Entsetzt über Gaucks Äußerungen

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Denn einen solchen #aufschrei gegen den grassierenden Sexismus hat es in Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Alleine auf Twitter erschienen 60.000 Tweets zum Thema in nur wenigen Tagen. Kein Wunder: Mindestens jede zweite Frau wird in Deutschland im Verlauf ihres Lebens Opfer eines sexuellen Übergriffs. Das reicht von der Putzfrau bis zur Journalistin, wie auch der Schwerpunkt „Es reicht! Vom #aufschrei zum Handeln. Gegen Sexismus im Beruf“ in der aktuellen EMMA zeigt. Wir reden also über mehr als 21 Millionen betroffene Frauen, denen Gauck als Staatsoberhaupt vorsteht. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein. Nicht der Rede wert?

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Ex-Pfarrer Gauck findet Debatten wie die über Sexismus jedoch „hochgejazzt“. Anstatt tagelang „intensiv über das Verhalten eines Politikers abends an der Bar zu reden“, sollten sich die Deutschen lieber mit der „brandgefährlichen Lage in Mali“ auseinandersetzen.

Diese Äußerungen ließen die #aufschrei-Initiatorin Anne Wizorek und ihre Mitstreiterinnen nicht lange auf sich sitzen. Sie haben nun einen Offenen Brief an Gauck veröffentlicht. „Wir vermissen in Ihren Äußerungen vor allem Feingefühl und Respekt gegenüber all den Frauen, die sexistische Erfahrungen gemacht haben“, schreiben die sieben Unterzeichnerinnen.

Und: „Durch die Verwendung des Wortes ‚Tugendfuror’ bringen Sie erniedrigende, verletzende oder traumatisierende Erlebnisse in Verbindung mit dem Begriff ‚Furie’. Dieser Begriff wird ähnlich wie ‚Hysterie’ abwertend verwendet, um die Wut von Frauen lächerlich zu machen. Damit bedienen Sie jahrhundertealte Stereotype über Frauen.“ Und weiter: "Wir wünschen uns Respekt für die Gefühle und Erfahrungen Betroffener und auch für die Arbeit der Menschen, die sich für Geschlechtergerechtigkeit engagieren."

Denn dass Frauen in dieser Sache nicht ernst genommen werden, sei eines der Kernprobleme im Umgang mit Sexismus, erklärt Wizorek im Interview in der aktuellen EMMA. „Es geht uns darum, endlich dieses stille Leiden aufzubrechen. Wir wollen, dass Frauen sich mitteilen und sichtbar machen, was ihnen angetan wird. Und wir wollen zeigen, dass Sexismus bis heute in der Gesellschaft überhaupt nicht sanktioniert wird.“ Den Brief an Gauck hat sie persönlich im Schloss Bellevue abgegeben.

Der Bundespräsident will sich zu alledem nicht äußern, ließ nun seine Presseabteilung verlauten. Er reagiere grundsätzlich nicht auf Offene Briefe. Aber er hat ja noch seine Lebensgefährtin Daniela Schadt; und die beiden Töchter Gesine und Katharina. Was die wohl zur Sexismus-Debatte sagen?

 

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