SICHERUNGSVERWAHRUNG: Kommen

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Es wäre schön gewesen, die Koalition hätte diesmal ausnahmsweise nicht gestritten – oder nicht ganz so lange. Dann hätten die 15 Gewalttäter, die nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte seit Mai aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden, vermutlich hinter Gittern bleiben müssen.
Drei Monate hat es gebraucht, bis die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sich von ihren konservativen Kollegen überzeugen ließ, die Sicherungsverwahrung per Gesetz so umzugestalten, dass sie sich maßgeblich vom normalen Strafvollzug unterscheidet.
Das nämlich war die zentrale Kritik der Straßburger RichterInnen gewesen: Wiederholungstäter, die noch nach alter Gesetzeslage vor 1998 zu Sicherungsverwahrung verurteilt worden waren, wurden nach zehn Jahren automatisch entlassen. Seit der Strafrechtsreform von 1998 gilt Sicherungsverwahrung – mit zweijähriger gutachterlicher Überprüfung der Täter – unbegrenzt. 2004 erklärte das Bundesverfassungsgericht es für rechtens, diese unbegrenzte Sicherungsverwahrung auch für die „Altfälle“ anzuwenden. Denn: Sicherungsverwahrung sei keine Strafe, sondern eine „Maßnahme zur Besserung und Sicherung“. Dieses Karlsruher Urteil wurde von Straßburg gekippt. Begründung: De facto unterscheide sich die Sicherungsverwahrung nicht vom normalen Strafvollzug, sei also auch als Strafe zu werten.
Die Folge: Alle Gewalttäter, aktuell etwa 80, die noch nach altem Recht zu zehn Jahren Sicherungsverwahrung verurteilt worden waren, müssten entlassen werden.
Damit wollten sich einige Landes-JustizministerInnen, wie zum Beispiel die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) oder ihr niedersächsischer Kollege Bernd Busemann (CDU), nicht abfinden. Sie schlugen vor, die Sicherungsverwahrung rasch so zu reformieren, dass Straßburg den Unterschied zwischen Strafe und Sicherungsmaßnahme anerkennt. Nun hat sich die Koalition endlich auf ein Gesetz geeinigt – was die Chance birgt, dass die noch inhaftierten Täter in Haft bleiben müssen. Gleichzeitig sollen auch die Möglichkeiten der Gerichte reformiert werden, Sicherungsverwahrung zu verhängen.
EMMAonline, 30.8.2010

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