Leihmutterschaft: Protest gegen Messe in Köln!
„Wie kann es sein, dass in Deutschland etwas beworben wird, was hier ausdrücklich verboten ist? Es dürfte hier doch auch keine Messe für Organhandel stattfinden, oder?“, fragt Ina Wagner von der Initiative „Lasst Frauen sprechen“, die am Samstag in Köln gegen die Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“ demonstriert hat. Mal wieder.
Denn schon seit fünf Jahren gastiert die „Kinderwunschmesse“ mit ihrem Kerngeschäft Leihmutterschaft in Köln, seit drei Jahren in den ehrwürdigen Sartory-Sälen. Und das, obwohl Leihmutterschaft und auch die Werbung dafür in Deutschland verboten sind.
EMMA war 2021 inkognito vor Ort (mehr dazu hier: Wie kaufe ich ein Baby?). Aus gutem Grund sind Medien auf der Messe unerwünscht. 2023 hatte die Initiative „Lasst Frauen sprechen“ eine erste Demo gegen die Messe organisiert, die „Frauenheldinnen“ haben sich angeschlossen, ebenso die Initiative „Just Gay Germany“. Denn auch schwule Männer – die Pioniere des Kinderkaufs - sind längst nicht alle pro Leihmutterschaft. (Mehr dazu hier: "Fast hätte ich ein Kind gekauft")
Die Kölner Sartory-Säle aber haben mit der Messe so gar keine Probleme. Marcus Sartory, Geschäftsführer der Sartory-Säle, entgegnete auf Anfrage: „Wir meinen, dass in diesem Themenkreis vor allem gesellschaftliche Sensibilität, Hilfe und Unterstützung gefragt sind. Demonstrative Anfeindungen gegenüber den Hilfesuchenden halten wir in diesem Zusammenhang für besonders pietätlos.“
Das Messe-Kerngeschäft: Leihmutterschaft. Die ist in Deutschland verboten!
Und auch die Stadt Köln weist Kritik weit von sich. „Die Messe ist eine reine Informationsplattform“, antwortete Robert Baumanns vom Amt für Presse und Öffentlichkeitsarbeit auf EMMA-Anfrage. Prüfungen in den Vorjahren hätten „nichts Gegenteiliges“ ergeben.
„Wie kann das sein?“, fragen die Protestierenden, die bereits 2023 und 2024 die Messe selber besuchten. Sie bestätigen allesamt den kommerziellen Charakter. Auch die EMMA-Reporterin hatte 2021 einschlägige Angebote für Leihmutterschaft erhalten, als scheinbar potenzielle Leihmutter-Mieterin. Und Auskünfte wie diese: „Keine Sorge, die Leihmutter hat keinerlei Rechte.“ Oder auf die Frage nach einer möglichen Behinderung des Fötus: „Kein Problem. Wird abgetrieben und der zweite Versuch ist günstiger.“ Warum keine Medien zugelassen sind, dürfte da auf der Hand liegen.
„Man kann sich Kataloge mit Leihmüttern anschauen, Kostenvoranschläge einholen und auch gleich abklären, wie man rechtlich agieren muss, um das Kind in Deutschland anerkennen zu lassen. Es ist die reinste Werbeveranstaltung für Leihmutterschaft“, so die Kritikerinnen.
Allein die Website der Messe, ihr Programm, die Aussteller und der vom britischen Veranstalter „FiveSensesMedia“ vorgelegte „Code of Conduct“ sprechen eine deutliche Sprache. Der „Code of Conduct“, den alle Aussteller unterzeichnen, erlaubt ausdrücklich die Kontaktanbahnung mit potenziellen KäuferInnen eines Kindes.
Auch im Messe-Newsletter heißt es unverblümt: „Wir wissen, dass die Kosten für eine Leihmutterschaft in den USA ziemlich abschreckend sein können. Das Fertility Institute of San Diego bietet aber eine einzigartige Hybrid-Lösung. Embryonen können in den USA erstellt und dann in ein Land geschickt werden, im dem Leihmutterschaft legal und deutlich günstiger ist.“ Sogar für die in Deutschland verbotene Geschlechtsselektion wird explizit geworben: „Erfüllen Sie Ihren Familientraum: Geschlechtsauswahl in Kalifornien – Treffen Sie uns in Köln – wir sprechen Deutsch!“
"Wir wissen, dass die Kosten in den USA ziemlich abschreckend sein können"
Auf YouTube bieten Ärzte Beratungstermine auf der Kölner Messe an. Die Agenturen und Kliniken kommen nicht nur aus den USA, sondern auch aus Spanien, der Türkei, Zypern, Griechenland, Georgien und der Ukraine. „Das als neutrale Information zu bezeichnen ist doch lebensfremd“, sagt Rechtsanwalt Jonas Jacob, der die Kritikerinnen der Leihmutterschaft juristisch vertritt und die Frage stellt: Warum hat die Stadt Köln die Messe nicht schon längst verboten?
Ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht Köln auf Verbot der Kinderwunsch-Messe in den Kölner Satory-Sälen bzw. die Verschärfung der Auflagen wurde eingereicht - und abgelehtn. Wäre er durchgegangen, hätte die Messe nicht öffnen dürfen oder hätte zumindest alle Leihmutterschaftsdienstleister nach Hause schicken müssen. So ist es in Paris gelaufen, die „Wish for a Baby“ findet dort nicht mehr statt. Auch in Mailand wurde 2023 das Aus für die Messe erkämpft. Warum duldet Köln die Veranstaltung?
Die Kritik am globalen Markt Leihmutterschaft wächst weltweit, es ist ein rasant wachsendes Milliarden-Geschäft. Erst am 10. Oktober 2025 hatte Reem Alsalem, die „Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Frauen und Mädchen“, einen Bericht vorgelegt, in dem es heißt: „Leihmutterschaft ist geprägt von Ausbeutung und Gewalt gegen Frauen und Kinder. Sie macht den Körper von Frauen zur Ware. Leihmutterschaft ist Sklaverei. Sie muss weltweit verboten und abgeschafft werden.“
Die „Frauenheldinnen“, „Lasst Frauen sprechen“ sowie „Just Gay Germany“ haben auch am Samstag wieder in den roten Roben à la Margaret Atwoods Mägde vor den Sartory-Sälen gegen die „Wish for a Baby“-Messe demonstriert. „Wir haben es dieses Jahr nicht geschafft, die Messe verbieten zu lassen. Aber vielleicht im nächsten!“, sagt Eva Engelken von den Frauenheldinnen kämpferisch. Im Frühjahr 2026 soll die „Wish for a Baby“ in Berlin stattfinden.
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