Die "Primavera" ist zurück

Alina Jacobs und Mitstreiter Janko Koch vom ASTA mit der Primavera. Foto: Erik Piet Jäger
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„Und plötzlich stand sie wieder da!“, freut sich Alina Jacobs. Gemeint ist die „Primavera“, eine Frauenskulptur, die aus dem vielbesuchten Oslo-Foyer der Uni Flensburg verbannt und durch ein Fragezeichen in Regenbogenfarben ersetzt worden war. Angeblich, weil die expressionistische Figur ein „zu gebärfreudiges Becken“ und einen zu kleinen Kopf habe und damit zu sehr Frau, soll heißen, nicht „divers genug“ gewesen sei.

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Der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der Uni schritt zur Tat und ließ die Frauenskulptur eigenmächtig abbauen. Auf dem Sockel der "Primavera" thronte fortan ein regenbogenfarbenes Fragezeichen. Wer es aufgestellt hat, weiß die Uni nicht, sagt sie. Das wollten Alina, studentische Senatorin der Uni, und Kommilitoninnen nicht hinnehmen.

Wir Frauen wissen nun, dass es sich lohnt, laut und unbequem zu sein!

„Dass die Darstellung von Weiblichkeit an unserer Universität nun von der Interpretation des Gleichstellungs- und Diversitätsausschusses abhängig ist, ist katastrophal“, sagte Alina nach dem Abbau und zog gegen die "Entfernung von Weiblichkeit" und gegen den Verstoß der Meinungs- und Kunstfreiheit zu Felde. Sie rief die Aktion #SavePrimavera auf Instagram ins Leben, hunderte Frauen aus ganz Deutschland machten mit (EMMA berichtete), auch andere Medien höhnten über „Cancel Culture“ und „Wokeism“.

Und die Gegenwehr der Studierenden zeigte Wirkung. Am Dienstag stand die „Primavera“ wieder auf ihrem Sockel, umgeben von Stellwänden, die den Protest der Studentinnen, ihren Offenen Brief ans Präsidium der Uni und die Berichte in den Medien dokumentierten.

Alina Jacobs und ihre #SavePrimavera Aktion
Alina Jacobs und ihre #SavePrimavera Aktion

Das Präsidium selbst ließ in einer Rundmail wortkarg verlauten: „Der Beschluss (zum Abbau) war formal nicht korrekt und ist damit nichtig.“ Man wolle nun im Senat noch einmal darüber diskutieren.

„Ich und all die Frauen, die bei der Aktion mitgemacht haben, wissen jetzt, dass es sich lohnt, laut und unbequem zu sein!“, sagt Alina. Zudem habe der Skandal den StudentInnen gezeigt: „Uns allen darf auch der kleinste Verstoß gegen die Kunstfreiheit nicht egal sein!“ Die Reaktion des Präsidiums sei „ein längst überfälliges Eingeständnis eines gravierenden Fehlers“.

Bislang noch immer ungeklärt ist: Wer hat das regenbogenfarbene Fragezeichen aufgestellt? Wer hat sich über die "Primavera" beschwert? Schließlich sind die KritikerInnen, die Anstoß am zu gebärfreudigen Becken genommen haben sollen, bis heute nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Und warum hat der "Ausschuss für Gleichstellung und Diversität" darauf verzichtet, zu den Protesten der Frauen Stellung zu beziehen?

Der regenbogenfarbene Tarnmantel ist kein Freifahrtschein für alles!

„Eine Uni, die sich Wissenschaft und eine Diskussionskultur auf die Fahnen schreibt, muss zu dieser Frage Haltung zeigen und doch zumindest die Debatte öffnen!“, empört sich nicht nur Alina.

Die Debatte in eine bestimmte Richtung lenken, das wollte auch die „Bunte Liste Flensburg“, denn die Initiative setzt sich „gegen jede Art der Diskriminierung ein“. Die „Bunte Liste“ präsentierte „Gegenentwürfe" zu der expressionistischen Statue. Die zeigen - politisch korrekt - eine Frau mit nur einer Brust, in alt oder im Rollstuhl.

Was wohl würden diese Kräfte zum Beispiel zu den provokant weiblichen „Nanas“ von Niki de Saint Phalle sagen? Von den Frauenfiguren Picassos ganz zu schweigen. 

„Der regenbogenfarbene Tarnmantel ist kein Freifahrtschein für alles“, sagen die Studentinnen aus Flensburg, „schon gar nicht für die Diskriminierung von Frauen!“

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