Wir sind Fussballerinnen

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Eine Damen-WM ist ein Sportereignis kein Heldinnen-Verehrungs-Taumel. Da wird keine Tagesschau verschoben und kein Wunschkonzert gecancelt auch wenn die Sportlerin des Jahres, Birgit Prinz (Foto links), mit von der Partie ist.

Die deutschen Fußballerinnen und ihre Fans können es kaum erwarten: Am 20. September startet die 4. Frauenfußball-WM in den USA. Und dann wollen die vierfachen Europameisterinnen endlich ihren ersten WM-Titel

feiern. Gut vorbereitet und sehr selbstbewusst geht die deutsche Auswahl mit DFB-Trainerin Tina Theune-Meyer und Co-Trainerin Silvia Neid ins Turnier. Bis ins Finale wollen sie auf jeden Fall, am liebsten aber gleich den Pott. Durchaus denkbar, denn die DFB-Kickerinnen meisterten schon die WM-Qualifikation mit Bravour. Sie sicherten sich souverän den Gruppensieg, indem sie alle sechs Spiele gegen England, Portugal und die Niederlande gewannen. Nach dem erneuten EM-Sieg 2001 im eigenen Land vor 18.000 ZuschauerInnen im ausverkauften Ulmer Donaustadion gehört Deutschland heute wieder klar zum Favoritinnenkreis neben den gastgebenden USA, China, Norwegen und Brasilien.
Die Deutschen freuen sich auf den Austragungsort USA, mit vollen Stadien und begeisterten Fans. Denn was England für den Männerfußball, ist Amerika für den Frauenfußball. Hier ist seine Heimat und er kein Stiefkind mehr. Fußball ist die beliebteste Sportart junger Mädchen und Frauen, wird an vielen Schulen und Universitäten professionell trainiert und seit Jahren existiert eine Profiliga.
Entsprechend ist das Publikumsinteresse: Schon bei der Weltmeisterschaft 1999 strömten 660.000 Menschen zu den 32 Spielen in die Stadien. Bis heute unübertroffener Publikumsrekord sind die 90.000 BesucherInnen vom Finale. Damals siegten die US-Kickerinnen im Elfmeterschießen gegen China. Legendär: Als Brandi Chastain, den letzten Elfer versenkt hatte und damit der Sieg ihres US-Teams feststand, riss sie sich das Trikot vom Leib und wurde damit zum weltweiten Symbol für starken, gefühlvollen Frauensport.
Nun kommt der Frauenfußball unverhofft schnell wieder nach Hause in das Land mit der erfolgreichsten Profi-Liga: Womens United Soccer Association (WUSA), in der die besten Spielerinnen der Welt gegeneinander antreten. Ende Mai beschloss der Internationale Fußballverband (FIFA), das Turnier wegen der SARS-Epedemie in China abzusagen.
Gruppengegnerinnen der deutschen Kickerinnen werden Argentinien (WM-Debüt), Japan und Kanada sein. Das ist ein gutes Los, findet Tina Theune-Meyer. Sie hält vor allem die Teams aus Japan und Argentinien für schlagbar. Und auch die Kanadierinnen, bekannt für ihre harte und kämpferische Spielweise, seien bezwingbar, hofft die Nationaltrainerin. Unser Ziel ist auf jeden Fall der erste Platz in unserer Gruppe.
Das deutsche Team hat nach der letzten Europameisterschaft mit Steffi Jones, Maren Meinert und Claudia Müller wichtige Leistungsträgerinnen verloren. Doch dafür sind hoffnungsvolle junge Wilde nachgerückt. Dazu zählt auch Stürmerin Conny Pohlers, die im Frühjahr vom FFC Turbine Potsdam in die US-Profiliga zu Atlanta Beat wechselte. Ihren Stammplatz in der Nationalelf muss sie sich allerdings noch erkämpfen. Dabei wäre im Sturm neben der Vize-Weltfußballerin Birgit Prinz noch Platz. Die durchsetzungsstarke Spielerin (Verein: Carolina Courage, USA) mit dem richtigen Torriecher ist der Star der Mannschaft: beliebt beim Publikum, gefürchtet bei ihren Gegenspielerinnen. Sie will wieder mit spektakulären Toren dazu beitragen, dass die deutsche Elf siegreich ist.
Eine schwerere Vorrunde als die Deutschen haben die Gastgeberinnen erwischt, die in ihrer Gruppe A neben Nordkorea auf die Vize-Europameisterinnen aus Schweden und die Afrikameisterinnen aus Nigeria treffen. Die afrikanischen Fußballerinnen sind nämlich der Geheimtipp des Turniers. Die Gruppe B wird von den Norwegerinnen angeführt, die sich gegen Brasilien, Neuling Frankreich und Südkorea behaupten müssen.
Spannend für die deutsche Gruppe C sind insbesondere die Spiel-Paarungen der Gruppe D, in der die Chinesinnen eindeutig Favoritinnen vor Ghana, Australien und Russland sind. Denn die Gruppenersten aus C und D spielen nach der Vorrunde gegen die jeweiligen Gruppenzweiten. Schafft die DFB-Elf den Gruppensieg und siegt im Viertel- und Halbfinale, könnte es zum Traumfinale Deutschland USA kommen.
Die Zukunft des Fußballs ist weiblich, weil die Frauen genau die Art von Fußball spielen, die wir alle sehen möchten: elegant, technisch hochstehend, offensiv. Das sagte kein geringerer als FIFA-Präsident Sepp Blatter während der vergangenen Frauenfußball-Weltmeisterschaft. Die deutschen Amateurspielerinnen haben es neben den Profis aus den USA und China allerdings nicht einfach. Denn dass die Zukunft des Fußballs weiblich ist und sich darum entsprechende Förderung lohnen würde, scheint bei den Fußballfunktionären bisher das süße Geheimnis von Blatter geblieben zu sein.
EMMA September/Oktober 2003

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