Afghanistan: Rettet Tamana!

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Gestern Abend sind Taliban mit Äxten in die Wohnung der afghanischen Frauenrechtlerin Tamana Zaryaab Paryani eingedrungen. In Todesangst hat Tamana ein Video gemacht, um den Überfall zu dokumentieren. Plötzlich wird der Bildschirm schwarz. EMMA zeigt hier das Video von Tamana, obwohl es fast nicht zu ertragen ist.

Es ist ein erschütterndes Dokument. Und wir müssen die Wahrheit kennen und dürfen nicht länger wegsehen.

Tamana ist seit dem Überfall nicht mehr zu erreichen. Wir, ihre Mitkämpferinnen in Deutschland, gehen davon aus, dass sie, wie viele andere Frauen in Kabul, zu einem unbekannten Ort verschleppt wurde. Ihr drohen Folter und Tod.

Tamana Zaryaab Paryani ist eine zentrale Aktivistin der Frauenbewegung, die sich nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul gebildet hat. Sie und viele weitere mutige Frauen demonstrieren seit der Machtergreifung weiter - unter den Augen der Taliban.

Mit dem Leitspruch „Arbeit, Brot, Freiheit für alle Menschen in Afghanistan“ – kämpfen sie gegen den Ausschluss der Frauen aus Beruf und Öffentlichkeit. Auf Plakaten und Spruchbändern fordern sie das Recht auf Bildung für sich und ihre Töchter, das Recht auf Ausgang und das Recht, sich nicht mit einer Burka verhüllen zu müssen.

Trotz der Verbote, trotz Schlägen und Todesgefahr stellen sich die Frauen Tag für Tag immer wieder den Taliban entgegen – ohne jede Unterstützung. Und die Schlinge der Taliban zieht sich immer enger.

In den letzten Tagen haben wir Afghaninnen in Deutschland beobachtet, wie die Taliban begonnen haben, Frauen, die sich besonders bei den Demonstrationen hervortun, massiv zu bedrohen und zu verschleppen. Tamana Zaryaab Paryani hatte eine Demonstration organisiert, auf der die Frauen eine weiße, blutverschmierte Burka trugen. Wenige Tage später entführten die Taliban sie aus ihrem Haus. Die Frauenrechtlerinnen Hanifa Nazari und Alixa Aziz wurden schon ermordet.

Afghaninnen protestieren todesmutig gegen die Burka.
Afghaninnen protestieren todesmutig gegen die Burka. Die Demo hatte Tamana mitorganisiert.

In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche weitere Frauen, die Widerstand gegen die Taliban geleistet haben, festgenommen. Sie wurden schwerst misshandelt oder getötet. Die Angst ist groß, dass das nun auch Tamana droht.

Wir Afghaninnen in Deutschland und Europa fühlen uns sicher. Aber wir wollen nicht tatenlos dabei zuschauen, was mit unseren Schwestern in unserer Heimat geschieht. Wir müssen den Frauen, die unter Einsatz ihres Lebens um die Rechte für Frauen kämpfen, helfen.

Es kann nicht sein, dass die Taliban weiterhin willkürlich ihre Macht ausüben und der Rest der Welt wegsieht. So, wie es schon einmal passiert ist. Wir dürfen nicht wegschauen! Deutschland darf nicht wegschauen! Es ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Rettet die Frauen Afghanistans! Rettet Tamana!

Allen voran appellieren wir an die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock: Helfen Sie uns, Frau Ministerin!

Nadia Fasel lebt in Deutschland und ist Autorin mehrerer Bücher. In EMMA (Januar/Februar 2020) erschien ein Interview von ihr mit Nadia Ghulam, die zehn Jahre als Mann in Afghanistan gelebt hatte, um ihre Familie ernähren zu können.

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