Tennis: 3:0 für die Frauen

Serena Williams (l.) und Alizé Cornet bei den US Open 2018 in New York - Foto: imago
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Da wäre der Fall von Serena Williams, der erfolgreichsten Tennisspielerin seit 1968. Bei einem Tennismatch im Mai 2018 spielte Williams in einem Catsuit zur besseren Durchblutung, nach der Geburt ihrer Tochter. Das wurde ihr verboten. Begründung: Ein Catsuit beim Tennis zu tragen, sei „respektlos“, beim klassischen Tennis hätten Frauen Röckchen zu tragen. Serena Williams konterte bei den aktuellen US Open modisch mit einem Tutu!

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Fall Nummer zwei: Marija Scharapowa, 2007 zur bestbezahlten Sportlerin der Welt gekürt. Bei ihr filmte ein Kameramann während des Spiels unter den Rock. Die russische Tennisspielerin arbeitet auch als Model und Werbeträgerin.

Zu guter Letzt machte Alizé Cornet Schlagzeilen, weil sie ihr verkehrt herum angezogenes Shirt auf dem Tennisplatz auszog und richtig herum wieder anzog. Dafür kassierte sie eine Verwarnung. Für alle, die es nicht gesehen haben: Cornet trug unter ihrem Shirt einen breiten Sport-BH, der mehr verdeckt als so mancher Bikini. Cornet sagte zu ihren Mitstreiterinnen: "Lasst uns die Infos abwarten und schauen, ob wir einen Aufstand machen."

Alizé Cornet: "Mal schauen,
ob wir einen Aufstand machen."

Cornet hat gegen die Verwarnung Einspruch eingelegt, Tausende Frauen unterstützten sie. Auch die WTA, die Women’s Tennis Association, stellte sich an ihre Seite. Dem Veranstalter der US Open, der United States Tennis Association (USTA), blieb nichts weiter übrig, als den Tennisspielerinnen das Umziehen ihrer Shirts auf dem Spielfeld künftig zu genehmigen. Was, by the way, bei Männern nie ein Problem darstellt, wenn man etwa an den traditionellen Trikotwechsel im Männerfußball denkt. Vielleicht ist die schnelle Einsicht der USTA auch der Spitze des Vereins zu verdanken: Die ist mit Katrina Adams seit 2015 mit einer Frau besetzt.

Schaut man sich die Geschichte des US Open an, das noch bis zum 9. September 2018 in New York veranstaltet wird, stellt man fest, dass das 1881 gegründete Turnier – damals nur für Männer zugelassen – „schon“ sechs Jahre später für Frauen freigegeben wurde.

Heute haben die besten Tennisspielerinnen die besten Tennisspieler in vielen Bereichen überholt. So holte etwa Roger Federer die meisten Grand Slam Einzeltitel unter den Männern, nämlich 20. Sein weibliches Pendant heißt Margaret Smith Court – mit 24 Grand Slam Einzeltiteln. Die meisten Einzeltitel aller Profi-Turniere konnte Jimmy Connors für sich vereinnahmen, nämlich 109. Darüber kann Martina Navratilova mit ihren 167 Siegen nur lächeln. Und auch bei den US Open haben die Frauen den Männern etwas voraus: Während Bill Tiden bei den US Open insgesamt 16 Titel absahnte, brachte es Margaret Du Pont auf satte 25 Titel. Chapeau!

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Zeigt her eure Muskeln!

Foto: AFP
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Wir haben eine neue Steffi Graf! Sie heißt Angelique Kerber, hat an diesem Wochenende in New York das Finale der US-Open gegen die Tschechin Karolina Pliskova in drei Sätzen gewonnen – und ist die neue Nummer Eins der Tennis-Weltrangliste der Frauen. Sie löst damit die Amerikanerin Serena Williams ab.

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Die Kerber, die ist so ein richtiges Mannsweib!

Das erste Mal seit 19 Jahren, nach Steffi Graf, führt also eine deutsche Spielerin diese Liste an. „Steffi ist mein Idol“, war Angelique Kerber nie müde geworden zu betonen. Aber sie ergänzte stets: „Es war mir auch immer wichtig, meinen eigenen Weg zu gehen!“

Und etwas ist tatsächlich gänzlich neu an Kerber, und es erzählt eine Menge über das Standing von Frauen im Profisport. Denn Steffi Graf, die war ja nicht nur ein Tennis-Champion, sondern auch ein Champion in Selbstbeherrschung. Die Frau hämmerte Bälle wie Tornados übers Spielfeld, wollte aber um Himmels Willen „nicht aussehen wie ein Muskelpaket“. Sie schlug alle aus dem Feld, aber das Siegerinnen-Lächeln blieb trotzdem immer sonnig bis heiter. Ich bin schneller und ich bin stärker als so mancher Mann - aber ich tue keinem was, das war die Botschaft von Steffis schüchternem Mädchen-Lächeln.

Ganz anders die Kerber: Die ballt siegestrunken die Fäuste und bleckt die Zähne, sie wirft sich im Taumel des Triumphes auf den Boden, feuert den Tennisschläger von sich und knutscht bei der Siegerinnen-Ehrung ihren riesigen Pokal. Genau an der Stelle, an der Steffi Grafs Name eingraviert ist übrigens. Und selbstverständlich gratulierte Graf ihrer Nachfolgerin prompt zum „Riesenerfolg“! Und der ist größer als der ganze Ruhm und die Ehre, die der erste Platz der Weltrangliste so mit sich bringt.

Die knutscht ja sogar ihren riesigen Pokal! 

Denn wer an diesem Wochenende die Gelegenheit hatte, mit männlichen Tennisfans der alten Schule zu sprechen, der mag als Antwort auf ein begeistertes „Wir haben eine neue Nummer Eins!“ auch Sätze gehört haben wie: „Na ja, die Kerber, die ist ja auch so ein richtiges Mannsweib!“

Recht so! Denn dank Sportlerinnen wie Angelique Kerber und auch den Williams-Schwestern Serena und Venus wagen Frauen es öfter, sich nach einem fulminanten Erfolg einfach mal voll und ganz dem stolzen Siegestaumel hinzugeben. Auf dem Spielfeld wie im echten Leben. Ganz wie die Männer. Warum? Weil es großartig ist.

Und damit kann die Titulierung „Mannsweib“ eigentlich nur als Kompliment verstanden werden.

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