Israel: Trump, der Held

Demonstration in Tel Aviv mit Hilferufen an Trump.
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Seit Monaten ist der Verkaufsschlager auf Israels Demonstrationen eine rote Baseball-Mütze, nachempfunden der „Make America great again“ Kampagne Donald Trumps. „End this fucking war“ steht in großen, weißen Buchstaben darauf. Mit diesen Worten soll US-Präsident Trump Benjamin Netanjahu schon vor einem halben Jahr angefahren haben. Nun ist aus Worten eine Pistole auf der Brust geworden. Netanjahu knickte ein, trotz politischem Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner und deren Traum, den Gazastreifen neu zu besiedeln.

Israel feiert Donald Trump heute als „Friedensengel“ des Nahen Ostens. Bereits im Frühjahr war er es, der Netanjahu zu einem Waffenstillstand zwang. 33 Geiseln kamen nach Hause. Bevor es zu Verhandlungen über ein permanentes Kriegsende kam, brach Netanjahu das Abkommen.

Trumps Botschaft an Netanjahu war deutlich: End this fucking war!

Doch zwei Jahre nach Kriegsbeginn, wurde der internationale Druck zu groß. Konfrontiert mit Massendemonstrationen in europäischen Großstädten, dem Vorwurf des Völkermords, einem internationalen Haftbefehl für Netanjahu und dessen Armeechefs, drohte Israel Isolation, Boykott und eine nie dagewesene Welle an nur dünn kaschiertem Antisemitismus. Als Trump Netanjahu am 29. September im Weißen Haus antreten ließ, gab es kein Wenn und Aber mehr. End this fucking war.

Dass es mehr um Trumps Ego und seine Bemühungen geht, nach Obama den Friedensnobelpreis zu ergattern, wissen alle Player in dem politischen Gaza-Poker. Dazu kommen wirtschaftliche Interessen wie Trumps Träume von einer „Riviera in Gaza“. Doch nach zwei Jahren Blutvergießen zählen nicht die Motive, sondern die Taten. Nach den schrecklichsten zwei Jahren seit Israels Staatsgründung ist zum ersten Mal Hoffnung zu spüren.

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Einav Zangauker, deren Sohn Matan nach Gaza verschleppt wurde und die sich seitdem als Galionsfigur der Bewegung unermüdlich für dessen Freilassung einsetzt, fasst gegenüber israelischen Medien in Worte, was alle Angehörige der Geiseln spüren. „Wir sind aufgeregt, die Tränen fließen ununterbrochen, es ist die pure Freude. Es gibt Familien von lebenden und verstorbenen Geiseln, gemeinsame Freude und gemischte Gefühle und gemeinsame Tränen.“

Erst vor ein paar Wochen hatte Zangauker verzweifelt Netanjahu angeklagt. Sein ewiger Krieg würde nicht nur die Geiseln verraten. Mit seinen Taten würde er alle Feinde, die das jüdische Volk je gehabt hat, in den Schatten stellen.

Netanjahus Ehefrau Sara, die sich gerne als First Lady aufspielt und von liberalen Israelis wegen ihres Champagnerkonsums als eine Art Jerusalemer Marie-Antoinette verspottet wird, wandte sich heute an die Familien der Geiseln: „Bald werdet Ihr Dank des Ministerpräsidenten Eure Kinder umarmen können.“ Ein bitterer und zynischer Versuch, fremde Lorbeeren einzuheimsen.

Nicht nur die Familienangehörigen der Geiseln wissen sehr genau, dass ihre Liebsten nicht wegen, sondern trotz der Politik Netanjahus nach Hause kommen sollen. Der Mann der Stunde heißt in Israel nicht Netanjahu, sondern Donald Trump.  

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