Brief aus Iran: Gefährlicher Traum von

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EMMA wurde vielfach gefragt, wie es nun unserem Freundinnen und Freunden im Iran ergangen ist, am 12. Juni, dem Tag des Protestes gegen die manipulierten Wahlen. Nachfolgend der Bericht an EMMA der "Feministischen StudentInnen", mit denen wir seit fünf Jahren in Verbindung stehen.

Liebe Schwestern,

zunächst möchten wir uns für eure Unterstützung bedanken. Sie hebt unsere Stimmung und die von vielen jungen Menschen, die hier in der Dunkelheit Irans von Freiheit träumen. All denen, die sich für dieses Land Demokratie wünschen, gebt ihr einen Hoffnungsschimmer und den Glauben daran, dass unser Streben eine Zukunft hat. Ihr gebt uns ein Licht am Ende des Tunnels und zeigt uns, dass es Menschen da draußen in der Welt gibt, die unsere Situation verstehen.
Die vermehrte Präsenz der einheimischen Sicherheitskräfte und der Basij („Revolutionswächter“) auf den Straße von Iran im Vorfeld und während des Jahrestages der manipulierten Wahlen vom 12. Juni 2009 machten es uns unmöglich, an diesem Tag zu demonstrieren, wie wir es eigentlich geplant hatten. Stattdessen gab es, trotz allem, an den folgenden Tagen Proteste an den Universitäten, die zur Folge hatten, das viele Menschen in Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften verletzt und etwa 900 verhaftet wurden – und das sind nur die, von denen wir wissen!
Die Sicherheitskräfte demonstrierten verstärkt Präsenz durch Manöver mit Polizeiautos, Motorrädern, aber auch zu Pferd. Geheimpolizei in Zivilkleidung war auf den Straßen Teherans und verbreiteten Angst und Schrecken.
Am 10. Juni wurden die beiden Anführer der Protestbewegung, Moussavi und Karroubi, gegen ihren Willen gezwungen, die geplanten Demonstrationen abzusagen. Sie hatten von offizieller Seite keine Genehmigung für die Demos bekommen und erklärten nun, sie hätten sich entschlossen, „den Verlust von Menschenleben und Beschädigung von Eigentum zu vermeiden“. Gleichzeitig verkündeten sie, dass die „Protestbewegung“ noch immer lebendig sei und forderten ihre Unterstützerinnen und Unterstützer auf, auf friedliche Weise zu protestieren.
Der Grund für die Absage der Proteste waren die Todesdrohungen, die die Verantwortlichen und ihre Familien in den letzten Wochen erhalten hatten. Außerdem erhielten iranische BürgerInnen am 12. Juni einschüchternde SMS von Sicherheitskräften, in denen sie gewarnt wurden, auf die Straßen zu gehen. Der Wortlaut: „Geehrter Mitbürger, Sie werden von den ausländischen Medien irregeleitet und sie agieren in deren Namen. Gemäß der Regeln des islamischen Gesetzes werden Sie bestraft werden, wenn Sie diese Aktivitäten (Proteste etc.) fortführen.“
Die Iranische Regierung verletzt damit auch die aus seiner Mitgliedschaft im „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ (ICCPR - International Covenant on Civil and Political Rights von 1966) entstehende Verpflichtung, dass Staaten die Rechte des Individuums - wie das Recht auf Leben, Unversehrtheit, den Schutz vor willkürlicher Festnahme, Haft, Ausweisung, Gedankenfreiheit, das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung sowie das das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit – zu respektieren haben.
Das Iranische Regime verwendet diese schikanösen Taktiken und Drohungen, um die in unserer Mitte brennenden Flammen auszulöschen. Doch in der Asche ist noch Glut, und das nächste Mal wird sich das Feuer noch weiter ausbreiten.
Liebe Schwestern, wir haben euch bereits über die akribischen Vorbereitungen unserer diktatorischen Führung, die Proteste zu unterdrücken, im Vorfeld berichtet. Sie hat es wieder einmal geschafft, die Stimmen, die sich zum Protest erhoben hatten, zum Schweigen zu bringen, indem sie rohe Gewalt und Schreckenstaktik angewandt hat. Aber wie lange kann das noch gehen? Wie lange werden sie weitermachen und uns unterdrücken – und die Welt sieht zu.
Die freie Welt hat die Macht, dem iranischen Regime klarzumachen, dass die Taten gegen das eigenen Volk eine eklatante Verletzung internationaler Gesetze darstellt. Nur: Hat die Welt auch den Willen dazu? Wir bitten euch um eure Hilfe, diesen Protest an alle PolitikerInnen, deutsche oder europäische, weiterzuleiten, die eine Debatte zu diesem Thema vor dem UN-Menschenrechts-Gerichtshof anstoßen können.
Wir hoffen auf eine bessere Zukunft

Feministische StudentInnen in Iran, feminist-stud-iran(at)asiamail.com

EMMAonline, 26.6.2010

Protestieren

Botschaft der Islamischen Republik Iran in Berlin,

iran.botschaft@t-online.de ,
Iran Air Deutschland, Geschäftsleitung,

rajabi@iranair.com,

info@iranair.deIran Aseman Airlines,

info@iaa.irKish Air, Kontaktformular
Mahan Air, Deutschland:

dus@office.mahanairlines.com Auswärtiges Amt, Kontaktformular

Demos

http://12june.org/?p=236
www.iran-now.net

In EMMA u.a. zum Thema:

Der Widerstand ist weiblich (1/10)
Die Hilferufe werden lauter (2/09)
Terrorwelle im Iran (4/07)
Ein Brief aus dem Iran (4/07)
Shirin Ebadi im Gespräch mit Alice Schwarzer (3/06)
Shirin Ebadi: "Ich habe keine Angst!" (3/06) 
Hilferuf aus dem Iran (5/05)
Die Betrogenen (5/79)
EMMA-Kampagne Islamismus

Zum Weiterlesen:

Alice Schwarzer (Hrsg)
'Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz'
Kiepenheuer & Witsch, TB, 2002
(Erhältlich im EMMA-Shop)

Iranerinnen im Internet

www.sign4change.info/english
www.feministschool.com
www.meydaan.com
www.shabakeh.de
www.iran-women-solidarity.net/spip.php?rubrique6

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