„Zwei Huren in jedem Arm“

Die Berliner Rapper K.I.Z. sind für ihre unverhüllt frauenfeindlichen Texte bekannt. © imago/News4HH
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65.000 Menschen sind nach Chemnitz gekommen, um ein Zeichen zu setzen gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Hass, gegen Gewalt. Bundespräsident Steinmeier hat den Aufruf zum Konzert auf Facebook geteilt, Ex-Frauenministerin Manuela Schwesig und Ex-Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz posten ein Selfie vom Besuch beim Soli-Konzert mit dem Titel: #Wir sind mehr. Wir sind mehr, soll das heißen, als die dumpfen und menschenverachtenden Nazis, die nach dem Mord an Daniel H. mit erhobenem rechtem Arm durch die Straßen von Chemnitz zogen.

„Lass mal Liebe verbreiten“ steht auf einem Transparent in Regenbogenfarben. „Wir alle wollen leben ohne Angst und ohne Hass“, sagt die Sprecherin, die das Konzert eröffnet. Die Botschaft der Liebe klingt dann so: „Trete deiner Frau in den Bauch, fresse die Fehlgeburt, für meine Taten werd ich wiedergebor’n als Regenwurm, sei mein Gast, nimm ein Glas von mei’m Urin und entspann dich, zwei Huren in jedem Arm mit Trisomie einundzwanzig.“

Ist irgendjemand auf dem antirassistischen Soli-Konzert irritiert über den puren Sexismus, den die vier Jungs von K.I.Z. da von sich geben? Aber nein. Im Gegenteil. Das Publikum ist text­sicher und singt lauthals mit: „Ist eine Frau nicht nackt, dann beschmeiss ich sie mit Scheine, macht sie sich dann nackt, dann beschmeiss ich sie mit Steine“. Oder auch: „Ich rasiere mein Äffchen und lass es anschaffen, tret so lange auf dein Kopf bis vier und drei acht machen“.

Ist doch alles Satire, heißt es nun. Sie wollen doch nur spielen, die vier Hassrapper aus Berlin auf diesem Anti-Hass-Konzert.

Satire? Kurzes Gedankenexperiment: Was wäre passiert, wenn ein Rapper besungen hätte, wie er nackte Türken mit Steinen bewirft und Arabern in den Bauch tritt? Na also.

Ein Ausrutscher? Mitnichten. K.I.Z. fallen seit ihrer Gründung 2005 durch gnadenlos frauenfeindliche Texte auf. EMMA berichtete schon 2007 über K.I.Z. und ihre Kollegen Bushido, Sido & Co. Kleine Kostprobe: „Tour zu Ende, ich bring dir dein Mädel zurück, Fotze ausgeleiert, Arsch zerfleddert, Schädel gefickt“. Schon damals bemühten sich Feuilletonisten von taz bis SZ, die misogynen Ausfälle der Herren als „minoritäres Sprechen“ schönzuschreiben.

Und im Jahr 2018? Beschweren sich zwar einige PolitikerInnen von CDU und AfD über die Hassbotschaften gegen Journalisten („Ich ramm die Messerklinge in die Journalistenfresse“) und darüber, dass „Feine Sahne Fischfilet“ („Die Bullenhelme – sie sollen fliegen/Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein“) wg. Linksextremismus mal vom Verfassungsschutz beobachtet wurden.  Frauenfeindlichkeit aber spielte in der Konzert-­Nachlese aber (mal wieder) keine Rolle.

Nur Spiegel-Kolumnist Jan Fleischhauer und Manu Schon vom feministischen Blog „Störenfriedas“ meldeten sich in Sachen Seximus zu Wort. Ersterer wunderte sich darüber, dass es auf Konzerten gegen Rechts offenbar erlaubt sei, Eva Herman „grün und blau zu ficken“. Und Manu Schon, ihres Zeichens lange aktiv als Abgeordnete der Linken, wundert sich schon nicht mehr: „Klar: Da die ‚Künstler‘ ja links sind und das, was sie singen, ja alles nur Satire ist, ist das ja maximal für dumme hysterische Kühe wie mich ein Problem.“

So ist es. „Es war ein Fest für ein buntes und offenes Chemnitz“, resümiert die taz.

Wir halten fest: Beim Konzert gegen Menschen­verachtung war Frauenverachtung noch nicht mal mehr ein Nebenwiderspruch.

 

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