands durch den Gesetzgeber sind neue Konzepte für Sanitärbereiche erforderlich.“
Wie kommen Ingenieure auf so eine abstruse Idee? Dank Beratung, und zwar, wie Thomas Wollstein, VDI-Mitarbeiter und Betreuer des Richtlinienausschusses erläutert, „von Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität“. Resultat dieser Beratung durch die Translobbyisten ist die neue Richtlinie. Durften auch Fraueninitiativen zu den Plänen der Ingenieure Stellung nehmen und ihnen erklären,wie sie den erzwungenen gemeinsamen Toilettengang mit Männern finden? Offensichtlich nicht.
Die Frauen meldeten sich nun lautstark zu Wort, nachdem die Richtlinie veröffentlicht worden war. „Bald keine Frauentoiletten mehr?“ fragte die Initiative „Geschlecht zählt!“ und rief zum Protest gegen die Richtlinie innerhalb der Einspruchsfrist 31. Oktober auf. „Es ist nicht hinnehmbar, dass das Gefährdungspotenzial von Frauen billigend in Kauf genommen wird, wenn diese sich infolge der geplanten Richtlinie die Toiletten mit Männern teilen müssen.“ EMMA berichtete und tatsächlich hagelte es Proteste.
Die Herren hatten sich "ganz weit vorne" gesehen. Doch es gab Shitstorms.
„Shitstorm auf Twitter, empörter Artikel in der Bild-Zeitung und EMMA, zig Protest-Mails an Präsident und Direktor des VDI, Webseiten mit vorformulierten Einsprüchen zu VDI-Richtlinien-Entwürfen“, klagte der VDI. Offenbar waren die Ingenieure überrascht vom Gegenwind. Die Herren hatten sich eigentlich „ganz weit vorne“ gesehen. Nun sah der VDI sich zu einer Erklärung genötigt: Der VDI wolle gar nicht „Männer- und Frauentoiletten durch Unisex-Toiletten ersetzen“. Er spreche lediglich „Empfehlungen aus, wie diese als Ergänzung aussehen könnten“. Die Sorge der Frauen und Mädchen sei „vollkommen unberechtigt“. Tatsächlich?
Schon jetzt, ganz ohne Richtlinie, werden unter dem Druck von Transaktivisten in Schulen und Universitäten, aber auch an Bahnhöfen und in Parks Frauentoiletten zu Toiletten für „alle Geschlechter“ umgewandelt – und so die Wünsche einer kleinen radikalen Minderheit über die Schutzbedürfnisse der Mehrheit der Bevölkerung gestellt: aller Mädchen und Frauen. Immer mehr regt sich dagegen Widerstand – wie zum Beispiel in Frankfurt, wo jüngst der umgebaute Südbahnhof mit einer Unisex-Toilette ausgestattet wurde. Nicht nur ältere Frauen beschwerten sich bei der städtischen Seniorenbeauftragten Margit Grohmann. „Welche Frau fühlt sich gut, wenn sie weiß, dass Männer ungehindert in denselben Toilettenraum marschieren können?“, fragt Grohmann. „Man muss doch nicht ohne Not ein weiteres Feld eröffnen, auf dem sexuelle Belästigung stattfinden kann.“
Auch um die Abschaffung getrennter Frauen- und Männertoiletten am Alsteranleger „Alte Rabenstraße“ in Hamburg tobt eine Debatte. Als „völlig gaga“ bezeichnete sogar Peter Gutzeit, Co-Sprecher der Hamburger Linken, das unrealistische „Unisexklo“. „Gendertoiletten sind da in Ordnung, wo sie als Zusatzangebot geschaffen werden“, erklärt Gutzeit. „Aber solange es Gewalt gegen Frauen gibt, muss es auch geschützte Toilettenbereiche
für Frauen geben!“ So ist es.
Der Kampf von Frauen um eigene Toiletten hat übrigens Tradition. Er begann Ende des 19. Jahrhunderts mit der Ersten Frauenbewegung, die aus dem Haus in die Welt strebte, draußen aber keine Toiletten vorfand. Die „Urinary Leash“ sorgte dafür, dass Frauen ihren Aktionsradius kaum erweitern konnten, weil die – unsichtbare, aber sehr effektive – „Toiletten-Leine“ sie ans Haus band. Der Kampf um eigene Toiletten war also ein Kampf für das Recht auf Bewegungsfreiheit und Sicherheit im öffentlichen Raum.
In der Zweiten Frauenbewegung legten die holländischen „Dolle Minas“ in dem Sinne los. Als eine ihrer ersten Aktionen verschlossen sie 1970 in Amsterdam die Männertoiletten mit rosa Bändern und stellten eine selbstgebaute Frauentoilette neben einem ebenfalls selbstgebauten Riesenpenis auf. Denn: In Amsterdam gab es zwar sehr viele öffentliche Urinale für die Herren, aber keine einzige Toilette für die Frauen.
Der VDI wäre, ebenso wie die Schulen, Unis und Stadtverwaltungen, die es „modern“ finden, genderneutrale Toiletten einzuführen, auch gut beraten, einen Blick nach England zu werfen. Dort baut man die Unisex-Toiletten nach zahlreichen Protesten von Frauen gerade wieder zurück.
Es mehrten sich Berichte aus Schulen, in denen Mädchen nichts mehr tranken, um nicht mit Jungen die gleiche Toilette benutzen zu müssen. Im Juli 2022 verkündete die britische Baubehörde: „Alle neuen Gebäude müssen mit separaten Toiletten für Männer und Frauen ausgestattet sein.“ Denn: „Es ist entscheidend, dass sich Frauen sicher und wohl fühlen, wenn sie öffentliche Toiletten benutzen, und dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.“