Interview mit el Saadawi: Die Löwin vom

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In diesen Stunden der Turbulenzen und der Hoffnung hat Nawal El Saadawi sich einen Moment Zeit genommen, um auf unsere Fragen zu antworten. Die ÄgypterInnen nennen die frühe Feministin und Freiheitskämpferin liebevoll die „Löwin vom Nil“. Tatsächlich hatte Nawal immer einen Löwinnenmut gehabt. Die Ärztin hat schon in den 1960er Jahren ein erstes Buch gegen die Klitorisverstümmelung veröffentlicht, war beim Sturz der Monarchie aktiv, unter Sadat im Gefängnis und unter Mubarak im Exil. Sie hat immer in engem Kontakt mit westlichen Feministinnen gestanden, darunter Alice Schwarzer, die sie 1986 in Köln besuchte. Lebenslang kämpfte und hoffte die heute 80-Jährige auf Freiheit für Ägypten – jetzt scheint dieser Traum zum Greifen nah. Allerdings: Bei allen Revolutionen sind die Frauen gut genug zu kämpfen – aber nicht gut genug, in Freiheit zu leben. Nawal el Saadawi ergreift darum schon jetzt die Initiative zur Wiedergründung der Ägyptischen Frauenunion.

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Liebe Nawal el Sadaawi, haben Sie jetzt Hoffnung, dass Ihr lang gehegter Wunsch nach Freiheit in Erfüllung geht?
Nawal el Sadaawi: Ja! Ich habe große Hoffnung, dass das passiert. Hoffnung macht stark! Wir arbeiten nun daran, unser neues, unabhängiges, freies, säkulares Ägypten aufzubauen.
Welche Rolle spielten die ägyptischen Frauen bei den Protesten? Und wie haben die Männer auf sie reagiert?
Frauen haben genauso an der Ägyptischen Revolution mitgewirkt, wie Männer. Alle Frauen und alle Männer sind gleichberechtigt im Ringen um das neue Ägypten.
Gibt es schon spezifische Forderungen und Garantien in Bezug auf die Rechte der Frauen?
Wir Ägypterinnen werden die „Ägyptische Frauenunion“ neu gründen, damit wir gemeinsam für unsere Rechte kämpfen können. Einigkeit bedeutet Macht. Die Frauenunion wurde einst von Mubaraks Ehefrau verboten.
Wie groß ist eigentlich die islamistische Gefahr für die Zukunft Ägyptens? Und welche Rolle spielen die Muslimbrüder?
Die Muslimbruderschaft ist in Ägypten eine Minderheit. Die Mehrheit der jüngeren Männer unter ihnen ist fortschrittlicher. Sie glauben an die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Und was kann der Westen für Ägypten tun?
Frauen und Männer aus den westlichen Staaten müssen die Ziele der Menschen in Ägypten unterstützen! Das Problem sind die kolonialisierenden Regierungen. Wir brauchen eine Gleichberechtigung zwischen allen Ländern und ein Ende des kapitalistischen, imperialistischen, kolonialen, patriarchalischen, militärischen, rassistischen Systems. Und zwar global genau so wie lokal.
Nawal, EMMA wünscht Ihnen und allen Frauen und Männern in Ägypten Freiheit und Glück.
Danke, das können wir gebrauchen.
EMMAonline, 14.2.2011

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