Barbara Slowik: Die Polizeichefin

Polizeipräsidentin Barbara Slowik 2019 beim "Tag der Offenen Tür" der Berliner Polizei. - Foto: Christian Ditsch/imago images
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Als der Innensenator sie am 10. April 2018 in ihrem Amt einführte, erregte das außerhalb der Hauptstadt wenig Aufmerksamkeit. Dabei war die Ernennung von Barbara Slowik zur Polizeipräsidentin eine echte Sensation, auf jeden Fall ein historisches Ereignis. Zum ersten Mal in der Geschichte Berlins trat eine Frau an die Spitze der Polizei – an den Männerbund, der erst seit 1978 – nach langen, quälenden Debatten – bereit war, seine Reihen für Polizistinnen zu öffnen.

Mittlerweile liegt der Anteil der Frauen bei den uniformierten Polizisten bei rund 20 Prozent. Dass die Zahl gerade in Berlin kontinuierlich zunimmt, ist Barbara Slowiks Verdienst. Sie macht ihre Behörde nicht nur immer jünger und diverser, sondern auch immer weiblicher. Sie selbst ist von Beruf keine Polizistin, wie viele Polizeichefs. 1966 in Berlin geboren und aufgewachsen in einem Dorf bei Ravensburg, studierte sie Jura und promovierte mit Auszeichnung. Die Rechtswissenschaft hat in ihrer Familie Tradition. Vater, Großvater, Urgroßvater – alle waren Verwaltungsjuristen in Berlin.

Ab 1994 arbeitete sie in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres. 2002 wechselte sie in das Innenministerium, wo sie 2010 die Leitung des Referats für Grundsatz- und Rechtsangelegenheiten der Terrorismusbekämpfung übernahm. In der Berliner Polizeiarbeit geht es auch um die Abwehr von Terror, vor allem aber im großen Maße um Kriminalität, die explizit männlich ist. So verzeichnete die Kriminalitätsstatistik 2019 eine deutliche Zunahme bei den „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Und Ende März machte Barbara Slowik öffentlich, dass seit Ausbruch der Corona-Krise die häusliche Gewalt statistisch um zehn Prozent zugenommen habe – von der Dunkelziffer ganz zu schweigen.

„Die Polizei – Dein Freund und Helfer“ – gerade in diesen Tagen kann der oft belächelte, wenn nicht gar verhöhnte, Slogan ein Garant fürs Überleben sein. Das scheint all jenen, die der tazKolumnistin applaudierten, die die „Abschaffung der Polizei“ fordert und sie als „Müll“ bezeichnet, nicht bewusst zu sein. Polizeipräsidentin Slowik jedenfalls reagierte auf die Diffamierung entsetzt. „Auch unsere Würde ist unantastbar“, erklärte sie.   Barbara Slowik, verheiratet mit einem Hochschullehrer und Mutter eines 20-jährigen Sohnes, besucht regelmäßig die Basis, um sich mit den Beamtinnen und Beamten auszutauschen. Schon ein Jahr nach ihrer Amtseinführung hat sie mehr Reformpläne auf den Weg gebracht als andere Polizeipräsidenten in ihrer gesamten Amtszeit. Zu ihren Plänen gehört die Einrichtung einer Einsatzhundertschaft für Kriminalitätsschwerpunkte wie dem Alexanderplatz.

Beim Vorpreschen schlägt ihr ein scharfer Wind entgegen. So wurde die Befürchtung laut, durch die Konzentration auf die Hotspots könnte der Kampf gegen die alltägliche Kriminalität vernachlässigt werden. Aber mit Kritik umgehen gehört zu ihrem Alltag, auch innerhalb ihrer Behörde. Denn auch in der Polizei gibt es demokratiefeindliche Kräfte, die die Ordnung bedrohen, die sie schützen sollen. An der Polizeiakademie tauchten Schmierereien von Hakenkreuzen, ausländer- und islamfeindlichen Sprüchen auf. Dank des scharfen Eingreifens der Präsidentin ist es ruhiger geworden. Als eine Hundertschaft ein fragwürdiges Aufnahmeritual mit sexistischen Sprüchen durchführte, leitete sie  Disziplinarverfahren ein. Das neue Antidiskriminierungsgesetz, das nun in Berlin vor Rassismus der Behörden schützen soll, hält sie für ein „Misstrauensvotum“. Schon vor dem Gesetz sei es möglich gewesen, sich über Diskriminierungen zu beschweren. Zudem erwarte sie, dass Clan-Mitglieder, die auch in Berlin endlich in den Fokus der Ermittler geraten sind, künftig „reflexhaft den Vorwurf der Diskriminierung erheben“.

Wehrhaft ist die Polizeipräsidentin auch privat. Vor einiger Zeit habe jemand auf dem Ku’damm versucht, ihr die Handtasche zu klauen. Der Dieb hat natürlich den Kürzeren gezogen.

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