Graue Haare: Die neue Freiheit!

Going gray ist angesagt, auch bei Marge Simpson, Judie Dench, Helen Mirren und Annie Lennox.
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Viele von uns erinnern sich an die wunderbare Szene in Loriots „Ödipussi“, in der das ältere Ehepaar seine neue Sofafarbe aussucht. Aus Herrn und Frau Melzer scheint, wie auch aus ihrem Wohnzimmer, jede Farbe gewichen. Das von Evelyn Hamann angepriesene ­„frische Gelb“ wird von den beiden ebenso abgelehnt wie das „zarte Apfelgrün“. Die Farbpalette, aus der sich das ergraute und sichtlich komplett freudlose Paar den neuen Bezug aussucht, bietet an: aschgrau, bleigrau, staubgrau, steingrau oder mausgrau. Man entscheidet sich schließlich, und auch das nur widerwillig, für ein „frisches Steingrau“.

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Die Szene hat, wie so viele Loriot-Szenen, Kult-Status. Allerdings hätte wohl anno 1988 niemand gedacht, dass die so belächelte Nichtfarbe Grau, Synonym für Trübsinn und Tristesse, zwei Jahrzehnte später ihrerseits kultig sein könnte. Und zwar auf Frauenköpfen jeden Alters. Tatsache.

„Gray Hair ist angesagt!“ jubeln Modemagazine. Aktuelle Buchtitel, geschrieben von grauen Frauen, heißen „Grau ist great!“ oder „Glückssträhnen“. „The Hottest Color of the Moment is ... Gray“ weiß sogar das Wall Street Journal. Das Wirtschaftsmagazin berichtet, dass auf der angesagten Social Media-Plattform Pinterest Anfragen nach dem Suchbegriff „going gray“ von 2017 auf 2018 um satte 879 Prozent angestiegen seien. Überhaupt schießen Foren auf Pinterest, Insta­gram oder Facebook wie Pilze aus dem Boden, in denen Zehntausende Frauen stolz ihre grauen oder weißen Köpfe präsentieren.

„Aber ist das eine Mode, die vorbeigeht oder eine wirkliche Revolution unserer überkommenen Vorstellungen von weiblicher Schönheit?“ fragt das Wall Street Journal. Gute Frage. (...)

Den ganzen Artikel und das Dossier "Grau ist sexy" in der aktuellen EMMA lesen. Ausgabe bestellen. 

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Alice Schwarzer schreibt

„Ich will eine coole Alte werden!“

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Birgit, schon Ihre Autobiografie 2016 war ja ein richtiges Mutmacherinnen-Buch. Jetzt auch noch die grauen Haare. Sie hatten schon lange damit geliebäugelt, nicht mehr zu färben.
Sehr lange. Ich habe immer zu meinen grauen Haaren gestanden. Ich hatte schon mit 30 eine richtige graue Strähne. Und dann sagte mein damaliger Chefredakteur, ein Wiener: „Naa, des is a Lifestyle-­Magazin, da brauch mer die jungen Zuschauer. Des geht sich nimmer aus. Da musst dir bittschön die Hoar färben!“ Da hab ich gedacht: So lange der von mir nicht verlangt, mir die Lippen aufzuspritzen, kann ich damit leben. Ich habe mir also fast 25 Jahre lang die Haare gefärbt, aber dann hab ich gedacht: Ich möchte eigentlich mal wissen, wie ich wirklich aussehe. (...)

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Sie hatten in diesem Jahr eine Perücke getragen.
Ja, und dieses Jahr mit der Perücke war sehr anstrengend. Das war ein ganz geheimes Projekt, das wussten nur eine Handvoll Leute. Mein Chef wusste es, meine Maskenbildnerin und natürlich mein Sohn. (...)

In diesem Jahr haben Sie ja auch Ihren neuen Lebensgefährten Frank kennengelernt – mit Perücke.
Ja. Und ich hatte totale Angst, dass das mit den grauen Haaren schwierig für ihn wird.

Obwohl er ja selbst graue Haare hat … Aber wenn wir diese indiskrete Frage stellen dürfen: Hat der Mann denn vorher nichts gemerkt?
Ich habe es ihm schon beim dritten Date gesagt. Man kann das ja ab einem gewissen Punkt nicht mehr verbergen.

Sie mussten es ihm quasi sagen …
Ja, genau. Und er hat etwas ganz Tolles geantwortet, nämlich: „Du strahlst so, das wird schon gut aussehen.“ Er war allerdings schon etwas skeptisch, weil er eine Tante mit grauen Haaren hat, die eher etwas ökomäßig aussieht. Eine Woche später konnte ich dann die Perücke absetzen – und er fand es super. Übrigens finden ja viele jüngere Männer Frauen mit grauen Haaren super. Es ist ja ein Vorurteil, dass sie das alle blöd finden. (...)

Das Gespräch führten Chantal Louis und Alice Schwarzer. Das ganze Interview in der März/April EMMA 2019 lesen. Ausgabe bestellen

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Birgit Schrowange: Es darf gern ein bisschen mehr sein (Herder, 12.99 €)

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