Cancel-Culture: Quo vadis, Unis?

Die entfernte "Primavera" und das große Fragezeichen.
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Zu viel der Sinnlichkeit in Flensburg? Die Bronzeplastik „Primavera“, eine expressionistische Frauenfigur von 1,20 Meter wurde abmontiert. 67 Jahre stand die Skulptur von Bildhauer Fritz During im Foyer der Europa-Universität Flensburg. Jetzt musste sie weg.

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Fritz During ist nicht etwa in Verdacht geraten, eine Nazi-Vergangenheit gehabt zu haben. Oder mit MeToo-Übergriffen in Zusammenhang gebracht worden. Im Gegenteil, During, Jahrgang 1910, war ein Schüler des von den Nazis als „entarteter Künstler“ verfemten Bildhauers Ludwig Gies. Es geht auch nicht um Nacktheit, große Brüste oder einen großen Hintern.

Nein, es habe angeblich Studentinnen gegeben, die sich beim Anblick der Primavera „unwohl fühlten“, und zwar wegen „ihres breiten Beckens“. Soweit die Gleichstellungsbeauftragte der Uni,  Martina Spirgatis. Was würden diese Studentinnen wohl erst mal zu den „Nanas“ von Niki de Saint Phalle sagen? Auch abräumen lassen?

Es geht um den größten biologischen Unterschied zwischen Mann und Frau

Das Wort „Primavera“ – übersetzt: Frühling – steht für „Neuanfang und Gebären“. Weiblichkeit werde jedoch hier auf „Fruchtbarkeit und Gebärfähigkeit“ reduziert, so Spirgatis. Der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss der Hochschule schritt also zur Tat und holte die Statue vom Marmorsockel. An ihre Stelle trat ein Fragezeichen in Regenbogenfarben, aufgestellt von „einer unbekannten Person“, teilt die Uni mit.

Was ist der Hintergrund dieser Schelmentat? Es geht bei der Statue auch um Gebärfähigkeit und damit den größten biologischen Unterschied zwischen Mann und Frau. Jenen Unterschied, der von radikalen Queer- und Trans-AktivistInnen neuerdings wegideologisiert wird – zu Ungunsten von biologischen Frauen. Da zeigt sich der totalitäre Kern der queeren Bewegung: Kunst wird beseitigt, weil das Dargestellte nicht passt. Und was will uns das Fragezeichen sagen? Dass es keine biologischen Frauen gibt?

Die Figur lasse „nicht einen Hauch von Intellektualität zu“, sagte Spirgatis den Medien. Sie symbolisiere ein „überkommenes Frauenbild, das nicht geeignet ist, an so zentraler Stelle einer Universität als Empfangsdame“ zu stehen. Damit ist Spirgatis nicht allein, mit Frauenbildern an Unis haben schließlich viele ein Problem. Die Taliban zum Beispiel auch.

Nun gibt es aber auch Studentinnen, die sich mit dem neu aufgestellten Fragezeichen „unwohl“ fühlen und von „Cancel Culture“ und „verwirrter Wokeness“ sprechen. Sie wollen die „Primavera“ zurückholen. Kritik von Frauen? Damit hatte die Uni offensichtlich nicht gerechnet.

„Der Gleichstellungs- und Diversitätsausschuss des Senats darf sich nicht als alleiniges Sprachrohr für all die weiblichen Studierenden an unserer Universität inszenieren“, sagt Alina Jacobs, stellvertretende AStA-Vorsitzende. Noch deutlicher: „Dass die Darstellung von Weiblichkeit an unserer Universität nun vollständig von der Interpretation des Gleichstellungs- und Diversitätsausschusses abhängig ist, ist katastrophal.“

Alina Jakobs hat die Initiative "#SavePrimavera" ins Leben gerufen, um die Frauenfigur zurückzuholen. - Foto: Robin Antonjuk
Alina Jacobs hat die Initiative "#SavePrimavera" ins Leben gerufen, um die Frauenfigur zurückzuholen. - Foto: Robin Antonjuk

In der Tat. Das Wort „Frau“ scheint zu verschwinden im akademischen Diskurs. Stattdessen ist im Namen der Diversität neuerdings von „weiblich gelesenen Brüsten“ die Rede und in der Tagesschau von „Personen, die gebären“. Das studentische Gremium hat nun eine Petition für die Rückholung der „Primavera“ gestartet. Mehr als 2.000 Menschen haben sie bereits unterzeichnet. „Kunst darf nicht einfach so verschwinden“, finden die Initiatorinnen.

Vor allem sind es Frauen, die nicht einfach so verschwinden dürfen. Frau könnte jetzt über diverse nackte Frauen- und Männerstatuen an weitaus berühmteren Orten als der Uni Flensburg diskutieren. Frau könnte auch über die Dekonstruktion der Fruchtbarkeit schwafeln, über gebärfreudige Becken im Wandel der Zeit. Aus feministischer Sicht gebe es sehr viel dazu zu sagen.

Universitäten wie die in Flensburg haben sich ergeben, sind zu Vasallen geworden

Vielleicht sagt frau aber auch einfach mal, was Sache ist: Dass solche Universitäten wie die in Flensburg sich ergeben haben. Statt Stätten der Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und Debattenkultur zu sein, sind sie zu Vasallen von Wokeness und ideologischem Aktivismus geworden. In den USA und Großbritannien haben die Universitäten längst das Ruder aus der Hand gegeben. ProfessorInnen bangen um ihre Anstellung, der Kampf um horrende Studiengebühren zahlende „KundInnen“ erstickt jede Kontroverse. Einige Unis wollen sogar die Noten abschaffen.

Quo vadis, Unis? Das Fragezeichen aus dem Flensburger Foyer, es könnte über die ganze deutsche Uni-Landschaft gehängt werden.

Übrigens: Im Herbst soll Durings Bronzeplastik an einem weniger prominenten Ort – so empfiehlt es das Fach Kunst (!) der Uni Flensburg – wieder öffentlich zugänglich gemacht werden. Zurzeit steht sie im Büro des Hausmeisters.

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