Film "Mitra": Über die Schuld der Opfer

Jasmin Tabatabai als Haleh, die auf Rache sinnt, und Shabnam Tolouei als Sareh.
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Der Konflikt geht weiter über das Drama des Iran hinaus. Es sind fast 40 Jahre vergangen – da begegnet die inzwischen in den Niederlanden lebende Iranerin Haleh der Frau, die sie für die einst beste Freundin ihrer Tochter hält. Diese Freundin hatte 1981 im Iran ihre Tochter und ihren Bruder verraten. Die Tochter wurde hingerichtet, der Bruder kam sechs Jahre lang in das berüchtigte Evin-Gefängnis, er überlebte die Folter.

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Was werden die Geschwister tun? Werden sie die Frau zur Rechenschaft ziehen? Werden sie sie anzeigen? Oder gar an „die Organisation“ verraten? Letzteres sind die Mudschahedin, die Khomeini einst bejubelt und dann bekämpft haben. Auch sie sind Islamisten – aber auch Marxisten, was es nicht besser macht. Und sie haben sich auch im Exil organisiert. Sie wollen Rache.

Alle drei HauptprotagonistInnen sind beklemmend überzeugend in ihren Rollen: die Mutter, eine aktive Menschenrechtlerin, gespielt als 30- und als 70-Jährige von Jasmin Tabatabai; der Bruder, im Film wie im Leben der Songwriter Mohsen Namjoo; sowie die vermutliche Verräterin, die Schauspielerin Shabnam Tolouei. Regisseur Kaweh Modiri weiß, wovon er spricht. Auch seine Familie ist vor dem Gewaltregime ins Exil geflohen, seine Mutter war jahrzehntelang in dem Albtraum gefangen, der Verräterin ihrer Lieben wieder zu begegnen.

Auch die Familie von Jasmin Tabatabai, die einen iranischen Vater und eine deutsche Mutter hat, hat es vorgezogen, die Heimat des Vaters fluchtartig zu verlassen. Doch es leben noch viele Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins dort. Dennoch hat die 1967 in Teheran geborene Schauspielerin und Sängerin nie gezögert, Farbe zu bekennen. So war sie in Katja von Garniers frühfeministischem Film „Bandits“ die freiheitsliebende Rebellin; und in Angelina Maccarones „Fremde Haut“ die lesbische Frau, die sich als Junge verkleidete. Beides dürfte den Mullahs so wenig gefallen wie den hiesigen Islamisten.

Und schon gar nicht „der Organisation“. Ihre Methoden zeigen, wie Opfer auch Täter werden können – etwas, das Haleh und Mohsen zu vermeiden suchen. Was nicht einfach ist.

Filmstart „Mitra“: 18. November 2021

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