Die Leit-Wulva: frei Schnauze!

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Sie grollt, die Leitwulva in mir. Nur Weh und Ach, hündische Unterwerfung und Kojotengeschrei!

Weibliche Sexualität kommt erstaunlich normenkonform daher: Eine Prise Queer, ein Löffelchen Anal und eine Messerspitze Polyamorie. Das ist so wohldosiert und geschmacksneu tral, dass die Papillen am liebsten in Dauerstreik träten. Von der Libido ganz zu schweigen. Was uns derzeit als progressive Eroberung weiblicher Potenz verkauft wird, ist nichts anderes als Geschichtsvergessenheit. Jahrzehntelange Aufklärungsaktionen und Erkundungstrips durch weibliche Sexualität scheinen für die Katz, wenn man sich die neofeministische Literatur der letzten Jahre vor Augen hält. So viele Synonyme für Angst und Scham vermag die deutsche Sprache gar nicht aufzubieten, um die Unsicherheiten jüngerer Frauen in Worte zu fassen.

Bock haben sie, aber schämen sich noch immer für Masturbation? Katja Lewina behauptet’s steif und fest. Vergessen all die Golden Showers und Genitalpanik-Hosen der Siebzigerjahre. Es ist, als müssten wir das Rad stets aufs Neue erfinden, als grüßte uns täglich das  Murmeltier im Land des sexuellen Vergessens.

Kein Wunder, setzen sich die Jüngeren doch ständig unter Druck, bloß nicht sprachlich anzuecken. Krampfhaft suchen sie nach dem passenden Wort für Vögeln, Ficken, Muschi, Schwanz und wählen im Zweifelsfall den Exzess der Leerstelle. Experimentieren kommt nicht infrage. Ein ungeschickter Blowjob ist drin, aber das falsche Wort am falschen Ort? Frei Schnauze, les chéris! Zieht einfach mal verschiedene Register und legt den Maulkorb ab!

Auch euer Blick auf uns Ältere gleicht frappierend dem männlichen Blick auf das gesamte weibliche Geschlecht. Es wird sondiert und abgecheckt, für gut oder schlecht befunden, vielleicht noch mitleidig belächelt. Ach, die gibt’s auch noch? Na, ich würde meine welken Titten und meine Krampfader-Stampfer lieber verstecken. Ist doch peinlich, wie die sich aufführt! Geschärft wird dieser Blick durch einen Markt, der fälschlicherweise Jugend gleichsetzt mit sexueller Vitalität und sexuellem Wissen.

Jede Frau, die ein paar Jährchen auf der Muschi hat, weiß aber, dass sich ein Frauenleben in weit mehr als einer Dekade abspielt. Doch wie praktisch, dass sich die jungen aufbegehrenden  Wilden so leicht domestizieren lassen, sobald man ihrer Jugend schmeichelt. Für ein paar Jahre Fame versuchen sie den Anforderungen an Best-Practice-Sex vollumfänglich zu genügen.

Rubbelt die Katz und die Klit, wichst um die Wette oder seid brav. Aber sich loslösen bedeutet zuallererst, die Ketten zu sprengen, die sich jede von uns selbst anlegt. Und wer könnte dabei euch Jüngeren besser behilflich sein als wir alte, weiße Frauen, denen es scheißegal ist, wie sie benannt werden, die vögeln oder auch nicht, ganz wie’s uns beliebt!

Die Wölfin senkt die Lefzen. Sie weiß, der Tag wird kommen, an dem der nächstletzte Kampf des Feminismus gemeinsam ausgefochten  werden wird. Jagend und erforschend wird sie zusammen mit ihren Schwestern das Terrain der Begierde erobern.

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