Mitfühlsam & hartherzig zugleich

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Auf den zweiten Blick hätte die Wahl idealer nicht sein können. Für die herrschende Kirche. Denn Jorge Mario Bergoglio – seit gestern Abend Papst Franziskus – ist weltzugewandt und dogmatisch zugleich. Der auffallend bescheidene, ja demütige erste Auftritt des 76-Jährigen auf dem Balkon des Vatikan bestätigte sein Image als „Kardinal der Armen“, der in die Favelas geht und lieber mit dem Bus als in der Limousine fährt. Auch ist er als Kind italienscher Einwanderer mit argentinischem und italienischem Pass Lateinamerikaner und Europäer zugleich – schlägt also eine Brücke zwischen dem alten Kontinent und dem seinen, auf dem heute jeder zweite Katholik lebt. Und er ist erfahren in Korruption, könnte es also schaffen, mit der intriganten Kurie in Rom aufzuräumen. Aber, großes ABER: Ein „Papst der Frauen“ ist Franziskus nicht. Im Gegenteil! Der Jesuit ist in Fragen der Sexualmoral hart auf Vatikanlinie. Er ist für ein rigides Verbot von Verhütung und Abtreibung, das Zölibat ist indiskutabel für ihn und die Homoehe „Teufelswerk“. Heiliger Vater! Das Adoptionsrecht für Homopaare nannte Bergoglio eine „Diskriminierung der Kinder“. „Das erinnert mich an mittelalterliche Zeiten und die Inquisition“, stöhnte Argentiniens Staatschefin Cristina Fernández de Kirchner. Uns auch.

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