Bogner-Strauß – eine radikale Feministin?

Frauenministerin Bogner-Strauß am 8.März 2018. Foto: Regina Aigner
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Es tönt nämlich eher ziemlich radikal bei der ÖVP-Frauenministerin. Wenn Juliane Bogner-Strauß so handelt, wie sie redet… Die 46-jährige Winzertochter ist eine Blitz-Quereinsteigerin, habilitierte Molekularbiologin, hat drei Kinder und macht „halbe-halbe“ mit ihrem Ehemann. Wer bügelt? Sie jedenfalls nicht. „Ich kann nicht bügeln.“ Und so geht das munter weiter in den Interviews:

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Stichwort Rabenmutter. „Da muss ich immer daran denken, dass Raben unglaublich gute Vogeleltern sind“, sagt die Wissenschaftlerin. Sie selber hat ihre Kinder im Alter von einem Jahr in den Kindergarten gegeben.

Stichwort Väter. Ihr Mann, ebenfalls Wissenschaftler, arbeitete in Graz schon früher mehr zuhause als die Quereinsteigerin und frühere stellvertretende Institutsleiterin. Das dürfte mit Mutters Arbeitsplatz in Wien eher mehr werden. Gleich zu Amtsantritt hat sie einen „Rechtsanspruch auf einen Papa-Monat“ ins Spiel gebracht (allerdings seither nicht mehr thematisiert). Wir Deutschen erinnern uns an das Spektakel bei von der Leyens Vätermonaten. Was soll da erst das österreichische Mannsbild sagen?

Stichwort Familie. „Für mich ist Familie dort, wo Kinder sind.“

Stichwort gleicher Lohn. „Ist für mich unterstützenswert. Österreich ist bei der Einkommensschere das fünfschlechteste Land in Europa.“ Sie plädiert für „Lohnoffenheit“ der Lohnempfänger und „Einkommensberichte“ der Betriebe.

Stichwort Quote. Da „sage ich ganz dezidiert Ja!“. Auch wenn ihr „die flächendeckende Geschlechterquote von 50 Prozent auf allen Ebenen zu weit geht“ (die wird in dem Frauenvolksbegehren gefordert). Meint sie, es soll keine 50 Prozent Putzmänner geben?

Stichwort MeToo. „Nicht nur in dem Punkt brauchen wir Solidarität und Frauen, die zusammenstehen.“ Und weiter: „Es ist dank MeToo zu einer Bewusstseinsschärfung gekommen.“

Stichwort Sprache. Oh je, Frau Professorin gendert sogar: „Ich versuche stets, bei der Sprache zu gendern. Das schafft Bewusstsein.“ Selbst die gegenderte Bundeshymne findet Bogner-Strauß gut. Die tönt, dank des Protestes der (radikalen?) Feministinnen heute nicht mehr nur von der „Heimat großer Söhne“, sondern von „der Heimat großer Töchter und Söhne“ (Kanzlerin Merkel, hergehört!).

Na, liebe Krone, wenn du dich mal nicht geirrt hast, und die Neue im Schloss gar eine heimliche radikale Feministin ist! Aber was sagt dann der Bundeskanzler Kurz dazu?!

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Der Basti: Eine Kopfwäsche!

Neuerdings öffentlich Hand in Hand: Polit-Shootingstar Kurz mit Freundin Susanne Thier. Foto: Imago/chromorange
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Psst. Habt ihr kurz Zeit, liebe Österreicherinnen? Könnt ihr kurz mal den Kochlöffel weglegen? Ich muss euch nämlich den Kopf waschen. Bei dieser Wahl habt ihr so richtig tief ins Klo ­gegriffen! 22 Prozent von euch haben blau gewählt, 30 Prozent schwarz (nein, ich gehe dem schicken, türkisen Neuanstrich der Altpartei nicht auf den Leim – die frische Farbe ist ohnehin bald ab). Und das macht 52 Prozent der Frauenstimmen für 0 Prozent Frauenpolitik! Bravo!

Was genau hat euch denn an den Wahlprogrammen angesprochen? Diese beiden Parteien haben sich ja nicht mal bemüht, wenigstens die Illusion zu erzeugen, als gäbe es Bedarf für eine frauenpolitische Agenda. Oder nennt ihr die eine Seite im Katalog des ÖVP-Wahlprogramms, wo die vielsagende Babyflascherl-Stöckelschuh-Gurke-­Lippenstift-Handy-Grafik (für was eigentlich? Balance?) steht, ein Programm, das sich für frauenpolitische Belange stark machen könnte?

Oder hat euch der fesche Basti so gefallen? Ein Parteisoldat, der schon im Slimfit-Anzug auf die Welt gekommen ist und sich sein ganzes Leben nur von einem bürgerlichen Larvenstadium ins nächste gehäutet hat – von dem fühlt ihr euch kompetent vertreten? Echt jetzt? Der noch nie etwas gearbeitet hat? Oder habt ihr euch von einer seiner konservativen Jüngerinnen, die alle aus sehr gutem Hause sind und so prächtig Familie und Partei mit Kindermädchen unter einen Hut kriegen, blenden lassen? Fragt ihr euch nicht, was deren Funktion ist, und kommt euch dieses in die erste Reihe geschobene „Frauenpower“-Gegrinse im konservativen Altherrenumfeld nicht schon von früher bekannt und verdächtig vor?

Oder habt ihr gar die FPÖ gewählt, die 40 Prozent schlagende Burschenschaftler in den Nationalrat setzen? Von solchen ­Typen fühlt ihr euch vertreten? Von reinrassigen Bubenclubs (sorry Mädels – Boys only!), die sich in ihrer Freizeit mit Säbeln im Gesicht herumstochern, sich gegenseitig die guten Jobs zuschachern und nebenbei feuchte, großdeutsche Reichsträume haben? Echt jetzt? Die sollen Gesetze entscheiden, die euch nutzen und nicht nur benutzen? Die sollen unser aller Steuergeld verteilen und eure Sorgen verstehen? Wie deppert seid ihr eigentlich?

Oder habt ihr euch von der Linken in Sachen politischer Islam und religiöser Misogynie im Stich gelassen gefühlt? Das kann ich schon eher nachvollziehen. Ich bin auch sehr enttäuscht, dass sich einfach niemand zuständig fühlte für die Herausforderung, die da auf uns zukommt. Schlimmer noch: Es brauchte einen bekennenden Linkspopulisten, um den politischen Islam überhaupt zu thematisieren. Die geschlechterpolitischen Abgründe, die sich hinter jedem religiösen Eifer auftun, werden nicht und frauenpolitisch schon gar nicht auch nur benannt.

Dabei hätte es gereicht, sich hinzustellen und gebetsmühlenartig zu sagen: Ja, wir hören uns eure Sorgen an. Ja, es gibt in muslimischen Kreisen problematische Tendenzen, und, ja, wir ahnden jegliche Art von Gewalt. Wir beschützen euch (aber natürlich auch vor den einheimischen Tätern, von denen gerade nichts im Gratisblatt steht, die aber statistisch in der Überzahl sind). Wir investieren in integrationsbeschleunigende Maßnahmen. Wir wachen darüber, dass eure Rechte in diesen wieder (pseudo)religiöser werdenden Backlash-Zeiten gewahrt werden.

Mehr noch: Wir nutzen die Chance und denken auch einmal laut über die Verfilzung von katholischer Religion und Staat nach!

Aber in einem bis in die Knochen katholischen Land fragt sich keine Sau, was 2017 der Schwangerschaftsabbruch noch im Strafgesetzbuch zu suchen hat. Oder warum die Kirche ihre Finger überall drin hat, wo Sexualmoral, Frauengesundheit, Wertegefüge draufsteht.

Das ist so in Österreich! Zum Predigen und Machtausüben wären wir halt besser mit Penis auf die Welt gekommen. Unser Problem.

Die Linke lässt lieber ihre schlaff gewordenen Toleranzmuskeln spielen, als die Probleme ernst zu nehmen. Religiös begründete Misogynie betrifft halt scheinbar nur Frauen! Da braucht man sich ideologisch nicht die Finger schmutzig machen.

Es sind in der Tat mehrheitlich Männerparteien, die wir wählen müssen, seit wir wählen dürfen. Und Männer haben Frauen mit ihren „Frauenbefindlichkeiten“ schon immer im Stich gelassen.

Doch ich fürchte, beim Thema „Gewalt gegen Frauen“ habt ihr, wenn ihr denkt, die Rechten beschützen euch, aufs falsche Pferd gesetzt. In den Händen der Rechten verschwindet die gesamte frauenpolitische Agenda unter der „Migrationsstopp“-Tarnkappe.

Dass ihr euch vor Vergewaltigung und Belästigung fürchtet – das verstehe ich. Aber die meisten Vergewaltigungen passieren immer noch daheim und im Freundeskreis. Und sie werden nicht angezeigt und nicht verurteilt und stehen nicht in den auflagenstarken Medien. Doch die FPÖ will euch nur vor sexueller Gewalt von „bösen Ausländern“ beschützen. „Unsere“ Männer tun so etwas nämlich nicht. Ich schreib’s euch hinter die Ohren: Eine Partei, die Frauenhäuser als Familienzerstörer sieht und zusperren will, ist niemals an Frauenpolitik oder Schutz vor Gewalt interessiert!

Ist es vielleicht die viel zitierte Wahlfreiheit bei der Familienpolitik, die ihr euch wünscht? Diesbezüglich bezeichnet sich die FPÖ zwar als „Sprachrohr der Wirklichkeit“, aber mehr, als uns den Mutterkult der Nazizeit schmackhaft machen zu wollen, ist an Programmatik nicht drin. Und wenn es um die Frauenquote oder spürbare Maßnahmen geht, geht die ÖVP in Deckung – verlässlich seit Jahrzehnten.

Beispiel gefällig? Die Alleinerzieherinnen. Sie dürfen so gerne als Sonderfall und Mitleids-Maskottchen herhalten, in Wirklichkeit ist hier jede achte Mutter betroffen. In einem TV-Wahlduell wurde einstimmig Unterhaltsgarantie gefordert. Und dieselbe wurde kurz vor der Wahl eiskalt und ungeniert abgedreht – durch ÖVP und FPÖ.

Dieselben Männer, die uns familienpolitisch sicher verwahrt wissen und uns gebärmutterpolitisch kontrollieren wollen, lassen uns mit den Kindern im Stich, indem sie Sozialleistungen kürzen. Leistbare, gute Kinderbetreuung heißt bei ihnen: Mami oder Omi! Niemals Papi. Kindergarten ab drei Jahren, aber bitte nicht den ganzen Tag! Frauenpolitik versackt bei den Konservativen immer in der Familienpolitik. Der ganz große Rest ist und bleibt Männerpolitik.

Ich kann ja verstehen, dass ihr es mit der linken Alternative nicht leicht hattet. Aber immerhin gab es doch ein paar Parteien, die ihr als Alternative hättet wählen können.

Ach – ihr wollt gar keine Frauenpolitik? Ihr seid das Emanzengeschwafel leid, den Genderwahn? Frauenförderung braucht ihr eh nicht, Familienpolitik reicht euch, Karriere wollt ihr eh keine machen?

Wunderbar, dann braucht ihr aber auch keine ordentliche Ausbildung. Dann gebt euch doch mit Halbtagsjobs im Niedriglohnsektor zufrieden, die kein Mann machen will. Lasst ihn entscheiden, lasst euch ernähren, bekommt Kinder und erledigt „den Rest“ unbezahlt. Beißt die Zähne zusammen, wenn ihr benachteiligt, geschlagen, ge- oder missbraucht werdet. Begnügt euch mit 50 Prozent der Rente, die Männern zusteht, und esst und heizt weniger, wenn der Ernährer vor euch wegstirbt.

Und – da wir schon dabei sind: Wenn ihr immer nur so wählt wie eure Männer, dann könnt ihr ja gleich euer Wahlrecht zurückgeben, oder?

Noch ein, zwei solche Wahlen und wir können das Familienrecht wieder getrost auf den Stand von 1976 zurücksetzen: der Mann als Familienoberhaupt, die Frau als liebende Mutti. Die kein eigenes Konto braucht. Die jederzeit von ihrem Mann gekündigt und ungestraft in der Ehe vergewaltigt werden darf. Und so weiter. Diese frauenpolitische Speckschwarte, aus der heraus ihr eure demokratische Stimme verschleudert: die ist bald aufgezehrt. Darum wird es Zeit, eure Kinderliebe auf eine Frauensolidarität auszuweiten. Oder wollt ihr, dass eure Töchter und Enkeltöchter auf dem Stand von 1918 von vorne beginnen müssen?

Das wollt ihr nicht? Dann müsst ihr kämpfen. Euch für Politik interessieren. Das Frauenvolksbegehren 2018 unterschreiben. Und genau hinsehen!

Aber vorher noch huschhusch, schnell zurück an den Herd. Der hungrige Gatte wartet schon!

Gertraud Klemm
Die Autorin schrieb schon vor den Wahlen in Österreich in EMMA: Wird’s der Basti? (5/17)

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