Kleine Puppe gegen das große Tabu

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Barbie hatte ja wirklich alles: eine überbordende Garderobe, ein Pferd, eine Limousine und eine Villa. Einige gar außergewöhnliche Jobs wie Rennfahrerin, Astronautin und Soldatin. Sogar das Bundeskanzlerinnen-Amt hatte sie schon inne: Als Merkel-Barbie.

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Eines hatte Barbie noch nie: ihre Tage. Schade, denn: Wenn selbst Barbie ... dann kann das doch eigentlich gar nicht so schlimm sein, oder? Die Menstruation - eigentlich das normalste der Welt - ist auch im Jahr 2015 für viele Mädchen ein Tabuthema. Etwas, wofür sie sich schämen.

Menstruation: 
Kein Grund sich zu schämen!

Die Macher der Barbie-Konkurrenz Lammily haben das begriffen. „Ich habe schon Horror-Storys von Mädchen gehört, die dachten, sie sterben während ihrer ersten Periode“, sagt Lammily-Schöpfer Nickolay Lamm. Deshalb bekommt Lammily jetzt das erste Mal ihre Tage.

Vor etwas mehr als einem Jahr war die Spielpuppe eine bloße Idee, die der Grafiker aus Pittsburgh sich via Crowdfunding finanzieren lassen wollte: Eine Barbie, nur mit realistischen Körpermaßen. Innerhalb kürzester Zeit hatte Lamm über 13.500 UnterstützerInnen im Netz, die 19.000 dieser Puppen vorab bei ihm bestellten. Von den rund 500.000 Dollar, die dabei zusammenkamen, ließ er die Puppe produzieren. Mit dem Körper einer Durchschnittsamerikanerin, also 1,63 Meter groß und 68 Kilo schwer. Einem Aufkleber-Set, mit dem Mädchen Lammily mit allem ausstatten können, was Frau halt so hat: Cellulite, Pickel, Schwangerschaftsstreifen. Und neuerdings auch mit einem Tage-Set: einer Unterhose, 19 bunten Binden, einer Info-Broschüre mit dem Titel „Period Party“ und einem Menstruations-Kalender mit Stickern.

Lamm sagt: „Wir wollten gar keine so große politische Sache daraus machen. Das ist doch etwas, was zum normalen Leben dazugehört.“ Stimmt. Nur nicht für die echte Barbie. Eine Frau mit solchen Körpermaßen wäre ohnehin so hochgradig magersüchtig, dass sie ihre Tage wahrscheinlich gar nicht bekommen würde.

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Menstruation: Dies ist mein Blut!

Foto: Rupi Kaur
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Eine Ausstellung, nur für die Tante! Wie, die Tante? Na, die Tante! Okay, deutlicher formuliert: Periode! Menstruation! Monatsblutung! Noch bis zum 31. Mai findet im Berliner Artistania Atelier eine multimediale Ausstellung statt, in der sich 50 Künstlerinnen und Künstler zwischen 20 und 85 Jahren mit der Menstruation befassen. „Hic est sanguis meus“ ist der Titel der Ausstellung, eine Anspielung auf die Worte, die Jesus in der Bibel beim letzten Abendmahl zu den Aposteln spricht: Dies ist mein Blut … das für euch und für alle vergossen wird.

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Frauen schweigen übers Thema Bluten ja eher beschämt. Die Tage sind kein Thema. Mit dieser Tabuisierung eines unausweichlichen Geschehens für Frauen in den fruchtbaren Jahren beschäftigt sich auch die Kampagne Stop #Menstruphobia. Die Macherinnen des Ruby Cups räumen auf mit Menstruationsmythen, zum Beispiel mit diesem: Prämenstruelles Syndrom ist doch nur eine Einbildung! Ach, wirklich?

Eine schlafende Frau mit einem Blutfleck auf der Hose: Gelöscht!

Wie tief das Tabu Menstruation sitzt, zeigte kürzlich auch die Plattform Instagram. Die Betreiber löschten das Foto einer Fotografin, das eine schlafende Frau mit einem Blutfleck auf dem Bettlaken und der Hose zeigte. Das Bild ist Teil einer Foto-Serie, mit der Rupi Kaur aus Toronto die verschiedenen Phasen der Menstruation bei Frauen dokumentierte. Wütend machte sie die Löschung publik – und das Foto wurde wieder veröffentlicht. Instagram entschuldigte sich.

Nicht so glimpflich läuft das für Milliarden Mädchen weltweit. Sie können sich Binden und Tampons schlichtweg nicht leisten. Sie benutzen Blätter und Lumpen oder bleiben ganz zu Hause, weil sie sich schämen. Diese Mädchen gehen also während ihrer Periode auch nicht in die Schule. Die Infektionsgefahr unter diesen Lebensumständen ist hoch. Der 28. Mai ist deshalb der „Internationale Tag für Menstruationshygiene“. Das klingt ziemlich sperrig, ist aber eine gute Sache.

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