Ask Alice! Sexistischer Sportunterricht?

Bei uns haben die Mädchen und Jungs getrennten Sportunterricht und das ist auch in vielen Situationen angenehmer. Doch während die Jungs Judo und Mannschaftssport betreiben, turnen und tanzen wir andauernd (am besten noch mit Musik und hübschen Outfit). Wir sehen ziemlich bescheuert bei den ganzen Übungen aus und es ist auf Dauer einfach langweilig. Sollten Mädchen und Jungs überhaupt im Sport unterschiedlich bewertet werden? Ich finde auch diese radikale Trennung von Mädchen und Jungs nervig und nicht zeitgemäß. Übertreibe ich?

Deine Friedi, 14 Jahre

*** 

Liebe Friedi,

ich finde überhaupt nicht, dass du übertreibst! Auch ich bin regelrecht schockiert. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass im 21. Jahrhundert in Deutschland Mädchen und Jungen noch unterschiedlich Sport machen in der Schule.

Nach Rücksprache mit der für Sport zuständigen EMMA-Redakteurin Chantal Louis jedoch weiß ich nun, dass es in der Tat durchaus noch immer üblich ist, im Sportunterricht Jungen und Mädchen zu trennen – und dass die jeweilige Schule bzw. LehrerIn dann die Inhalte des Unterrichts bestimmen. Chantal allerdings hat damals, in den 1980er Jahren, darauf bestanden, statt neckisch zu hüpfen, ordentlich Fußball zu spielen (tut sie noch). Und dafür haben sich dann auch ausreichend Mädchen gefunden.

Ich meine also, du solltest diesen unterschiedlichen Unterricht in deiner Schule thematisieren. Grundsätzlich finde ich, sollten Mädchen und Jungen einen quasi identischen Sportunterricht haben. Denn den Mädchen tut es gut, auch Judo und Mannschaftssport zu machen – und den Jungen macht es doch vielleicht auch mal Spaß zu tanzen.

Zahlreiche Studien belegen seit langem, dass die körperliche Konstitution der Geschlechter ursprünglich gleich ist. Es ist dann die Folge unterschiedlicher Ernährung und Bewegung, dass in unseren patriarchal geprägten Kulturen die Männer kräftiger und sportlicher werden, die Frauen aber zarter und schwächer bleiben. Aber genau das wollen wir doch ändern!

Das Recht auf körperliche Ertüchtigung nennen die amerikanischen Feministinnen „Die letzte Hürde“. Die beiden ersten Hürden haben Frauen inzwischen mehr oder weniger überwunden: nämlich das Recht auf Bildung und das Recht auf eigenes Geld. Nun geht es an die dritte Hürde: das Recht auf Stärke und Bewegung.

Lies doch mal den Text auf EMMAonline über diese dritte Hürde. Der macht dir bestimmt Lust, in deiner Schule aktiv zu werden. Und er liefert dir massig Argumente.

Liebe Friedi, solltest du etwas erreichen, lass es mich wissen. Ich drücke dir fest die Daumen!

Deine
Alice Schwarzer