Wir müssen bluffen lernen ...

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Look like a lady, act like a man, work like a dog. Dieser Spruch stand auf meinem ersten Bürobecher und hat mich während meiner frühen Berufsjahre mehr beeinflusst als irgendein Chef, geschweige denn ein weibliches Vorbild, das es ohnehin nicht gab. Wir schreiben die späten 80er Jahre, und die Frauen in meinem Arbeitsumfeld kochten Kaffee, schrieben Protokoll und übertrugen die handschriftlichen Notizen der als genialisch erachteten Cheflektoren „ins Reine“.

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Look like a lady, act like a man, work like a dog

Der Spruch auf der Tasse war zudem der ferne Widerhall eines Satzes, den meine Professorin an der Uni mir mit auf den Weg gegeben hat: „Vergessen Sie eine akademische Karriere: Sie müssen doppelt so viel arbeiten wie jeder Mann, um dann als halb so gut wahrgenommen zu werden. Dann werden Sie feststellen, dass genau das nicht ausreicht. Sie werden mit Sicherheit scheitern. Wozu sollte das alles gut sein?“

„Und wozu war es bei Ihnen gut?“ fragte ich verunsichert zurück. „Bei mir ist das ja wohl etwas anderes“, bürstete sie mich schroff ab, und damit war das Gespräch beendet.

Ich war damals Mitte zwanzig und blieb nach dieser wenig motivierenden Unterhaltung einigermaßen verstört zurück. Jahre brauchte ich, bis ich begriff, dass es eben gar nichts anderes bei ihr war. Diese Professorin war die fleischgewordene Botschaft der Bürotasse und zu „act like a man“ gehörte bei ihr, dass man andere – auch wenn sie nur kleine Studentinnen waren – einschüchterte und wegbiss. (Jeder Professor männlichen Geschlechts an der Uni hat mich damals übrigens mehr ermutigt, eine akademische Laufbahn einzuschlagen als diese Frau.) Überzeugt, dass aus mir sowieso nie etwas werden würde, landete ich in einem quasi nicht bezahlten Verlagsjob, wo dieselben universellen Regeln galten wie in der akademischen Welt. Regeln, die man in Kurzform auf einen Becher schrieb, der täglich auf meinem übervollen Schreibtisch vor mir stand und seine Botschaft in mein Hirn brannte.

Irgendwann fiel mir die Tasse runter und zerbrach, aber ihre Lebensweisheit hatte ich längst verinnerlicht, vor allem den letzten Part. Tatsächlich arbeitete ich in den ersten 15 Jahren meines Berufslebens wie ein Hund und war überzeugt, das müsse so sein. Und zwar nicht, um eine grandiose Karriere zu machen und alle weit hinter mir zu lassen, sondern um grade mal so mitzukommen und den Anschluss nicht zu verlieren.

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