Feministinnen kritisieren Femen: Was ist

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Die Diskussion darüber, ob die Femen feministisch korrekt seien, tobt nämlich nicht nur auf der Facebook-Seite von Femen Germany. Es scheint neuerdings grundsätzlich angesagt in der deutschen Femi-Szene, die viel Zeit und Energie mit Political Correctness verbringt, sich von den Femen zu distanzieren. Die Ukrainerinnen würden ihre "Franchising-Logik ins Ausland exportieren" und bewiesen damit "ihre Unfähigkeit, die Frauen vor Ort ernst zu nehmen", klagt zum Beispiel das Missy Magazine. So weit, so okay. Auch Feministinnen sollten sich untereinander kritisieren können.

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Doch beim Weiterlesen des Missy-Textes wird klar, dass es hier nicht nur um Formfragen, sondern um fundamentale politische Unterschiede geht. Kritisiert wird in dem Missy-Artikel die Kritik der Femen an Islamismus und Burka - und gelobt die "erfrischende Organisierung muslimischer Frauen" und deren Slogan: "Wenn ihr mir die Freiheit nehmt, mich zu verschleiern, unterdrückt IHR mich."

Kritisiert werden die Aktionen der Femen gegen Prostitution und deren "Gleichsetzung von Zwangsprostitution und Sexarbeit" - und gelobt eine "Sexarbeiterin, die den Femen Entmündigung" vorwirft und auf Facebook schreibt: "Eure Missionarsallüren sind uns nicht willkommen, euer Sprechen in unserem Namen erst recht nicht."

Reden wir also Klartext: Proteste gegen die Degradierung von Mädchen und Frauen zum Objekt kann es gar nicht zu viele und vielfältige genug geben. Und Feministinnen, die gegen Prostitution als Verstoß gegen die Menschenwürde kämpfen sowie gegen den Islamismus als Feind der Menschenrechte haben in der Tat wenig gemein mit Frauen, die Prostitution für "einen Beruf wie jeden anderen" halten, sowie die Burka für einen Akt der Befreiung. Auch wenn die sich ebenfalls Feministinnen nennen.

RTL interviewte Irina Khanova, eine der Begründerinnen von Femen Deutschland zu den Aktionen der deutschen Femen - und den unterschiedlichen Reaktionen ihrer feministischen Schwestern darauf.

Wir diskutieren nicht über Sexworkerinnen - bei uns ist Menschenhandel ein Problem!

Was ist der Unterschied zu anderen feministischen Gruppen?
Khanova: Viele feministische Gruppen haben sich leider versteckt und verkrochen. Sie diskutieren im kleinen geschlossenen Kreis über Themen. Wir wollen Feminismus für alle zugänglich machen – auch für Männer. Es bringt nichts über Theorien zu diskutieren, wenn man dann nach Hause geht und sagt: Das war jetzt aber gut. Man muss herausgehen und auch die anderen überzeugen.

Warum glauben Sie, gibt es von anderen feministischen Gruppen Kritik an Femen?
Khanova: Ich glaube, dass viele in die Theorie abgetaucht sind, und so die Realität aus den Augen verloren haben. Femen kommt aus der Ukraine, einem armen Land. Dort geht es an erster Stelle um Sextourismus. Da diskutiert man nicht, ob eine Frau dann Sex-Workerin oder Dienstleisterin heißt. Dort wird gesagt, Menschenhandel ist ein Problem. Lasst uns dagegen kämpfen!

Würden Sie sich gerne mehr Unterstützung von bekannten Feministinnen wie Alice Schwarzer wünschen?
Khanova: Wir saßen schon mit ihr zusammen. Sie ist eine sehr schlaue Frau und sie hat auch verstanden was wir machen. Viele andere machen das nicht. In feministischen Blogs wird viel über uns geschrieben. Sie interpretieren unsere Arbeit und fragen uns nicht. Alice Schwarzer ist direkt zu uns gekommen und hat mit uns gesprochen. Sie hat das sofort verstanden. Wir hoffen auf eine Zusammenarbeit. Feminismus ist ein großer Kampf und wir müssen alle zusammenarbeiten. Wir sind nur eine Aktionismus-Gruppe, ein Teil der feministischen Bewegung. Und jeder Teil ist für sich wertvoll.

Sie kämpfen gegen Zwangsprostitution, wollen Sie Prostitution komplett verbieten?
Khanova: Maximal ein Prozent der Frauen prostituieren sich freiwillig. Aber wenn sie das machen, brauchen wir klare Regeln. Es muss Ausstiegschancen geben. Wenn ich aber sehe, dass 13-jährige Mädchen in Deutschland auf den Strich gehen und in Asien 5-Jährige zum Sex gezwungen werden, dann ist das schrecklich. Dagegen muss man kämpfen. Wenn eine Frau älter ist und ausreichend Bildungschancen erhalten hat, dann sage ich nichts dagegen. Aber die meisten Frauen wissen, wie sie unter falschen Versprechungen zu dem Beruf gekommen sind.

Wie kann man sich das vorstellen?
Khanova: Gerade junge Mädchen sind betroffen. Als ich 17 Jahre alt war, wurde mir auch die Möglichkeit angeboten und mir ein besseres Leben versprochen. Frauen werden einfach als Fleisch angesehen. Wir müssen den Männern zeigen, dass eine Frau keine Ware ist.

Prostitution ist also ein zentrales Problem.
Khanova: Ja. Denn wenn Männer selbstsicher auftreten und mit sich im Reinen sind, sollten sie kein Problem haben eine Frau zu finden. Wenn einer aber sagt, er hat keine Zeit oder einfach keinen Bock auf eine Beziehung, und will trotzdem Sex haben und dafür dann eine Frau kauft, ist das einfach nicht in Ordnung und ihm sollte geholfen werden - das ist krank. Aber dann kommt oftmals das Argument mit behinderten Menschen, die es schwer haben. Aber bitte, ich habe noch keine Behinderten bei einem Junggesellenabschied gesehen, die von Bordell zu Bordell gezogen sind. Das sind solche Argumente, die aus Theorien kommen und werden von Sex-Worker-Verbänden, die eigentlich Prostituierten helfen sollten, verbreitet. Die Verbände bestehen aber größtenteils aus Zuhältern oder Bordellbesitzern. Was kann man ernsthaft von denen erwarten?

Das ganze Interview bei rtl-aktuell.
19.5.2013, EMMAonline
 

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