Alice Schwarzer schreibt

Warum geht Melinda Gates?

Das Noch-Ehepaar Melinda und Bill Gates. Foto: Xinhua/IMAGO
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Am 3. Mai 2021 reichte Melinda Gates einen Antrag auf Scheidung ein. Begründung: „unheilbare Zerrüttung“ der Ehe. Sie soll die Scheidung seit 2019 mit ihren Anwälten vorbereitet haben.

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Was war da passiert? Was kann eine Frau, die seit 27 Jahren nicht nur mit dem viertreichsten Mann der Welt verheiratet ist und mit ihm drei knapp erwachsene Kinder hat, sondern auch mit ihm eine von ihr initiierte Milliarden-Stiftung betreibt, die – so heißt es – Millionen Menschen das Leben gerettet hat – was kann so eine Frau dazu bewegen, sich scheiden zu lassen? Ein paar Flirtversuche bzw. Verhältnisse in der eigenen Firma? Eine andere Frau? Wohl kaum. Es ist die Zeitenwende!

Die Zeiten sind einfach vorbei, in denen Frauen so etwas hinnahmen. Etwas, was noch vor 20, ja 10 Jahren hüstelnd unter den Teppich gekehrt worden wäre. Nach MeToo ist nicht vor MeToo. Selbst die mächtigsten Männer der Welt können sich nicht mehr alles erlauben.

Jeffrey Epstein (li.) und Bill Gates einträchtig nebeneinander.
Jeffrey Epstein (li.) und Bill Gates einträchtig nebeneinander.

Was aber hat Bill Gates sich erlaubt? Er verkehrte seit 2011 mit dem damals schon als pädosexueller Sexualverbrecher verurteilten Jeffrey Epstein. Und obwohl seine Frau Melinda ihn 2013 gebeten haben soll, den Kontakt abzubrechen, machte er weiter bis 2017.

„Ich habe ihn getroffen. Ich hatte aber keine Geschäftsbeziehung oder Freundschaft mit ihm“, erklärte Gates dem Wall Street Journal. Nun ja. Gates verkehrte in dem Townhouse von Epstein, in dem männlichen Gästen zum Drink Minderjährige serviert wurden, und hat mindestens einmal auch dort übernachtet. Im März 2013 flog Bill Gates sogar mit in dem berüchtigten „Lolita Express“, wohin auch immer. Mit dem „Lolita Express“ pflegte Epstein seine „Freunde“ in der Regel auf seine Privatinsel zu transportieren, wo er mit Hilfe seiner Komplizin Ghislaine Maxwell junge Mädchen wie Sklavinnen hielt. Die mussten ihm und seinen Gästen zu Willen sein. Einer der dort gern gesehenen Gäste war Ex-Präsident Bill Clinton.

Jeffrey Epstein ist inzwischen tot. Er wurde am 10. August 2019 leblos in seiner Gefängniszelle gefunden. Unter höchst merkwürdigen Umständen. Der von seiner Familie bestellte Gutachter, der renommierte Pathologe Dr. Michael Baden, der in seinem Leben schon über 2.000 echte oder angebliche Selbstmörder obduziert hat, erklärte nach der Untersuchung von Epsteins Körper entschieden: Das ist kein Selbstmord, sondern Mord. Der Mann habe sich nicht erhängt, sondern sei erwürgt worden.

Komplizin Maxwell tauchte zunächst unter, sitzt aber inzwischen in Untersuchungshaft. Im November soll der Prozess beginnen. Nicht wenige sind mächtig gespannt auf ihr „Little Black Book“, in dem die Namen von Epsteins „Gästen“ notiert sein sollen.

Kurzum: Geschichten aus der Welt von Verschwörungstheoretikern – nur: Sie sind wahr. Und sie sind schon lange wahr. Dass sie jetzt erst auffliegen und als skandalös gelten, das ist dem Zeitenwandel zu verdanken.

Am 5. Oktober 2019 schrieb die dreifache Mutter Melinda Gates im Time Magazine: „Obwohl die meisten Frauen jetzt Vollzeit arbeiten, schultern wir immer noch den Großteil der Familienarbeit; wir sind mit weitverbreiteten sexuellen Übergriffen konfrontiert; wir sind umgeben von stereotypen Geschlechterbildern, die schädliche Geschlechternormen fördern.“

Eine Woche später, am 12. Oktober 2019, veröffentlichte Time einen Artikel über Gates und Epstein, in dem noch mehr stand, als seine Ehefrau bis dahin schon zu wissen schien. Das soll der Auslöser gewesen sein. Ms. Gates bereitete mit ihren Anwälten die Scheidung vor.

Es geht um 170 Milliarden Dollar. Milliarden. Sie soll zurzeit mit ihren zwei Töchtern und dem Sohn – die alle drei zur Mutter halten – vor den Medien auf eine karibische Insel geflohen sein. Er soll sich zurückgezogen haben in eines seiner Häuser in einem Golfclub in Kalifornien.

Aber die Bills dieser Welt können sich nicht mehr verstecken. Die Hillarys schweigen zwar noch. Aber ihre Töchter, die Melindas, sind zu stark und zu stolz. Sie kündigen jetzt den Pakt des Schweigens auf.

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