Endlich was tun!

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Liz Busch wird demnächst zur Queen gekrönt. Nein, ihre Namensvetterin im Buckingham Palace hat nicht abgedankt. Die Zeremonie findet auch nicht in London statt, sondern in Hohoe. Hohoe liegt in Ghana, 150 Kilometer von der Hauptstadt Accra entfernt und ist der momentane Wohnort der Deutsch-Britin. Liz Busch wird als künftige Königin auch nicht wirklich regieren. "Königinnen sind ghanaische Frauen, die sich aktiv für die Entwicklung ihrer Community einsetzen", erklärt sie. Und genau das tut die 58-jährige "british grandmother" seit drei Jahren.

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Im Frühjahr 2006 hatte Busch in Hohoe das Projekt "Kid's Corner" gegründet: ein "After School Educational Centre", in dem Mädchen und Jungen finden, was ansonsten Mangelware ist – Bücher und Stifte, Fußbälle und Springseile – und einen geschützten Raum zum Lernen und Spielen, an dem sie niemand schlägt.

Eigentlich wollte Liz nur sechs Wochen in Ghana bleiben, um dort als "volunteer" an einer Grundschule zu arbeiten. Schon in den 70ern hatte die Frau, der ihr eigener Vater einst die Uni verbot, in London "Englisch als Fremdsprache" unterrichtet und dazu indische Frauen, die isoliert in ihren Wohnungen vegetierten, zu Hause besucht. Später hatte sie in deutschen Unternehmen Business-Englisch unterrichtet.

Die Primary School von Hohoe ist eine sehr andere Welt: "Zwei SchülerInnen müssen sich einen Stift teilen. Man bringt den Kindern zwar Schreiben bei, aber ein Blatt Papier ist zu wertvoll, als dass ein Kind es für einen Brief 'verschwenden' dürfte. Der Computerunterricht, der auf dem Lehrplan steht, findet ohne Computer statt. Der Lehrer zeichnet einen Computer an die Tafel und die SchülerInnen zeichnen ihn ab." Als die sechs Wochen zu Ende sind, weiß Volunteer Busch, dass sie zurückkommen will.

Die Ex-Ingenieursgattin, die mit 18 das erste von vier Malen geheiratet hatte ("um meinen Vater zu ärgern"), war Managerin bei Mars, Bio-Bäuerin und Kurzfilmerin. Jetzt also Projektmanagerin in Ghana.

Schon ein paar Wochen später öffnet Liz' "Kid's Corner" ihre Pforten. Drei Jahre später ist das Projekt zum Treffpunkt der Kinder von Hohoe geworden. Über 3.500 Mädchen und Jungen kommen regelmäßig in das Zentrum, das nicht nur einen ruhigen Platz zum Lesen und Lernen bietet, sondern auch Filmnachmittage oder Fußballturniere ("Ghanaische Jungen UND Mädchen LIEBEN Fußballspielen!").

Ruby Kulafe hat die Mitgliedsnummer 001. Die heute 13-Jährige war die allererste, die das Zentrum betrat. "Als sie zu uns kam, ging sie nur unregelmäßig zur Schule", erzählt Busch. Rubys Vater ist tot, ihre Mutter arbeitet in einer Bar im Norden Ghanas. Das Mädchen lebt bei ihrer Tante, einer Gemüsehändlerin. Die "Kid's Corner" hat einen deutschen Paten für Ruby gefunden. "Wenn sie jetzt ein Schulbuch oder eine neue Schuluniform braucht, kommt sie zu uns und muss nicht aus dem Unterricht, bis sie das Geld für ihre Schulausgaben verdient hat." Ruby möchte Journalistin werden.

Sie ist nicht die einzige, die durch das "student sponsorship programme" der "Kid's Corner" eine Ausbildung bekommt. Für begabte SchülerInnen macht sich Liz Busch auf die Suche nach Sponsoren, "wobei wir besonders die Mädchen fördern". Auch Leticia Donkor ist eins dieser Mädchen. "Als wir sie kennenlernten, arbeitete sie 13 Stunden am Tag in einem Hotel, an sieben Tagen die Woche, für zwölf Euro im Monat." Jetzt geht die 19-Jährige auf eine Schule für Krankenpflegerinnen.

Liz Busch hat übrigens selbst eine Tochter. Die ist 30 und ziemlich berühmt. Sie heißt Charlotte Roche. Vor sieben Jahren hatten Mutter und Tochter gemeinsam in der EMMA-Redaktion gesessen und über ihre Männer, ihre Mutter-Tochter-Beziehung und Feminismus diskutiert (EMMA 3/2001).

Seither sind Mutter und Tochter sehr unterschiedliche Wege gegangen. Die Tochter schrieb "Feuchtgebiete". Die Mutter ging nach Ghana: "Ich war an einem Punkt, an dem ich keine Entschuldigungen mehr gefunden habe, es nicht zu tun."

Am 27. Dezember 2008 wird Liz Busch nun zur Königin gekrönt. Ihr genauer Adelstitel wird lauten: "Queen Mother of Santrokofi". "It is rather strange for me as a life-long British-Royal-Family-Gegner to be given this title", schreibt Liz Busch in entzückendem Denglisch. "Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass ich diese Ehrung hätte ablehnen können …" Ehre wem Ehre gebührt.

www.cdp-ghana.de
www.our-children.org

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"Ohne dich wäre ich nicht ich" - Alice Schwarzer im Gespräch mit Charlotte Roche und ihrer Mutter Liz Busch. (3/01)

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