Kate Winslet: Steht zu euren Körpern!

Kate Winslet als Polizistin in "Mare of Easttown".
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In der neuen und hochgelobten HBO-Serie "Mare of Easttown" spielt die Oscar-Gewinnerin eine Kleinstadtpolizistin mittleren Alters, die einen Mord aufklären und sich ihrer eigenen Vergangenheit stellen muss. Ihre Figur sollte dabei unbedingt natürlich wirken. Ihre Polizistin trägt Wollpulli und Parka, die Winslet selbst aussuchte. Es wurden keine Filter verwendet, nichts nachbearbeitet. „Mare ist eine vollständige, nicht perfekte Frau mit einem Gesicht und einem Körper, die ihrem Alter, ihrem Leben und ihrer Geschichte entsprechen“, sagte Winslet der New York Times. „Ich glaube, so etwas bekommen wir nicht oft genug zu sehen.“

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So ließ Winslet, die sich stets vertraglich zusichern lässt, dass Fotos und Werbematerialien mit ihr nicht retuschiert werden dürfen, das Filmplakat zur Serie zweimal zurückgehen. „Ich habe gesagt: ‚Leute, ich weiß, wie viele Falten ich rund um die Augen habe. Bitte packt die alle wieder zurück!‘“ Als Regisseur Craig Zobel ihr vorschlug, ihren Bauch, der in einer Sexszene kurz zu sehen ist, nachträglich zu retuschieren, wurde Winselt sauer: "Wage es nicht!" Die Mutter einer 20-jährigen Tochter und zweier Söhne findet: "Ich finde, dass wir reiferen Frauen für die jüngeren verantwortlich sind." Ihr sei es "wichtig, dass ich für diese Generation echt und ehrlich bin, denn sie braucht starke Vorbilder." 

Winslet hat nach eigenen Angaben noch nie eine Schönheits-OP machen lassen, hat "kein Gramm Botox im Körper". Warum auch?! Die Frau hat das, was man im Französischen "une geule" nennt, eine Fresse. Will sagen: ein Gesicht. Und einen sinnlichen Körper noch dazu. Und das ist etwas, was in Zeiten von Gesichts-OPs und Botox nicht nur in Hollywood rar geworden ist. Schauspielerinnen und Models werden längst zu Wachsfiguren verbotoxt, und ihre Fotos und Filme nochmal retuschiert.

"Das Retuschieren meiner Filmfotos stellt doch letztlich meine Arbeit infrage!"

Selbst einer Kate Winslet bleibt das nicht immer erspart. Worüber sie ziemlich sauer ist, denn: "In Filmen versuche ich, Frauen mit Falten und Rundungen zu spielen. Ich verstehe also nicht, warum irgendwelche Grafiker in Zeitschriftenredaktionen nachträglich noch an Fotos von mir rumretuschieren müssen – das stellt doch letztlich meine Arbeit infrage."

Die Engländerin kommt in der dritten Generation aus einer Schauspieler-Familie - aus einem "alten Schauspielerclan von Straßensängern, Zirkusclowns und staatlich diplomierten Schauspielern", wie sie sagt, doch sie träumte als Teenager keineswegs davon, auf der Bühne zu stehen. Denn Kate war mit 90 Kilo bei 1,68 Metern nicht dünn genug für den Job. Aber dann brach sich das Talent trotzdem Bahn: mit elf ein Werbespot für Frühstücksflocken. Die Familie horchte auf. "Meine Mutter steckte das gesamte Kindergeld, das sie für mich und meine Geschwister bekam, in meinen Unterricht. Meine Oma schoss auch noch etwas dazu. Ich musste wirklich kämpfen!"

Der Kampf hat sich gelohnt. Mit 16 ist Winslet die eindringliche Mutter-Mörderin in "Heavenly Creatures", mit 20 hat sie in Ang Lees Verfilmung von Jane Austens "Sinn und Sinnlichkeit" ihren Durchbruch, mit 22 wird sie an der Seite von DiCaprio mit "Titanic" weltberühmt.

"Fuck!" soll ihr Lieblingswort sein. "Sie sieht aus wie eine südenglische Gräfin, aber flucht wie ein nordbulgarischer Bierkutscher", erbebt der Stern. Auch zu dem Thema Schönheits-OPs fällt ihr nur "fuck you" ein. Und die Diäten sind eines ihrer Lieblingsthemen geblieben. Auf die Frage, ob Marilyn Monroe – an der sie die "Gebrochenheit" spannend findet, "diese Melancholie, den Schmerz" – es heute leichter hätte, antwortet die Kollegin ohne Umschweife: "Nein. Sogar noch schwerer. Schließlich hatte Marilyn – wie die meisten Frauen – keinen perfekten Körper. Sie hatte meistens ein paar Pfund zu viel. So etwas zeigt heute keine Zeitschrift mehr."

Das Geheimnis meiner Haut? Mein Gott, es gibt keins! Am Kinn hab ich Akne!

Das Gefühl, in der Öffentlichkeit beobachtet zu werden, hat die Selbstbewusste seit "Titanic" nie mehr ganz losgekriegt. "Und wissen Sie, warum ich mich vor dem Urteil anderer fürchte?", sagte sie in Vanity Fair: "Weil ich weiß, dass sie mich verurteilen. Sogar, wenn ich nur meine Kinder in die Schule bringe, merke ich, dass mich die anderen Mütter mustern. Ein paar von ihnen fragten mich sogar: ‚Was ist das Geheimnis Ihrer Haut?’ Mein Gott, es gibt keins! Seit ich 30 bin, habe ich sogar ein ziemliches Akneproblem am Kinn. Falls ich jemandem beibringen soll, wie man seine Problemzonen versteckt – gerne."

Obwohl Kate Winslet ein Star ist, ist sie ein Mensch geblieben. Und genau das macht sie zu dem ganz besonderen Star. Außerdem ist sie, versteht sich, Feministin. "I am a feminist!" sagt Kate jedem, der es hören will oder auch nicht. Und dabei lächelt sie noch nicht einmal entschuldigend.

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