Ferda Ataman - die falsche Besetzung

Ferda Ataman - die richtige Kandidatin für die Antidiskriminierungsstelle? - Foto: Metodi Popow/IMAGO
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Bis dato ist sie bekannt als Autorin: Spiegel-Kolumnistin, Buchautorin („Ich bin von hier. Hört auf zu fragen!“) sowie Gründerin der umstrittenen „Neuen deutschen Medienmacher*innen“. Sie fordert eine 30-prozentige Migrantenquote in den Medien und lehnt Begriffe wie „Ehrenmord“, „politischer Islam“ oder „Integration“ als „rassistisch“ ab. Sie bespöttelt Islamismus-KritikerInnen wie Ahmad Mansour, Necla Kelek oder Hamed Abdel-Samad und rät davon ab, die KritikerInnen des politischen Islam als Gesprächspartnerinnen einzuladen.

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Und ausgerechnet eine solche Spalterin soll jetzt die neue Leiterin der „Antidiskriminierungsstelle des Bundes“ werden: Ferda Ataman. Doch gegen die in Stuttgart geborene Tochter türkischer Einwanderer regt sich Widerstand, vor allem unter unorthodoxen MuslimInnen: der Psychologe Ahmad Mansour beklagt Atamans „abstruses Weltbild“ und die Initiative „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“ warnt vor einer „Fehlentscheidung“. Sie schreiben in einem Offenen Brief an die verantwortliche Ministerin Paus: „Wir fordern Sie daher auf, eine geeignete Kandidatin aufzustellen, die Diskriminierung verhindert statt fördert.“

Übrigens: Ferda Ataman hat drei Tage vor ihrer Nominierung rund 10.000 ihrer Tweets gelöscht.

Hier der Offene Brief der "Initiative Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung" im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 15.06.2022 wurde Frau Ferda Ataman dem Bundestag als "Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung" vorgeschlagen. Über ihre Wahl muss der Bundestag abstimmen. Wir empfehlen aus den nachfolgenden Gründen dringend, diesen Vorschlag zu überdenken.

Rassismus ist ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem, das nicht für Partikularinteressen missbraucht werden sollte. Jede Form von Diskriminierung muss bekämpft werden. Frau Ataman blendet jedoch sowohl den Rassismus gegenüber nicht muslimisch geprägten MigrantInnen wie auch gegenüber Minderheiten aus der Türkei, Menschen aus Asien, aus Südamerika oder slawischen Ländern aus, wie auch den von MigrantInnen selbst ausgehenden Rassismus gegenüber anderen ethnisch-religiösen Minderheiten. In den letzten Jahren hat sich Frau Ataman häufig gegenüber MigrantInnen diskriminierend geäußert, die ihre politischen Meinungen nicht teilen. Anstatt den Mut dieser Stimmen zu loben, durch Kritik einen demokratischen Diskurs innerhalb ihrer sogenannten Gemeinschaften zu fördern und sich gegen Selbstjustiz in Form von Morddrohungen zu stellen, verhöhnt Frau Ataman bedrohte migrantisch gelesene Personen. Zudem fordert sie explizit, migrantische Stimmen wie Necla Kelek und Hamed Abdel-Samad aus dem Diskurs auszuschließen.

Anstatt Gewaltformen innerhalb der migrantischen Gemeinschaften, wie etwa Zwangsverheiratung u.v.m., sachlich zu thematisieren, wertet Frau Ataman unter anderem eine renommierte Journalistin mit Migrationshintergrund mit despektierlichen Äußerungen ab, die auf diese Themen wie archaische Strukturen in den migrantischen Communities aufmerksam macht. Besonders grausam daran ist, dass Frau Ataman damit den Schutz von mehrfach diskriminierten vulnerablen Personen verhindert und zu deren weiterer Diskriminierung beiträgt.

Mit ihrem Schwarz-Weiß-Denken sorgt Frau Ataman nicht nur für Spaltung und Ressentiment in der Gesellschaft, sondern legitimiert sogar Diskriminierung. Wie soll eine Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung Diskriminierung bekämpfen, wenn sie auf Polarisierung setzt?

Sowohl als Publizistin als auch als Vorsitzende des Vereins „Neue Deutsche Medienmacher“ setzt sich Frau Ataman für mehr Sichtbarkeit von Menschen mit Migrationshintergrund in den Medien ein. Ein an sich unterstützenswertes Anliegen. Allerdings geht es auch hier nicht um sichtbare Vielfalt, sondern ausschließlich um „südländisch gelesene“ Menschen. Ist das nicht eine Form der Ächtung gegenüber diversen, von Diskriminierung betroffenen „weiß gelesenen“ BürgerInnen?

Sogar im Hinblick auf gewählte Abgeordnete scheut sich Frau Ataman nicht, eine Beurteilung nach ethnischen Merkmalen vorzunehmen. Für sie zählt Repräsentation nach phänotypischen Merkmalen statt demokratischer Repräsentanz, womit sie zudem migrantisch gelesenen Personen eine Vielfalt demokratischer Meinungen abspricht und sie schlicht auf ihr Äußeres reduziert. Dieser Ansatz widerspricht nicht nur demokratischen Prinzipien, sondern ist an sich rassistisch.

Frau Ataman scheut sich weiter nicht davor, ganzen Berufsgruppen pauschal Rassismus zu unterstellen, indem sie zum Beispiel suggeriert, medizinisches Personal werde migrantische Personen eher sterben lassen.

Außerdem verlangt Frau Ataman, den Phänomenbereich des Antisemitismus nicht mehr gesondert zu betrachten, sondern lediglich als Unterkategorie von Rassismus, dabei betonen Experten wie zum Beispiel Samuel Salzborn, Antisemitismusbeauftragter des Landes Berlin, wie wichtig die Unterscheidung ist, um Antisemitismus effektiv bekämpfen zu können.

Die fehlende Sachlichkeit im Diskurs von Frau Ataman und das offensichtliche Ignorieren bis Verharmlosen von Diskriminierungsformen gegenüber zum Beispiel säkularen MigrantInnen weckt Zweifel an ihrer Qualifikation als "Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung".

Anstatt der Vielfalt von migrantischen Stimmen Gehör zu verschaffen, versucht sie, andere Meinungen mit Diffamierungen zu ersticken.

Dies sind nur wenige Beispiele von Frau Atamans Positionen, die unmissverständlich zeigen, wie sie Gewalt und Diskriminierung innerhalb der Migrationsgesellschaft übergeht, den Islamismus und nationalen Rechtsextremismus bagatellisiert und Menschen in Kategorien einordnet, also pauschal diskriminiert. Es sind allerdings genug Beispiele, die deutlich darauf hinweisen, dass Frau Ataman die ungeeignete Besetzung für diese Stelle ist.

Bei der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sollte es in erster Linie nicht um Politkrawall gehen, sondern um den Schutz der Betroffenen und die Aufklärung der Gesellschaft.

Als MigrantInnen und von verschiedenen Diskriminierungsformen Betroffene fühlen wir uns von Frau Ataman nicht vertreten. Ganz im Gegenteil. Dabei gibt es zahlreiche aufgeklärte, differenzierte und unbelastete KandidatInnen, die dieses Amt übernehmen können.

Wir fordern Sie daher auf, eine/n geeignete/n Kandidatin/en aufzustellen, der/die Diskriminierung verhindert statt fördert.

Mit freundlichen Grüßen

Naïla Chikhi, Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung; Rahima Valena, Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung; Fatma Keser, Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung; Krystyna Grendus, Stv. Sprecherin der BAG Säkulare Grüne; Seyran Ates, Rechtsanwältin, Autorin, Gründerin der Ibn Rushd-Goethe Moschee; Anna Staroselski; Mina Ahadi, Zentralrat der Ex-Muslime Deutschland; Dr. Necla Kelek, Soziologin, Publizistin, Frauenrechtlerin; Ali Ertan Toprak, Bundesvorsitzender Kurdische Gemeinde Deutschland; Halina Bendowski, Publizistin, Frauenrechtlerin; Dr. Elvira Groezinger, Secretary, Scholars for Peace in the Middle East (SPME); Cem Erkisi, Landesvorstand der GEW Berlin; Güner Balci, Publizistin; Dr. Lale Akgün, Dipl. Psychologin, Autorin und MdB a.D.; Hellen Vaziry, Dipl. Ing. (FH) Nachrichtentechnik, Frauenrechtlerin; Fatoş Aytulun, Diplom Sozialarbeiterin; Birgül Akpinar, Mitglied im Landesvorstand der CDU Baden-Württemberg und Vorsitzende des Netzwerkes Integration der CDU Baden-Württemberg; Davina Ellis, Autorin; Erol Özkaraca, Anwalt, Laizist; Nuschin Rawanmehr, Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin, Vorstandssprecherin der Iranischen Gemeinde Deutschland e.V.; Hourvash Pourkian, International Women in Power; Véronique Le Métayer, Rentnerin; Fahime Farsaie, Schriftstellerin, Journalistin; Ferdos Dini, Mediator, Krankenschwester; Rafiee Fatemeh, Erzieherin / Rentnerin; Santillan Bagherzadeh, Mitglied Integrationsrat Stadt Bergisch Gladbach; Parvaneh Djafarzadeh, Pädagogin; Parisa Azami, Erzieherin; Akhtar Ghasemi, Journalistin; Monireh Kazemi, säkulare Frauenrechtlerin; Parvin Ebrahimzadeh; Maryam Nouri; Nosrat Barani

 

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