Dominique Strauss-Kahn: Verfahren wegen

Artikel teilen

Der Zuhälterei macht sich laut Artikel 225-5 unter anderem schuldig, wer die Prostitution einer Person „schützt“, dabei „hilft“ oder „assistiert“. Ganz bewusst ist das Gesetz so formuliert, dass die Aussage der betroffenen Frau(en) nicht nötig ist, eine Regelung übrigens, die sich die deutsche Polizei händeringend wünscht. Denn die kann Zuhälterei nur nachweisen, wenn die betroffene(n) Frau(en) gegen den Zuhälter aussagen - was sie in der Regel nicht tun.

Anzeige

Diesmal dürfte Strauss-Kahns Strategie, die Glaubwürdigkeit von Zeuginnen zu erschüttern, also wohl nicht funktionieren. A propos: Morgen wird es in New York eine erste Anhörung geben, in der es um die Frage geht, ob der Zivilprozess eröffnet wird, den Nafissatou Diallo gegen DSK anstrengt. In den nächsten Wochen fällt die Entscheidung. Womöglich steht der Ex-IWF-Chef, dem eine ganze Reihe Frauen sexuelle Übergriffe vorwerfen, dann auch in den USA vor Gericht.

Es wird eng für Dominique Strauss-Kahn.

 

Artikel teilen

Ein Opfer von Lynch-Justiz?

Artikel teilen

Für Frankreich ist die Sache eindeutig. „DSK, ein tragisches Schmierentheater“, titelte Le Point. „Das erschreckende Doppelleben von DSK“ (L’Express). Selbst das DSK-Hausblatt Nouvel Observateur quälte sich eine Titelzeile ab über den „unentschuldbaren Leichtsinn von Dominique“. Und Le Monde goss einen Kübel Spott über den „heimlichen Wahlkreis von DSK“. Das ist Pas-de-Calais, der Norden von Frankreich, um den der sozialistische Abgeordnete und Minister sich in den letzten zehn Jahren so ganz besonders innig gekümmert hatte.

Anzeige

Inzwischen ist klar, warum. Mit Politik hatte das nichts zu tun. Der Standort Nordfrankreich hatte spezielle Vorteile für Dominique Strauss-Kahn: Er ist noch nicht einmal eine Stunde von Belgien, dem Rotlichtland, entfernt.

Nach den Aussagen einer Riege von Prostituierten, Zuhältern und einem korrupten Polizeichef weiß man inzwischen, dass der Beinahe-Präsident von Frankreich dort seit etwa zehn Jahren eine Art Zweit-Familie hatte. Kumpel, die für ihn in Hotels und Luxussuiten Sausen mit Frauen, immer mehrere auf einen Streich, organisierten. Die Rechnungen, die sich auf bis zu 15.000 Euro pro Nacht beliefen, wurden von DSK abgezeichnet und von Firmen beglichen. Die investierten gerne in einen so mächtigen Mann mit Zukunft.

Auch Strauss-Kahn hat sich nicht lumpen lassen: Er hat seine Kumpel inklusive Damenbegleitung mehrfach nach Washington eingeladen. Zum letzten Mal am 13. Mai, einen Tag vor seiner Begegnung mit Nafissatou Diallo in New York. Zeit scheint DSK selten verloren zu haben.

Le Point titelte als erste Anfang November mit seiner „Recherche über einen Mann, der beinahe Präsident geworden wäre“. Daneben ein unrasierter, erschöpft wirkender alter Mann. Im Heft dann acht Seiten über Dominique Strauss-Kahn, 62, den Mann, der beschuldigt worden war, im Mai dieses Jahres ein schwarzes Zimmermädchen in New York vergewaltigt zu haben. Sowie eine Seite über Anne Sinclair, die heroische Ehefrau, die so tapfer dauerlächelnd zu ihm gehalten hatte.

Doch was nun bekannt wurde, lässt die Vergewaltigungs-Affäre verblassen. Strauss-Kahn steht in dem massiven Verdacht, in einem mafiösen Zuhälterring verkehrt zu haben. Und, dass Firmen dem zweitmächtigsten Mann Frankreichs über Jahre Hotels, Gelage und Prostituierte bezahlt haben. Aufgeflogen ist das Ganze, weil einer seiner feinen Kumpanen sein pikantes Wissen über „DSKs sexuelle Vorlieben“ an Kenneth Thompson, den Anwalt von Nafissatou Diallo, via Telefon zum Verkauf angeboten hatte und dabei abgehört worden war. Zuhälter und Prostituierte erzählen seither detailreich von Orgien, die für den mächtigen DSK in Lille oder Paris organisiert wurden.

Nicht auszumalen, was passiert wäre, wenn Dominique Strauss-Kahn Präsident geworden wäre! Ein ganzes Land wäre dann wohl erpressbar gewesen durch diese zwielichtigen Kräfte.
Inzwischen reicht es auch den Getreuesten von Strauss-Kahn, denen, die bis vor nicht allzu langer Zeit noch abgewiegelt hatten. DSK sei eben „un homme à femmes“, ein Mann, der die Frauen liebt, und wahrscheinlich sei das Ganze sowieso ein „Komplott“ seiner politischen Gegner.

Im November brachte Le Monde gleich eine ganze Seite mit den Reaktionen einstiger DSK-SympathisantInnen in der Parti Socialiste. „Ich bin außer mir“, sagt einer, der nicht genannt werden will. „Wir sind betrogen worden. Ich will von dem Kerl nie mehr etwas hören.“ Und eine seiner engsten Getreuen, die sozialistische Abgeordnete Marisol Touraine, fügt hinzu: „Gottseidank ist er nicht gewählt worden. Wir müssten Nafissatou Diallo ein Denkmal setzen!“

In der Zwischenzeit kämpft Nafissatou, die alleinerziehende Mutter und Putzfrau, um das Recht, wenigstens eine Zivilklage auf Schmerzensgeld gegen Strauss-Kahn anstrengen zu dürfen. Das Strafverfahren war trotz schwerwiegender Beweise gar nicht erst eröffnet worden.

Und Anne Sinclar, die als „Antigone“ bejubelte Ehefrau, die Hand in Hand mit ihrem Ehemann zu den Vernehmungen zu schreiten pflegte? Jetzt ist auch sie weg. Zurzeit in ihrer Villa in Marrakesch, heißt es. Also Ehe kaputt? Und der einst so mächtige IWF-Chef am Boden zerstört? Nicht unbedingt. „Ich werde mich dazu äußern am Tag meiner Wahl, vielleicht in einem Buch“, erklärte die Ex-Starjournalistin Anne Sinclair.

Ein Buch ist schon erschienen. Autor ist DSKs Hof-Biograf Michel Taubmann, der im Sommer 2010 über sein Idol eine „ergebene, hymnische Biografie“ (Le Figaro) geschrieben hatte. Auch diesmal weiß Taubmann nur Bestes zu berichten. In seiner „Gegen-Nachforschung“ vermeldet er, dass Strauss-Kahn die vielen Damen, mit denen er in den letzten Jahrzehnten so verkehrte, alle für Fans gehalten habe. DSK persönlich hat ja auch in der Tat noch nie für sie bezahlt.

Ein Missverständnis, das dem Mann häufiger zu passieren scheint. Auch Nafissatou Diallo, das schwarze Zimmermädchen in New York, mit dem er erwiesenermaßen neun Minuten lang brutalen Oral-Sex hatte, erhielt nachweislich kein Geld. Sie hat es ja auch gerne getan. Zumindest laut DSK, der seinen Biografen rapportieren ließ: „Sie sieht ihm in die Augen. Dann betrachtet sie ostentativ sein Geschlechtsteil. Das Fleisch ist schwach. Dominique Strauss-Kahn versteht dies als Angebot. Die Situation amüsiert ihn. Selten in seinem Leben hat er die Möglichkeit eines Vergnügens ausgeschlagen. Er widersteht der Versuchung einer Fellatio nicht. Der Akt ist sehr schnell.“

Ja, und noch etwas möchte DSK klarstellen: Für Prostitution und Zuhälterei empfindet er „tiefen Abscheu“. Er versteht sich als ein Opfer „öffentlicher Lynchjustiz“.

 

Weiterlesen
 
Zur Startseite