Frauen für Bienen

Anja Eder beim Fotografieren der "Wildbienenhelfer". - Foto: Michael Römer
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ANJA EDER: DIE WILDBIENEN-HELFERIN Anja Eder traute ihren Augen nicht: Da hatte sie eine ganz normale Pflanze aus dem Baumarkt in ihren Wuppertaler Stadtgarten gesetzt, „um den Wildbienen etwas Gutes zu tun“. Aber das Gegenteil geschah: „Die Bienen flogen die Pflanze zwar sofort an, aber sie begannen zu taumeln und verloren die Orientierung.“ Eder recherchierte und begriff schockiert: Die Pflanze war von Haus aus so mit Pestiziden belastet, dass sie die Bienen ausknockte. „Das war der Anstoß, mich für die Wildbiene einzusetzen.“ Die Fotografin wählte dazu einen ihr naheliegenden Weg: Sie machte ein Fotobuch. Und was für eins! Auf 249 reich bebilderten Seiten führt die Bienen-Freundin mit ihrem Band „Wildbienenhelfer“ (Tip 4 Verlag, 39.90 €) durch das Wildbienen-Jahr: Was blüht wann, welche Biene mag was? Was braucht die Fuchsrote Lockensandbiene,  was liebt die Dichtpunktierte Goldfurchenbiene? (Die Bienen in den Kreisen dieses Dossiers sind alle dem hinreißenden Buch entnommen.) Drei Jahre lang arbeitet Eder an dem Projekt, dessen Druckkosten sie mit 19.000 Euro aus einer Crowdfunding-Aktion finanzierte. 560 Wildbienenarten gibt es, die Hälfte davon ist bedroht. Anja Eder will ihren Beitrag dazu leisten, sie zu retten. „Dieses Projekt ist gleichzeitig meine ganz persönliche Kampfansage an den respektlosen Umgang der Großkonzerne mit unserer Natur.“ www.wildbienenretter.de

AGNES FLÜGEL: DIE HONIGFRAU Nur rund 200 ImkerInnen in Deutschland leben vom professionellen Imkern. Eine davon ist Agnes Flügel. Wer so heißt, hat womöglich tatsächlich eine Bienen-Berufung. Die Hamburger Online-Journalistin entdeckte sie, als ein älterer Herr sie bei einer Fahrradtour in der Eckernförder Bucht mit seinem Opel Kombi in den Straßengraben fegte. Zur Entschuldigung schenkte er ihr zwei Gläser selbstgemachten Rapshonig. Die Begegnung mit Imker Bernie war das Ende von Agnes‘ Medienkarriere – und der Beginn eines Lebens als Honigherstellerin und Bienen-Lobbyistin. Vor knapp zehn Jahren tauschte die Kulturwissenschaftlerin ihre hippe Wohnung in Eimsbüttel gegen ein Reetdachhaus an der Ostseeküste in einem Ort, „den Google Maps nicht findet“. Dort produziert sie in ihrer „Honigmanufaktur Flügelchen“ Honig in besonderen Geschmacksrichtungen wie Zimt, Ingwer oder Espresso. Gleichzeitig verbreitet Agnes jetzt Bernies Botschaft: „Wenn die Biene von der Erde verschwindet, können wir alle einpacken!“ Warum das so ist und was wir dagegen tun können, erzählt Agnes Flügel Landfrauen, Schulklassen – und den Imkern selbst. Und auch als Frank Plasberg mitten im Koalitionsgerangel Ende 2017 eine Sendung über den „stillen Tod der Bienen“ anberaumte, war die Imkerin Flügel selbstverständlich dabei, um ein Plädoyer gegen „ausgeräumte Landschaften, asphaltierte Plätze, hochgezüchtete Blumen und perfekt gepflegte Rasenflächen statt wildblühender Wiesen“ zu halten. „Es klingt pathetisch“, sagt sie, „aber Tatsache ist, dass unsere Existenz eng mit diesen Insekten verbunden ist.“ Ihre Geschichte hat sie in ihrem Buch „Die Honigfrau“ erzählt. www.die-honigfrau.de

CORINNA HÖLZER: DEUTSCHLAND SUMMT! Zunächst summte nur die Hauptstadt, jetzt summt das ganze Land. Und das kam so: Immer wieder hatte die promovierte Biologin und engagierte Umweltschützerin Corinna Hölzer von den Medien denselben Satz gehört: „Das Thema Biodiversität ist nicht kommunizierbar, überlegen Sie sich was anderes!“ Also überlegten Hölzer und ihr Kollege Cornelis Hemmer sich ein extrem kommunizierbares Projekt, in dem die Honigbiene die Hauptrolle spielt: Sie platzierten Bienenstöcke auf öffentlichen Berliner Gebäuden – vom Abgeordnetenhaus bis zum Planetarium, vom Berliner Dom bis zur Sparkasse. Ursprünglich hatten die beiden UmweltaktivistInnen an sechs Standorte gedacht – am Ende waren es 17. Denn ihre Idee stieß auf große Begeisterung, bei Kirchenmännern wie Museumsdirektorinnen. Und siehe da: „Die Medien sind wie wild über uns hergefallen!“ Das war Sinn der Sache, denn Hölzer und Hemmer geht es vor allem darum, möglichst vielen Menschen zu vermitteln, was (Wild)Bienen und andere Insekten zum (Über)Leben brauchen: weniger Pestizide, mehr bunte Gärten und Wiesen. Dazu rufen sie auch zu einem Pflanzwettbewerb auf (www.wir-tun-was-fuer-bienen.de). Inzwischen ist ihr 2011 gestartetes Projekt „Berlin summt!“ zu „Deutschland summt!“ geworden. 22 Städte machen bereits mit, von Hamburg bis München, von Lüneburg bis Ingolstadt. Und auf den Berliner Dächern summt es immer lauter. Und das längst nicht mehr nur auf öffentlichen Dächern. www.deutschland-summt.de

IRIS PINKEPANK & STEPHANIE BREIL: DIE HONIGCONNECTION "Kölner Imkerverein von 1882 e. V.“ – das klingt so, wie frau sich einen Imkerverein vorstellt: altbacken und altväterlich. Doch aus dem einstigen Alt-Herren-Verein ist im November 2017 ein äußerst modernes Projekt hervorgegangen: die HonigConnection. Initiiert haben es – zwei Frauen: die TV-Journalistin Iris Pinkepank und die Historikerin Stephanie Breil, ihres Zeichens beide Hobby-Imkerinnen. Die HonigConnection setzt auf ein „transdisziplinäres Netzwerk“ und, passenderweise, auf „Schwarmintelligenz“. Denn: „Das Bienensterben ist menschengemacht, und wir können es nur mit vereinten Kräften stoppen.“ Unterstützt mit 95.000 Euro von der „Stiftung für Umwelt und Entwicklung“ des Landes NRW, konnten Pinkepank und Breil deshalb sehr unterschiedliche Akteure ins Boot holen. Zum Beispiel den Köln/Bonner Flughafen, Motto: „Die süßeste Fluggesellschaft der Welt“. Oder den Computerkonzern IBM, der den „Superorganismus“ Bienenstock im Zusammenhang mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ erforschen soll. Oder die GAG Köln, Kölns größte Wohnungsbaugesellschaft, deren MieterInnen neuerdings mit der HonigConnection imkern. Auch der Kölner Stadtgarten wird jetzt mit bienenfreundlichen Pflanzen begrünt. Und, klar: Beim Kölner Karnevalszug 2018 flog eine drei Meter große Honigbiene mit. Kölle alaaf! Biene alaaf! www.honigconnection.com

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