Vasektomie: Verhütung 2.0

Keine Angst! Das Gerücht von "kastrierten Kater" ist wirklich nur ein Gerücht! - Foto: bymuratdeniz/istock
Artikel teilen

Dr. Gralla, Sie sind ein großer Verfechter von Vasektomien bei Männern. Warum?
Es ist die sicherste Verhütungsmethode, die es gibt! So sehr die Pille auch die Selbstbestimmung der Frau verändert hat, sie bringt einen Haufen potenzieller Nebenwirkungen mit sich – und da geht’s nicht nur um ein paar Wassereinlagerungen. Mit einer Vasektomie kann jetzt auch mal der Mann die Verhütung in die Hand nehmen – und zwar ohne Risiken. Ich nenne das Emanzipation 2.0.

Anzeige

Und die hat nichts mit Katastration zu tun…
Natürlich nicht. Bei einer Kastration wird das komplette Hodengewebe entnommen. Bei einer Vasektomie bleibt alles am Platz. Es werden weiterhin Testosteron und Spermien gebildet. Es ändert sich nichts an Erektion oder Ejakulation, vor allem auch die Libido bleibt die gleiche. Das Einzige, was passiert, ist, dass der Weg für die Spermien nach draußen zugemacht wird. Die Spermien bleiben im Nebenhoden und werden über das Lymphsystem abgebaut.

Was genau passiert da?
Über kleine Schnitte rechts und links am seitlichen Hodensack geht es an die Samenleiter. Die werden an zwei Stellen durchtrennt und das dazwischen liegende Teilstück wird entfernt. Die frei liegenden Enden werden mit einer Naht verschlossen. Dadurch können die Spermien nicht mehr in die Samenflüssigkeit gelangen. Die OP dauert zehn Minuten in Lokalnarkose, ist nicht schmerzhaft und kostet zwischen 400 und 600 Euro. Die Krankenkasse zahlt nicht. Die OP gibt es seit den 1950er Jahren und ist wirklich keine Raketenwissenschaft.

Urologe Oliver Gralla: "Jetzt kann auch mal der Mann die Verhütung in die Hand nehmen!"
Urologe Oliver Gralla: "Jetzt kann auch mal der Mann die Verhütung in die Hand nehmen!"

Klingt gut. Aber so wirklich angesagt ist eine Vasektomie immer noch nicht. Warum nicht?
Ich glaube, das ändert sich gerade. Die Frauen stellen auch zunehmend die Pille in Frage. In Deutschland lassen sich rund 60.000 Männer pro Jahr vasektomieren. Wir machen allein hier in der Praxis rund 700 Eingriffe pro Jahr. Nach der OP ist für den Tag Couch angesagt, die nächsten zwei Tage sollte man es ruhig angehen lassen und dann war es das. Die meisten meiner Patienten gehen am nächsten Tag schon wieder arbeiten. Die Sterilisation der Frau dagegen ist eine weitaus größere OP und mit wesentlich mehr Risiken verbunden. Meine Patienten sehen das ein und treffen die Entscheidung ganz bewusst. Keine Kondome, keine Spirale, kein Temperaturmessen, kein Bangen, wenn die Periode ausbleibt. Diese Entscheidung entspannt das Sexualleben total.

Zudem eine Entscheidung, die sich rückgängig machen lässt…
Ja, drei bis sechs Prozent der Männer lassen die Vasektomie durch eine Wiederherstellungs-OP rückgängig machen. Zum Beispiel, wenn sie eine neue Partnerin haben und nochmal ein Kinderwunsch hochkommt. Die Refertilisierung klappt zu 95 Prozent.

Welche Sorte Männer kommen eigentlich zu Ihnen?
Vom recht geradeaus denkenden Kölner Urgestein à la: „Isch hätte järn et Vasektomie, meine Frau will dat Pille nisch mehr. Jetz mach mal!“ bis hin zu eher feinsinnigen Männern. Der Wunsch geht durch alle Schichten, aber wenn ich eine Schublade aufmachen müsste, wären die unter 45-jährigen Männer mit zwei Kindern die größte Gruppe. Die sind nach der OP einfach nur happy, sich über Verhütung keine Gedanken mehr machen zu müssen.

Weiterlesen
Dr. Gralla: "Untenrum glücklich - eine urologische Handreichung" (Lübbe, 15€)

Artikel teilen

Anzeige

 
Zur Startseite