Iranerin droht weiterhin die Steinigung

Artikel teilen

Ihr Gesicht, umrandet von einem schwarzen Schleier, ist zum Symbol für den Kampf gegen die Steinigung geworden: Sakineh Mohammadi Aschtiani. Die 43-jährige Iranerin ist nach wie vor vom Tod durch Steinigung bedroht. Laut amnesty international verurteilte die iranische Justiz sie vor vier Jahren erst zu 99 Peitschenhieben wegen einer „unrechtmäßigen Beziehung“ zu zwei Männern und im selben Jahr zum Tod durch Steinigung wegen Ehebruchs und Beihilfe zum Mord an ihrem Ehemann. Nachdem der erste Vollstreckungstermin im Juli wegen weltweiter

Anzeige

Proteste vorerst ausgesetzt wurde, sorgte nun ein Fernsehauftritt in der vergangenen Woche für erneute Besorgnis um das Leben der zweifachen Mutter.
Das staatliche iranische Fernsehen präsentierte ein öffentliches Geständnis der Frau. Vor laufender Kamera bekannte sich Aschtiani zu der Beteiligung an dem Mord und zu einer intimen Beziehung zum Cousin ihres Mannes. Ein Staatsanwalt warf ihr außerdem vor, sie habe ihrem Ehemann eine Betäubungsspritze gegeben, bevor der Cousin ihn mit einem Stromschlag tötete.

Ein Auftritt, der Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Geständnis schürte: Die 43-Jährige war vollständig in einen schwarzen Tschador gehüllt, zu sehen nur ihre Augen und ihre Nase. Aschtiani sprach mit leiser, gebrochener Stimme. Ihr Anwalt Houtan Kian berichtete in der britischen Tageszeitung The Guardian, seine Mandantin sei zwei Tage gefoltert worden, bis sie zu der Aussage bereit war. Die Verurteilte sitzt nach wie vor in einem Gefängnis der nordiranischen Stadt Täbris, der weitere Verlauf ihres Schicksals ist ungewiss.

Ein anderer Anwalt der Angeklagten ist mittlerweile aus dem Iran über die Türkei nach Norwegen geflüchtet. Mohammed Mostafai, 37, hält sich derzeit in Oslo auf. Gegen Mostafai wurde ebenso ein Haftbefehl erlassen. Er hatte die Steinigung als Todesstrafe für Ehebruch im Iran kritisiert und die internationale Solidaritätskampagne für Aschtiani unterstützt. Nun will er im Exil für seine Mandantin weiterkämpfen.

Die Zuspitzung des Falls sorgte erneut für eine internationale Protestwelle: Die kanadische Autorin und Journalistin Irshad Manji hat ein Netzwerk aus AutorInnen, UnternehmerInnen, KünstlerInnen und MenschenrechtlerInnen mitgegründet, die auf der Internetseite www.freesakineh.org Unterschriften gegen die Steinigung sammeln.

In Frankreich veröffentlichte die Tageszeitung Libération am Montag einen ähnlichen Aufruf, die Steinigung zu verhindern, Aschtiani unverzüglich freizulassen und ihre Unschuld anzuerkennen: „Das Leben einer Frau steht auf dem Spiel und die Freiheit und Würde Tausender anderer Frauen ebenfalls“, schrieb die Zeitung. Namhafte PolitikerInnen und Prominente haben sich angeschlossen, unter ihnen die die französische Politikerin Ségolène Royal, die Schauspielerin Mia Farrow, der Musiker Bob Geldof und die iranische Illustratorin Marjane Satrapi, Autorin des Comics und Kinofilms „Persepolis“. Auch die Bundesregierung in Deutschland protestierte gegen die Hinrichtung. Schon im Juli hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva angeboten, Aschtiani in seinem Land aufzunehmen – von diesem Angebot wollte die Regierung in Teheran allerdings nichts wissen.

„Internationale Öffentlichkeit und Solidarität sind der einzige Weg, Aschtiani vor ihrem grausamen Schicksal zu retten“, sagt Julia Heuser von Cinema for Peace. Die Initiative zeigt am morgigen Mittwoch, 18.8, ab 17 Uhr im Kino Arsenal am Potsdamer Platz in Berlin den Film „The Stoning of Soraya M.“. Der Anwalt Mostafai wird aus Oslo anreisen und über den Fall sprechen.

In EMMA u.a. zum Thema:
Der Widerstand ist weiblich (1/10)
Die Hilferufe werden lauter (2/09)
Terrorwelle im Iran (4/07)
Ein Brief aus dem Iran (4/07)
Shirin Ebadi im Gespräch mit Alice Schwarzer (3/06)
Shirin Ebadi: "Ich habe keine Angst!" (3/06) 
Hilferuf aus dem Iran (5/05)
Die Betrogenen (5/79)
EMMA-Kampagne Islamismus

Zum Weiterlesen:
Alice Schwarzer (Hrsg): Die Gotteskrieger und die falsche Toleranz (Kiepenheuer & Witsch, TB, 2002. Erhältlich auch im EMMA-Shop)

Iranerinnen im Internet
www.sign4change.info/english
www.feministschool.com
www.meydaan.com
www.shabakeh.de
www.iran-women-solidarity.net/spip.php?rubrique6

 

Artikel teilen
 
Zur Startseite