Ein Halber Sieg für von der Leyen?
Noch bis zum letzten Moment hatte die Opposition die CDU-Frauen um Ursula von der Leyen und Rita Pawelski ins Boot holen - oder vorführen – wollen. Das kommt darauf an, wie man den Schachzug der Grünen im gerade eröffneten Wahlkampf sehen möchte. In einem Eilantrag hatten die Grünen einen weiteren Gesetzentwurf eingebracht, der genau dem entspricht, was die Union sich für 2020 ins Wahlprogramm schreiben will: Eine verbindliche Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten der Dax-Unternehmen. Die Situation, die dadurch entstand, war grotesk: Die CDU stimmte geschlossen gegen das, was sie ab September angeblich will. Die Grünen allerdings auch, denn die hielten es dann doch lieber mit dem Gesetzentwurf, den die SPD mit ihrer neuen Mehrheit im Bundesrat in den Bundestag gedrückt hatte
Wie auch immer: Die Quote ist erstmal erledigt. Und das, obwohl im Dezember 2011 in der „Berliner Erklärung“ Frauen aller Parteien gemeinsam erklärt hatten: Die Zeit ist reif für eine verbindliche gesetzliche Regelung zur geschlechtergerechten Besetzung von Entscheidungsgremien der Wirtschaft, wie Aufsichtsräte und Vorstände. Nur so lässt sich Umdenken in den Vorstandsetagen befördern und damit die Besetzungspraxis von Entscheidungsfunktionen verändern.“ Zu den Erstunterzeichnerinnen gehörten Dorothee Bär (CDU), Dagmar Ziegler (SPD), Ekin Deligöz (Grüne), Sibylle Laurischk (FDP) und Cornelia Möhring (Linke). Gleich mehrfach beriefen sich die
Zweimal in der Geschichte der Bundesrepublik haben die Frauen im Bundestag gezeigt, was geht, wenn sie sich über die Parteigrenzen hinweg zusammentun. 1992 setzten sie gemeinsam durch, dass im wiedervereinigten Deutschland nicht mehr der alte § 218 der Bundesrepublik galt; 1997 sorgten sie dafür, dass die Vergewaltigung in der Ehe endlich eine Straftat wurde.
Bei der Quote aber ging es über die Drohung nicht hinaus. Das mag daran liegen, dass Ursula von der Leyen ohnehin schon viel riskiert hat. Der Vorwurf, sie habe „für nichts außer einem Stück Papier“ ihre Forderung aufgegeben, wie Gregor Gysi das in seiner Rede tat, trifft sicher die Falsche. An einem anderen Punkt hatte der Alphamann der Linken aber zweifellos recht: 30 Prozent Frauen in den Dax-Aufsichtsräten, das wären genau 44 mehr als heute, rechnete er vor. Natürlich geht es bei der Quoten-Debatte also – anders als beim Recht auf Abtreibung oder den Schutz vor Vergewaltigung – vor allem um Symbolpolitik. Aber am erbitterten Widerstand gegen die Quote ist zu erkennen, dass auch Symbole eine gewisse Bedeutung haben.
Apropos Widerstand. Bemerkenswert an der Rede von Frauenministerin Kristina Schröder, in der sie stolz ihre Flexi-Quote pries, war nicht nur, dass sie immer noch nicht begriffen zu haben scheint, wem sie deren Einführung verdankt: Ursula von der Leyen, die mal wieder eine Drohkulisse aufgebaut hatte. Hätte die Arbeitsministerin nicht glaubhaft mit einer starren Quote gedroht, hätten die Unternehmen über Schröders freundlich vorgetragene Bitte, man möge doch eine Selbstverpflichtung einführen, nur gelangweilt gelächelt.
In einem allerdings hatte die konservative Ministerin Recht. In sieben Jahren rot-grüner Regierungszeit gab es auch keine Quote. Wir erinnern uns: Frauenministerin Christine Bergmann (SPD) wurde bei ihrem Vorstoß, Unternehmen verbindliche Vorgaben für die Frauenförderung zu machen, brachial gestoppt: von Gerhard Schröder, der eins seiner berühmt-berüchtigten Basta-Machtworte sprach. Danach war in Sachen Quote Ruhe im Karton.
Beruhigend zu sehen, dass diese Zeiten in der SPD nun offenbar vorbei sind. Und auch die Union wird ja nun die verbindliche Quote im Wahlprogramm haben. Nach der Wahl im September werden die Karten dann neu gemischt. Und es scheint nach dem heutigen Tag unwahrscheinlich, dass die Quoten-Rebellinnen in der CDU – übrigens weitgehend deckungsgleich mit den Gegnerinnen des Betreuungsgeldes – noch eine weitere Kröte schlucken werden.