Sonya Kraus & Facebook: Es geht noch härter!

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Als Berufsblondine im kurzen Zwirn bin ich einiges gewohnt und recht abgehärtet. Bemitleidenswerte Kerle schicken mir gerne mal Nacktfotos von sich mit erigiertem Geschlechtsteil, aufgenommen vor der schmucken heimischen Wohnzimmer- schrankwand. Kummerkasten für Verwirrte zu sein, darüber kann ich ja durchaus noch milde lächeln.

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Es geht allerdings noch eine Spur ­härter …

Ein ostdeutsches Laufhaus warb im Netz mit meiner Visage für seine Dienste, ein spanisches Bordell plakatierte mich auf ein riesiges Billboard, und bei Ebay konnte man akribisch gebastelte pornografische Meisterwerke mit Roberto Blanco als Sixpack bepackten Hengst auf (und in) mir erwerben. 

Doch nun fand meine Reise durch die Welt des kommerziellen Sexgeschäfts ihren vorläufigen Höhepunkt: Pornos Made in Bollywood! In Massen wurden Thumbnails exotischer Darstellerinnen in eindeutigen Stellungen werbeträchtig an meine Facebook-Pinnwand gepostet – ­direkt unter mein Konterfei. Dabei hatten die indischen IT-Cracks ganze Arbeit ­geleistet: Ich klickte mir die Finger wund, aber alle Tools wie „Nutzer sperren“, „Beitrag löschen“ oder „Facebook melden“ blieben erfolglos. 

Bollywood ballerte sofort nach und verzierte meine Seite abermals mit Hardcore-Filmchen, in denen dickbusige Silikonmonster sich als Schwertschluckerinnen versuchen, um dann von 25-Zentimeter-Prügeln sandwichmäßig gepfählt zu werden. Entnervt und angewidert gab ich auf und sperrte frustriert meine Pinnwand. 

Zeit, mal kurz nachzudenken: Warum bekamen Männer bei so einem Dreck vor lauter Begeisterung den feuchten Blick? Uns Frauen schießen zwar auch die ­Tränen in die Augen, aber nur, weil der gezeigte Sex schon beim Zuschauen richtig weh tut.

Aua, so hätten es unsere Männer also gerne, wenn wir Mädels sie nur ließen? Entschuldigung, ich vergaß: Es soll sie ja angeblich geben, die „naturgeilen Weiber“, die auf so was stehen. Ich persönlich kenne allerdings keine. Selbst Dolly Buster gibt sich mittlerweile ziemlich zugeknöpft und Gina Wild will nur noch Frau Schaffrath sein …

Voller Schrecken fällt mir ein: Hoppla, meine beiden Jungs werden wohl oder übel auch mal Männer werden! Männer, die Sex wollen. 

Welche Monster entstehen da, wenn nicht mehr Bravos Dr. Sommer sexuell aufklärt, sondern das Netz mit der Flut von härtester Pornografie durch Youporn & Co? In unserer Jugend mussten Männer sich dafür zumindest in das schmie­rige FSK 18-Kellergeschoss der Videotheken schleichen. Heute sind Pornos diskret mit einem Mausklick zu haben. 

Kann ein Junge, halb Knabe, halb Kerl, so etwas konsumieren, ohne einen Knax in seine Sicht auf Frauen zu bekommen? Kapiert er, dass seine jungfräuliche Freundin möglicherweise nicht auf Gang Bangs steht?

Ja, vielleicht höre ich mich an wie meine Oma, wenn sie den Untergang der Welt durch die Jugend prophezeite, aber mir wird ernsthaft Angst und Bange. Himmel hilf! Aber der Herr im Himmel hört leider selten, wenn Frauen rufen.  

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Sauer auf den Vater meiner Kinder!

Sonya Kraus mit ihrem Jüngsten.
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Es ist 2:30 Uhr, und ich liege im Bett – immerhin in meinem! Verbringe ich doch seit der Geburt meines ersten Kindes mindestens die Hälfte der Nächte auf dem Fußboden neben dem Gitterbett liegend, notdürftig gebettet auf einer Kindermatratze. Gerade wurde ich wieder im Kommando-Ton zum „Mann“ meiner schlaflosen Nächte zitiert, da ihn nach Gesellschaft gelüstete. Es wird nicht der letzte Besuch für heute Nacht im Kinderzimmer gewesen sein.

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Gut, einem knapp Dreijährigen verzeiht man eben so einiges, dem großen, selig schnarchendem Typen auf der anderen Bettseite allerdings nicht.

Auch morgen früh wird „der Mann an meiner Seite“ wieder gut ausgeschlafen behaupten: „Aber heute Nacht hat er doch nicht geschrieen …“ Und ich werde nur mit einem müden verächtlichen Blick reagieren. Zu mehr fehlt mir die Kraft, obwohl ich am liebsten – ohne viele Worte – mein spitzes Knie in seine empfindlichsten Körperpartien rammen würde. Tja, Schlafentzug macht reizbar und wird auch als Foltermethode eingesetzt, nur können Mamas sich nicht an Amnesty International wenden.

Ist es genetisch bedingt, dass mein Kerl komatös den Tiefschlaf genießt, schreie, wer da wolle? Wie kommt es, dass es selbstverständlich ist, dass ich die Nachtschicht übernehme? Und den Großteil der Tagschicht natürlich ebenfalls! Mama kauft ein, Mama besorgt neue Klamotten, Mama erledigt die Arztbesuche, Mama spielt, räumt hinterher, wäscht Wäscheberge und macht nebenher noch auf Hausmeisterin Krause.

Tja, wie war ich doch stolz auf mein handwerkliches Know-How, das mir immer ein Gefühl der Selbstständigkeit gegeben hatte. Nach dem Motto: „Danke, ich brauche keine männliche Hilfe. Ich kann das selbst!“ Mein Heimwerker-Hobby fliegt mir jetzt wie ein Bumerang um die Ohren, denn ich darf mich neben den traditionellen Frauenaufgaben auch noch um die typischen Männerdomänen kümmern: Möbel aufbauen, Bilder montieren, Lampen aufhängen, Autos warten und Handwerker koordinieren – einfach alles bleibt an mir hänge.

Selbst im letzten Punkt habe ich, alte Küchendienst-Verweigererin, klein beigegeben: Seit der Nachwuchs da ist, zaubert Muddi um Punkt sieben das Abendessen auf den Tisch. Habe ich schon erwähnt, dass ich Kochen hasse? Als Heimchen am Herd fühle ich mich so glücklich wie ein Tiger im Käfig, aber die Zeiten von Fast Food, Restaurantbesuchen und entspannendem Homeservice sind nun mal vorbei mit Kids.

Ach, ich vergaß! Da ist ja noch dieser kleine Nebenjob, dem ich in meinem früheren Leben all meine Energie gewidmet hatte … Ohne die Hilfe von Omas und AuPair-Mädchen könnte ich den als Mama glatt an den Nagel hängen. Wenn ich heute arbeiten gehe, fühlt es sich wie Urlaub an!

Meine ganze Ehrfurcht gilt alleinerziehenden Frauen, die ohne jegliche Unterstützung Job und Kinder wuppen und dabei zwangsläufig selbstlos völlig zurückstecken. Ich verneige mich vor ihnen, denn nur wer tatsächlich den Wahnsinn mit kleinen Kindern selbst erlebt hat, kann nachvollziehen, was an dieser Front geleistet wird. Diese Ladys haben leider keine Lobby.

Auch wenn ich gelegentlich bereue, damals nicht bei Google „anonymer Samenspender“ eingegeben zu haben, bin ich ­dennoch froh über die immerhin psychologische Unterstützung meines Mannes. Und um fair zu bleiben: Er zahlt zumindest unsere Putzfrau! Ihn umerziehen? Ich hab’s versucht, eine Million mal. Der männliche Erziehungsberechtigte widersetzt sich stoisch den drastischsten Erziehungsmaßnahmen. Mittlerweile fehlt mir die Kraft für den Kriegsschauplatz Haushalt.

Wer ist schuld? Mein Show-Macho? Wohl ein bisschen auch seine Mutter. Aber durchaus auch ich, denn ich hab ihn mir ja ausgesucht!

Genug gejammert. Ich weiß, ich bin mit zwei gesunden Kindern ein Glückspilz und absolut privilegiert, aber trotzdem oft am Verzweifeln. Wenn der Mann an meiner Seite sich beschwingt ins Büro verabschiedet, das zahnende Baby sich schreiend an mich klammert – während meine „U have to do“-Liste die Länge einer Klopapierrolle erreicht –, dann frage ich mich trotzdem: Wo ist sie eigentlich geblieben, die Gleichberechtigung? Sie muss ­irgend­wo mit dem Inhalt des Windeleimers im Restmüll gelandet sein.

Das Erschreckende, egal, welche taffe Power-Mutti ich frage: Den emanzipierten Mann, der alltägliche Pflichten und Mühen mit seiner Partnerin fair teilt, den gibt es anscheinend so häufig wie mono­game Menschenaffen. Traurig, aber wahr! Und, abseits von Kindergeld und Herdprämie, vermutlich der wahre Grund, warum viele Frauen sich gegen Kinder entscheiden.

Die Autorin ist TV-Moderatorin und ­Buchautorin. Zuletzt veröffentlichte sie: Baustelle Baby (Lübbe). 

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