Die lieben KollegInnen 2005

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Der Gründer der FAZ war für die Klage gegen den Stern wg. sexistischer Titelbilder – und hat das nur Inge Meysel gestanden.

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Verleihung des Deutschen Fernsehpreises im Kölner Coloneum. Die Zeit verging zwar nicht im Fluge, aber sie verging. Es traten Frauen wie Alice Schwarzer auf, die den Sieg von Maybrit Illner (‚Berlin Mitte‘ im ZDF wurde beste Informationssendung) als Sieg für alle Emmas wertete. Süddeutsche Zeitung, Christopher Keil

Hans Eichels Amtszeiten standen stets im Zeichen des Kampfes für die Gleichberechtigung der Frau und gegen die Atomkraft. Wobei der Mann niemals leidenschaftlich an Alice Schwarzers Seite oder im Demonstrantenpulk in Brokdorf für die Inhalte gestritten hat. Lieber hat er den Kasseler Magistrat geschlechterparitätisch besetzt. Der Tagesspiegel, Antje Sirleschtov

Während im Sommer die Bild-Zeitung in rosa Lettern fragte: „Wie schwul ist Deutschland?“, interessiert sich anscheinend kein Mensch für die Frage, wie lesbisch Deutschland eigentlich ist. Alice Schwarzer hat unlängst im Editorial der Emma zu Recht nach hochrangigen lesbischen Politikerinnen gefragt und ihre Antwort gleich mitgeliefert: Der gesellschaftliche Druck auf Frauen sei eben ungleich größer als der auf (schwule) Männer. (…) In Deutschland hingegen ist der eigentlich längst überholte Differenzfeminismus aus den Siebzigerjahren immer noch populär. (…) Während der queere Genderansatz für eine Gleichberechtigung der „konstruierten“ Geschlechter eintritt, besteht der Differenzfeminismus auf der Besonderheit der Frau an sich: und damit zugleich auf ihren Status als Opfer. Alice Schwarzer, wichtigste Akteurin dieser Perspektive, vertritt die These, dass Kultur, Gesellschaft und Sport nicht nur von Männern dominiert werde, sondern auch von Männerliebe. taz, Katrin Raetz
Anm.d.Red.: Im Gegenteil, Alice Schwarzer ist seit Anfang der 70er Jahre eine entschiedene Gegnerin des Differenzfeminismus und uneingeschränkte Befürworterin der Gleichheit der Geschlechter.

Alice Schwarzer ist für mich das klassische Beispiel einer Spießerin. Sie hat dafür gesorgt, dass der Feminismus verblödet ist. Wenn die auf einen trifft, der ihr widerspricht, wird sie ganz huschig, das versteht sie gar nicht, weil sie doch immer auf der richtigen Seite steht. Frau Schwarzer ist deshalb eine Spießerin, weil sie niemanden neben sich haben kann, vor allem keine Frau. Katharina Rutschky im Interview in Chrison
Anm.d.Red.: Katharina Rutschky ist die Autorin des Buches ‚Erregte Aufklärung‘ und Erfinderin des Begriffs vom „Missbrauch des Missbrauchs“.

Frage: Was mögen Sie an Alice Schwarzer? Franka Potente: Dass sie sich über viele Jahre die Courage bewahrt hat, ohne zynisch zu werden. Ich finde sie in ihrem Kampfgeist sehr authentisch. Ich habe auch schon andere Leute getroffen, die für etwas stehen, und als ich die näher kennen gelernt habe, bin ich das Gefühl nicht losgeworden, dass das alles nicht so richtig stimmt. Dass es eine Trennung zwischen privater und öffentlicher Person gibt. Aber Alice ist wirklich so. Sie hat wirklich ein Anliegen. Sie ist wirklich kämpferisch. Und sie ist offen. Es macht Spaß, mit ihr zu diskutieren. Franka Potente im Interview in Brigitte

Solche leicht vergilbten Blätter sind schon ein zierliches Stück bundesrepublikanischer Geschichte. Ihnen hat Inge Meysel die Post beigelegt, die sie zur Klage und zum verlorenen Prozess um die als ehrenrührig empfundenen Titelfotos des Stern erhielt. Unter dieser Post findet sich auch ein Brief – hübsches Aperçu der Historie – von Erich Welter, dem Gründungsherausgeber dieser Zeitung, an die „Sehr verehrte Frau Meysel!“: „Ihre Aktion fand ich bewundernswert. Auch wenn Sie den Prozess nicht weiterführen, haben Sie viel erreicht.“ Erich Welter „missfällt der Urteilsspruch“, und deshalb übersendet er ihr „mit diesem Brief einen kleinen Beitrag eines Geistesarbeiters zu den Ihnen entstandenen Auslagen“. Es dürfte sich hier um die erste belegbare Annäherung eines Mitglieds dieser Zeitung an den deutschen Feminismus der Alice Schwarzer handeln. FAZ, Rose-Marie Gropp

EMMA Januar/Februar 2005

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